Das Schwein unter den Fischen
Tagen Pat entdeckt. »Im Minimarkt stand sie vor mir in der Schlange, sie hat sich mehrmals nach mir umgedreht, gelächelt, kein Wort gesagt, aber diese Körpersprache, ach was, dieser Körper.« Tante Trixi schließt die Augen und zeichnet eine Silhouette in die Luft.
»Wer hat einen schöneren Körper als ich?«, fragt Reiner.
»Die Thailänderin von nebenan«, antworte ich.
»Thailänderin? Hab ich mir doch gleich gedacht!«, ruft Tante Trixi so laut, dass Pat es hören könnte.
»Nebenan?«, fragt Reiner, »ich habe da nur so ein Arschloch getroffen, wollte mich vorstellen, aber der hat getan, als hätte er mich nicht gesehen, ist an mir vorbeigelaufen und hat auf den Boden gespuckt, anstatt mir auch einen guten Tag zu wünschen. Die laden wir nicht zum Grillen ein. Ich geh nachher mal gucken, ob die Nicolins und die Ackermanns schon da sind, die verstehen was vom Grillen. Dann räuchern wir dem Schweinepriester da drüben mal ordentlich die Abendsonne ein!«
Tante Trixi besteht darauf, jeden Morgen Brötchen zu holen, und verliert täglich an Gewicht. Ihre Besuche beim Minimarkt dauern immer länger. Eines Morgens sitzen wir ohne Frühstück in der Mittagssonne, als Eckert Knott plötzlich vor unserer Parzelle auftaucht. Er trägt eine goldgemusterte Badehose. Dr. Ray flüstert:
»Igittigitt, eine Schwein in Versace.«
Reiner, das Gesicht voll Sunblocker, baut sich an der Pforte auf.
»Kann ich helfen?«
»Ich suche meine Frau.« Herr Knott zeigt auf mich. »Die da hat sie gesehen, die weiß, wie sie aussieht!«
»So, erst mal ist meine Tochter nicht ›die da‹, sondern Zelestine Fehrmann, und ich bin Reiner Fehrmann. Das dort drüben ist meine werte Gattin Ramona Fehrmann, und der Herr in Kanariengelb ist Dr. Dr. Joseph Ray! Und Sie wollen nicht vielleicht auch erst mal vorstellig werden?«
Reiner dreht sich um und zwinkert uns zu, dabei kriegt er Sunblocker ins Auge. Herr Knott stellt sich stramm hin:
»Knott«, sagt er und streckt Reiner die Hand entgegen. Reiner ist aber damit beschäftigt, sich das Auge zu reiben und ruft unentwegt »Scheiße«. Dr. Ray steht auf, geht überaus schwul auf Herrn Knott zu und sagt:
»Guten Tag, eine schöne Badehose hast du an. Ist das echte Versace or just Bangkok?«
»Sind Sie ein Schwuli?«, fragt Herr Knott laut. Dr. Ray kichert übertrieben.
»Oh, aber nein, ich doch nicht! Ich hasse Schwule und die Lesbians erst recht! Ich bin nur ein amerikanische Sextourist!«
»Hä? Willst mich veräppeln? Scheißami!«
Ramona geht dazwischen. Durch die Tiefenbräune und die frische Luft sieht sie beinahe attraktiv aus. Zumindest attraktiv genug für Mr. Knott. Er schweigt und beäugt sie abschätzig notgeil.
»Wie können wir Ihnen weiterhelfen, Herr Knott?«
»Ich suche meine junge Frau, gnädige Frau. Ist so eine mit Schlitzaugen. Ich dachte, sie wäre vielleicht hier drüben, weil sie mit niemandem gesprochen hat, außer mit der da!«
Wieder zeigt er auf mich.
Ich sage:
»Sie ist nicht hier, bestimmt ist sie schwimmen gegangen.«
»Vielleicht ist sie eine lesbische Schlitz geworden«, ruft Dr. Ray. Herr Knott macht einen Schritt auf ihn zu und hebt drohend die Faust.
»Pass auf, Bürschchen!«
Reiner hat sich von der Attacke des Sunblockers erholt und stellt sich vor Dr. Ray:
»Sind wir jetzt also schon beim Du? Hör zu, wenn wir sie sehen, sagen wir ihr, dass du sie suchst. Und jetzt mach die Biege, du Nazi in Badehose!«
»Ich bin doch kein Nazi, meine Frau ist eine Ausländerin.«
»Du bist ein Nazi, nur dein Pimmel ist keiner«, schreitet Ramona ein.
Darauf weiß Herr Knott nichts zu sagen, außer dass er uns beim Platzwart anschwärzen wird, wenn wir unsere Radaumusik noch mal so laut aufdrehen. Mit roten Flecken auf dem Rücken zieht er von dannen. Eine Stunde später ist Tante Trixi wieder da. Sie war die ganze Zeit über mit Pat im Kastanienwald spazieren. Guido hat sie auf seinem Buggy hergefahren und warnt uns, spätestens morgen früh werde es ein starkes Gewitter geben.
DER BLAUESTE SEE DER WELT
Es ist Nachmittag, ich laufe an den Strand, um noch einmal zu schwimmen, bevor das Unwetter über uns hereinbricht. Die Luft ist unerträglich schwül. Ich kraule weit auf den See hinaus, da zieht der Himmel plötzlich zu. Es fängt an zu tröpfeln. In der Ferne blitzt und donnert es. Schnell schwimme ich zurück zum Ufer und packe im strömenden Regen meine Sachen zusammen. Den Weg zu unserem Platz renne ich und flüchte zu den anderen in den
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