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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Kerze erkennbar sein wird.« Er neigte sich seinem Partner zu und flüsterte höchst vertraulich: »Wundervoller Einfall, finden Sie nicht? Die flackernde Kerze?«
    In seiner üblichen Redeweise spann er die Erzählung fort, wobei sich von Wort zu Wort sein teuflisches Vergnügen daran steigerte. Er begab sich damit in die Gefahr, in eine Ekstase zu geraten, die sprachliche Äußerungen unmöglich machte, doch das störte ihn nicht. »Bei Kerzenlicht also werde ich erscheinen, werde mich langsam bewegen, wie es sich für einen Geist gehört, der durch die Burg wandert, die seinem Nachkommen fälschlicherweise vorenthalten wird, dem gegenwärtigen Lord Shaftoe nämlich, keinem Geringeren als mir. Mr und Mrs Sweeney werden augenblicklich begreifen, dass sie inmitten von ruhelosen Toten leben, dass sie einer Heimsuchung ausgesetzt sind, die ihnen das Blut erstarren und den Atem stocken lassen wird. Angst und Schrecken werden sie packen. Denn was sie am wenigsten erwarten dürften, wäre, einen Geist zu sehen. Hab ich nicht recht?«
    Mr Tovey überdachte das und nickte eingedenk des Grauens, dem die Unbefugten ausgesetzt sein würden.
    »Aufschreien werden sie! Sobald sie mich sehen. werden sie flehen, von dem sie niederschmetternden Trugbild erlöst zu werden. Ich werde bedächtig durch den Raum schreiten, werde ihre jammervollen Klagen nicht beachten. Sie werden sich aneinander klammern, werden entsetzt sein von der Erkenntnis, dass die Burg, die sie sich angeeignet haben, ihnen von nun an keinen Frieden mehr bietet. Ihr Leben würde nach dem Willen eines Phantoms zerrüttet werden, einer Erscheinung, an deren Nähe sie sich nicht gewöhnen könnten, wie es ja niemand könnte, der im Vollbesitz seiner Sinne ist.
    Ich werde den Sieg davontragen. Sie werden aus der Burg fliehen,wahrscheinlich noch in derselben Nacht, und werden Unterschlupf suchen in der ersten Herberge am Wege, die sie aufnimmt. Sie werden verstört und maßlos erregt sein, unfähig zu erklären, warum sie plötzlich auftauchen, sie werden der Sprache beraubt sein, so von Furcht geschüttelt werden sie sein durch die Gegenwart gerade der Person, die, wie sie überzeugt waren, keine Gewalt hätte, nach Belieben bei ihnen zu erscheinen, einer Person, die ihre Ängste kalt lassen, die sich ihrem Flehen hohnlachend verschließt.
    Natürlich ist es Ihnen, Mr Tovey, ohne weiteres möglich, sich die Bestürzung der beiden vorzustellen. Sie sind ein Mann von beträchtlicher Intelligenz, neigen nicht dazu, Gespenster zu sehen, es sei denn, es erscheint wirklich eins, da … da … da! Sieh nur, wie es sich bewegt! Wie es herankommt, einen fortschleppen will zu Qualen, die sich ein menschliches Hirn nicht ausmalen kann. Oh, köstlich, köstlich. Sie werden sich in die Hosen machen, dessen bin ich gewiss. Denn sie bekommen einen
wahrhaftigen
Geist zu sehen und ausgerechnet den, den sie am meisten fürchten: Lord Shaftoe in Person, der von jenen himmlischen Regionen herabgestiegen ist, die ihm seine adlige Abstammung sicherte. Doch hier liegt der Hund begraben. Er kehrt zurück – wird den Besitz einfordern, der ihm von einem mit gottgleicher Macht ausgestatteten Monarchen übertragen wurde und der demzufolge auf Gottes Geheiß handelte.
    Oh, wie sehr wünschte ich, Sie könnten zugegen sein, Mr Tovey! Allerdings würden Sie laut loslachen angesichts der Unfähigkeit der beiden, mit dem Entsetzen fertig zu werden – und das würde natürlich meinen Auftritt verderben. Daher dürfen Sie sich unter keinen Umständen dort einfinden. Versprechen Sie mir das?«
    Zum ersten Mal sagte Declan etwas. »Mein Versprechen haben Sie. Ich werde nirgendwo auch nur in der Nähe sein.«
    »Ah, das ist das Versprechen eines wahren Gentleman. Mehr kann man nicht verlangen, was, Tovey?«
    Mr Tovey verstand, weise wie er war, dass er nichts zu erwidernbrauchte. Seine Lordschaft hingegen blieb in seiner nicht zu bändigenden Euphorie befangen und beendete effektvoll seine Rede. »Die verlassene, aufgegebene Burg wird dann mein sein. Und es wird keine Geister geben, die eitlen Freuden zu stören, die dort herrschen werden. Soviel kann ich Ihnen versichern. Wäre es passend, das Ereignis auf Samstag in einer Woche festzusetzen?«
    Mr Tovey schien sich die Sache zu überlegen, runzelte die Stirn und sagte schließlich: »Das wäre sogar recht passend. Jeden Samstag hilft Mrs Sweeney, die Kühe von der anderen Seite des Bergs hierher zu treiben. Das ist zu einer Art Tradition geworden,

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