Das Schwein unter den Fischen
entreißen, er lässt plötzlich los, ich knalle mit dem Steiß auf den gekachelten Boden, der Schmerz ist so heftig, dass mir schwarz vor Augen wird und ich anfange zu weinen. Enki bleibt ganz ruhig. Er nimmt mich in den Arm und lässt mich so lange heulen, bis ich ihn wegdrücke. Dann setzt er sich wieder auf den kalten Boden und sieht mich an.
»Kann ich irgendwas für dich tun? Soll ich Eis holen?«
»Nein, lass mal, es geht schon.« Ich versuche aufzustehen und schreie vor Schmerzen.
Enki springt auf, stützt mich, hilft mir hoch, packt mich dann an den Hüften, dreht mich um, zieht mein Hemd hoch und meinen Rock unter den Steiß. Er kniet sich hin, pustet sanft und sagt:
»Ich glaube, das wird ein schöner blauer Fleck. Mehr nicht.«
Wir setzen uns dicht nebeneinander auf den Rand der Badewanne.
»Und was machen wir jetzt?«, frage ich.
»Vielleicht mal eine Pause.«
»Aber ich muss die Fugen putzen.«
»Warum darf ich dich eigentlich nicht zeichnen, wenn du schon nicht mit mir redest?«
»Ich rede doch mit dir.«
»Ja, aber warum darf ich dich nicht zeichnen?«
»Wegen Kirsten.«
»Wieso wegen Kirsten?«
»Die hast du erst gezeichnet, und dann hast du sie gebumst.«
Er sieht mich verwundert an.
»Ich habe sie gar nicht gezeichnet, ich habe sie nur gebumst! Zufrieden?«
»Warum hast du dann zu mir gesagt, du hättest sie gezeichnet?«
»Na, ich dachte, das würde dir besser gefallen. Ich wusste ja nicht, dass man dir die Wahrheit sagen kann. Die meisten Frauen wollen von Frauen vor ihnen nichts wissen.«
»Quatsch, die meisten Frauen wollen nur die Letzte sein, mit der ein Typ in seinem Leben Sex hat!«
»Und Männer wollen der Erste und der Letzte sein!«
»Genau.«
»Und was willst du?«, fragt er und legt seine Hand auf meinen Rücken. Vorsichtig streichelt er über die schmerzende Stelle.
Ich rücke zur Seite, frage:
»Wie alt bist du eigentlich?«
»Älter als du, jünger als Heinrich.«
Er schiebt mit der anderen Hand meine verschwitzten Haare weg und küsst meinen Nacken. Ich schaue auf meine Arme, meine Beine, ich habe Gänsehaut, es sieht komisch aus. Ich höre uns atmen, ich atme schneller als er, er küsst meinen Hals, legt eine Hand auf mein Bein, schiebt sie ganz langsam unter meinen Rock, die andere immer noch auf der schmerzenden Stelle. Plötzlich wird die Haustür aufgeschlossen und Lilli ruft:
»Hallo? Stine? Bist du hier?«
»Mist! Kannst du schon mal zu ihr gehen? Ich komme gleich nach!«
Ich springe auf, werfe einen Blick in den Spiegel und sehe, dass ich knallrot bin. Ich drehe das kalte Wasser auf und kühle mir das Gesicht, bis meine Stirn schmerzt. Enki redet auf dem Flur mit Lilli.
Nach einigen Minuten sehe ich wieder halbwegs normal aus, aber meine Pupillen sind riesig. Ich mache das Licht im Bad aus und bleibe noch eine Weile im Dunkeln stehen.
Lilli und Enki sitzen inzwischen in der Küche. Er macht Musik an, undich höre Espresso in der Kanne hochblubbern. Lilli zwinkert mir zu und sagt:
»Hier steckst du also, bei mir ist es schon ganz verschmutzt, aber ich halte es noch eine Weile aus. Vielleicht könntest du mir etwas einkaufen? Ich begleite dich, Hauptsache, du trägst es hoch. Und dann gehen wir Campari trinken! Was Frauen eben so machen, wenn sie was zu besprechen haben.«
»Ja, natürlich, tut mir leid, dass ich nicht da war.«
»Kein Problem, Heinrich und ich waren doch die letzten Tage als Pantomimen in der Fußgängerzone unterwegs. Ich hätte sowieso nichts von dir gehabt.«
Ich sage, ich müsse mal aufs Klo, gehe runter in Lillis Wohnung, setze mich in ihre Küche und lege die Beine auf den Tisch. Ich weiß nicht, warum, aber ich vermisse Enki sofort, obwohl er gerade noch da war. Mein ganzes Konzept ist durcheinander, ich weiß nicht einmal mehr, was mein Konzept war. Ich hatte schon oft das Gefühl, verrückt zu werden, aber jetzt habe ich zum ersten Mal Angst davor. Wenn ich nicht in seiner Nähe bin, wird diese Angst größer. Als ich ihn noch nicht kannte, war alles in bester Ordnung, nein, das ist nicht wahr. Aber ich war in bester Ordnung, ich kannte mich zumindest irgendwie aus, ich wusste, was ich zu tun hatte, um nicht völlig durchzudrehen. Ich sehne mich nach seinen Händen auf meiner Haut und seiner Zunge in meinem Mund.
Die Ringeltauben sind heute nicht da.
Lilli folgt mir in die Wohnung.
»Warum sitzt du hier und nicht bei uns oben? Ich dachte, du wolltest nur auf die Toilette!«
»Tut mir leid. Auch das mit dem
Weitere Kostenlose Bücher