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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Autofahren! Kennst du Whitesnake?«
    »Ja, klar, das ist so eine Softrockband aus den Achtzigern!«
    »Logo! Und wie! Ich sach dir, hart, aber weich! It’s time for music!«
    Reiner drückt Enki eine Dose Bier in die Hand.
    »Hast du ein Auto?«, fragt mein Vater weiter.
    »Ja, aber ich benutze es nie.« Enki öffnet das Bier.
    »Warum nicht? Ah, verstehe, Lappen weg! Kein Ding, passiert jedem Mann einmal im Leben!«
    »Danke fürs Bier.« Enki trinkt zügig.
    »Woher kennt ihr euch denn?«, fragt Reiner.
    »Von der Arbeit«, antworte ich, zupfe Enki am Ärmel und deute mit dem Kopf zur Tür. Aber Reiner bleibt dran.
    »Ach, dann biste auch Altenpfleger. Ein komischer Beruf für einen Mann!«
    Immerhin nennt er ihn »einen Mann«.
    »Nein, ich arbeite dort nicht, ich wohne nur dort«, sagt Enki.
    »Warum putzt du dann nicht für deine Oma? Ich dachte, das machen die Südländer so. Also in Italien, wo wir immer in den Urlaub …«
    »Papa, er wohnt nicht bei Frau Bonne, sondern nur im gleichen Haus. Wir müssen jetzt auch los!«
    »Wohin soll es denn gehen?« Reiner legt den Kopf schief und spielt mit einer Haarsträhne.
    »Es interessiert dich doch sonst auch nicht, wohin ich gehe!«
    »Aber vielleicht interessiert mich, wohin Enzo geht.«
    »Enki!«, sage ich.
    »Entschuldigung. Also, wenn du kein Altenpfleger bist, was machst du denn dann so?« Langsam wird es mir wirklich unangenehm, aber Enki scheint die Unterhaltung zu gefallen.
    »Ich bin Künstler.« Mein Vater kriegt ein deutlich rotes Gesicht.
    »Und was künstlerst du so?«
    »Ich spiele Theater, schreibe Stücke und mache Musik. Ich schreibe auch Lieder. Aber bisher hat noch niemandem eins davon gefallen. Ich kann einfach keine Melodien und ich hasse Refrains, das halten die meisten Leute für ein Problem. Ich glaube nicht, dass ich mit meiner Musik jemals Geld verdienen werde. Ich zeichne aber auch, nur so zur Zerstreuung.«
    »Ist das nicht ein bisschen viel Rock ’n’ Roll? Man muss schon auch mal alle Kräfte auf eine Sache hin ausrichten, wenn man irgendeine Leiter raufkommen will und auch ein paar Moneten über haben will, mein ich!«
    »Man kann sogar reich werden, wenn man Glück hat«, antwortet Enki und grinst.
    »Papa, wir müssen jetzt wirklich los«, nutze ich den Moment, in dem Reiner sprachlos dasteht. Doch ich habe nicht mit Ramona gerechnet. Sie kommt an den Tresen, mustert Enki von oben bis unten, gibt ihm die Hand und sagt mit ihrer heute besonders heiseren Stimme:
    »Guter Fang, Stine, grüne Augen und dunkle Haare, Mannomann! Ich bin die Mutter! Ramona!«
    Mir ist bisher nicht aufgefallen, dass Enki grüne Augen hat, und als ich noch mal hinsehe, sind sie immer noch braun. Ramona hat eine Branca-Menta-Fahne. Enki nimmt meine Hand und sagt:
    »Herr Fehrmann, Ramona, es hat mich gefreut, aber wir müssen los. Wir haben noch etwas vor, und da dürfen wir nicht zu spät kommen!«
    »Nenn mich Reiner, Enzo!«
    »Enki, Papa, er heißt Enki!«
    »Das kann ich mir nicht merken, das klingt ja, als ob ein Vogel piept! Hast du nicht noch einen Namen?«
    »Ja, mein zweiter Name ist Rinaldo, so heißt mein Vater, aber dann doch lieber Enzo!«
    Da freut sich Reiner und hebt die Hand zum Einklatschen.
    »Tschüssing, Enzo. Und schöne Haare übrigens, aber ich würd sie noch ’n bisschen länger wachsen lassen!«
    Ramona meint:
    »Ich find Rinaldo besser, das klingt so stark!«
    Nachdem Ramona Enki ein bisschen zu lange gedrückt hat, verlassenwir den Imbiss endlich. Reiner reißt die Tür auf und ruft uns mehrmals hinterher, dass er viel Spaß wünscht und dass ich erst nach Hause kommen darf, wenn ich Spaß hatte. Ich beschleunige meinen Schritt.
    »Nette Leute, deine Leute.« Enki nimmt meine Hand und zieht mich noch schneller hinter sich her. Wir haben es also tatsächlich eilig.
    »Hey, bleib doch mal stehen!« Ich ziehe ihn zurück.
    »Wo gehen wir überhaupt hin?«
    »Lass dich doch überraschen!«
    »Ich brauche keine Überraschung.«
    »Sei dir da nicht so sicher, ich kann echt langweilig sein. Im Oktober und November bin ich immer schrecklich langweilig.«
    »Bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit.«
    »Oktober und November kommen schneller als man denkt. Im März bin ich übrigens auch langweilig!«
    »Noch mehr Abgründe?«
    »Ja!«
    Wir bleiben stehen, er legt die Hände auf meine Hüften und zieht mich an sich. Seine Hand fährt über meinen Rücken, berührt meinen Nacken. Seine Augen sind braun – und haben tatsächlich eine

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