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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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machen wir was zusammen, wenn nicht, dann eben nicht«, sage ich.
    »Wann soll ich dich denn finden, kleine Diva?«
    »Ist mir egal, egal wie spät, egal was. Ich wollte sowieso mal wieder ausgehen!«
    Enki folgt mir über den dunklen Flur, vor der Haustür sagt er:
    »Solche Frauen wie dich gab es früher nur in meinen Geschichten.«
    »Was denn für Geschichten?«
    Er grinst mich an. »Bis später.« Dann öffnet er mir die Tür.

POLKA
    Ich nehme den Bus und beeile mich, unter die Dusche zu kommen. Reiner und Ramona stehen beide bei der Hitze im Imbiss. Das Geschäft läuft im Sommer immer sehr gut. Reiner bietet eine Bierbowle namens Sommersenta mit Cointreau, Limettensaft und Dosenmirabellen auf Eis an, und alle sind schon mittags bester Laune. Nachdem ich geduscht habe, gehe ich nach unten in den Imbiss, um mir die Zeit zu vertreiben. Draußen, um die Stehtische, sind mindestens zehn beschwipste Männer, drei Frauen und ein paar Teenager in der Nachmittagssonne versammelt.
    Ramona flirtet und säuft mit ihnen, bis die Sonne untergeht. Ich nehme mir einen Klappstuhl und plaziere mich abseits unter Yves Kleins blass durchscheinenden Leitsatz. Auf der anderen Straßenseite sehe ich Tine vor ihrem Blumenladen auf einem Hocker im Schatten sitzen. Sie trägt eine Sonnenbrille mit herzförmigen Gläsern und hat eine Blüte im Haar. Ramona geht mehrmals mit einem Plastikbecher voll Sommersenta und Schnaps zu ihr rüber, um sie zu animieren mitzufeiern. Irgendwann zieht sie grob an Tines Arm, nimmt ihr die Sonnenbrille weg und läuft davon. Tine rennt ihr kreischend nach. Einige Männer lachen und feuern Ramona an. Ich gehe in den Imbiss und sehe, wie Reiner etwas Grünes auf ein Brötchen packt, dann Senf und Ketchup draufschmiert und zum Schluss eine Frikadelle drauflegt.
    »Was ist das für grünes Zeug, Papa?«
    »Rucola!«
    »Seit wann gibt es Rucola bei uns?«
    »Stine, man muss auch mal was Neues ausprobieren im Leben. Den Tipp hab ich von Tine. Ist enorm angesagt das Gestrüpp. Fünf Mal Gemüse und Obst am Tag sollen die Leute essen, da sollen sie es doch wenigstens einmal davon bei uns tun. Es liegt was in der Luft, willste Bowle?«
    Mir reicht es für heute. Ich gehe nach oben in mein Zimmer, lege mich aufs Bett, versuche zu schlafen, denke an Enki und bin sofort wieder hellwach. Es beginnt zu dämmern, ich schaue auf die Uhr und dann aus dem Fenster. Zwei Polizisten diskutieren freundlich mit Reiner und lassen sich auf Rucolafrikadellenbrötchen einladen. Ich ziehe das kurze blaue Kleid an, das ich mir gekauft habe, und gehe wieder runter in den Imbiss.
    »Stint, was ist los? Schön siehste aus, wie als du klein warst!«, brüllt Reiner, wischt sich die Augen und erzählt allen Anwesenden von meinem neuen Job. Er drückt mir einen Becher Sommersenta in die Hand:
    »So, jetzt aber Feierabendbowlchen zischen! It’s time for music!«
    »Kriege ich auch was davon?«, höre ich plötzlich Enki hinter mir sagen.
    Ich sehe das erzürnte Gesicht meines Vaters.
    »Gedudel machen ist hier nicht! Abgang!«, sagt er extra laut und unfreundlich. Ich drehe mich um, Enki guckt ein bisschen verunsichert. Für Reiner sieht er aus wie einer von den Typen, die in der Fußgängerzone Musik machen.
    Jetzt, wie er da mitten im Imbiss steht, erkenne ich erst, wie wenig er hier reinpasst. Er trägt ein ausgeblichenes Public-Enemy-T-Shirt, Flip-Flops, aus seiner Baggyjeans schauen seine Boxershorts raus, und auf seinen ungekämmten Haaren trägt er ein Barett mit Schachbrettmuster. Er hat tatsächlich ein kleines Akkordeon dabei.
    »Papa, das ist Enki, ein Freund von mir!«
    Reiner zieht etwas zu lang die Augenbrauen hoch und haut sich mehrmals auf die Wange, dass es klatscht.
    »Peng, peng, ich Idiot, entschuldige bitte, ist ein bisschen heiß heute. Also: Herzlich willkommen! Sobald die zwei Bulleranten da draußen ihr Hackfleisch mit Gemüse vertilgt haben und endlich die Biege machen, kannst du hier gerne Ziehharmonika spielen.«
    Enki winkt ab:
    »Nein, vielen Dank, das gehört einer Freundin, ich muss es heute zurückbringen. Ich kann gar nicht spielen. Ich habe zwar einmal versucht, es mir beizubringen, aber es ist schwieriger als ich dachte.«
    »Kann ich mir vorstellen, Kollege. Ich hab es mal mit Gitarre versucht.Dachte, was für Idioten das können; morgens, mittags, abends nur bumsen und saufen – das kann ich auch. Ich dachte, das ist wie Autofahren. Aber ist komplizierter. Ich höre lieber Musik, vor allem beim

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