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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Raum hinein, ließ die schmale Zelle damit noch kleiner erscheinen. In diesen letzten vierzehn Tagen hatten Dubornos und Caradoc Xenophon gut kennen gelernt. Seit der Audienz beim Kaiser waren sie schließlich seine Hauptaufgabe gewesen; nach Claudius, Britannicus und der Kaiserin Agrippina, natürlich. Xenophon hatte sie mit Opium und Aufgüssen aus Blättern und Rinden versorgt, und obwohl die gebrochenen Knochen und ausgekugelten Gelenke noch nicht wieder ganz zusammenwachsen konnten, waren doch zumindest die sie umgebenden Blutergüsse zurückgegangen und die Haut wieder geheilt. Caradoc und Dubornos hatten den Anblick dieser schmalen, leicht gebeugten Gestalt im Türrahmen mit der Zeit schätzen gelernt, und dies sowohl wegen der Medikamente, die er ihnen brachte, als auch wegen seiner Gesellschaft und seines scharfen Verstandes. Zudem hatte Xenophon Anordnungen gegeben, die es ihnen erlaubten, die Bäder zu benutzen, und er hatte ihnen saubere Kleidung zukommen lassen. Als ein Unteroffizier der berittenen Garde besonders gegen Letzteres Einspruch einlegen wollte, hatte Xenophon nüchtern, aber mit dem ganzen Gewicht seiner zwanzigjährigen Erfahrung entgegnet: »Einen Mann, der vorher schon an Blutvergiftung gestorben ist, kann man nicht mehr kreuzigen. Oder möchtest du seinen Platz in der Prozession einnehmen?« Danach hatte es keine weiteren Einwände mehr gegeben.
    Xenophon hatte die Gefangenen so häufig besucht, dass die Soldaten der Gardekavalleriebrigade ihn schließlich kaum noch wahrnahmen. Wenn sie ihn an diesem Morgen also überhaupt durchsucht hatten, dann offenbar mit geschlossenen Augen. Denn er trug zwei kleine Flaschen bei sich, in jeder Hand eine, und von seinem Gürtel baumelte ein kleiner, prall gefüllter Beutel herab. Xenophon lehnte die Flaschen an die Pritsche und setzte sich zu Caradoc und Dubornos.
    »Die Heilkunst beschäftigt sich nicht nur damit, Leben zu retten. Jeder Arzt weiß, dass es Augenblicke gibt, in denen es besser ist, die Seele möglichst kampflos aus dem Körper entweichen zu lassen. Um die Riten dieser letzten Reise zu lernen, fahren wir von Kos, sofern wir die Möglichkeit dazu haben, nach Mona oder nehmen Unterricht bei jenen, die dort gelernt haben. Ich habe damals zu Füßen von Träumern gesessen, die älter waren als alle anderen, die heute leben; und dabei habe ich gerade genug gelernt, um zu wissen, dass ich noch ein zweites Leben bräuchte, um all das zu verinnerlichen, was sie mir bereits voraus haben.« Xenophon drückte mit den Fingerspitzen gegen seine Nasenwurzel. »Mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war, und viel von dem einst Gelernten ist wieder verloren gegangen, aber ich erinnere mich noch an genug, um Euch, wenn die Zeit gekommen ist, frei von allen irdischen Fesseln über den Fluss zwischen den Lebenden und dem Totenreich zu schicken. Doch davor müssen wir uns noch einmal mit den Gepflogenheiten hier in Rom beschäftigen. Was sich heute ereignen wird, ist nämlich keine ungewöhnliche Angelegenheit. Es gibt so viele verschiedene Arten zu sterben, wie es Männer gibt, um Nägel in menschliches Fleisch zu schlagen. Aber manche Arten sind schneller als andere.«
    Xenophon blickte hinauf zu dem kleinen Zellenfenster und runzelte die Stirn. Über das Kopfsteinpflaster draußen vor der Zelle hallten schwere Schritte, die sich nach einem Mann anhörten - einem Mann, der auf einem Bein leicht hinkte. Erst als sie verhallt waren, fuhr Xenophon fort: »Ich habe mit dem Zenturio der Prätorianer gesprochen, demjenigen, der die Befehlsgewalt über die... notwendigen Einzelheiten hat. Er hatte in der Invasionssschlacht gegen euch gekämpft und danach in Camulodunum gedient. Er ist Soldat und respektiert als solcher seine Feinde. Zwar darf er nicht gegen Claudius’ Befehle verstoßen, dennoch steht ihm ein gewisser Ermessensspielraum zu, wie diese Befehle dann im Einzelnen ausgeführt werden. Ihr werdet also nicht nackt sein, sondern in die komplette barbarische Kampfuniform gekleidet - oder zumindest in das, was Rom darunter versteht. Ich würde euch raten, dies nicht abzulehnen. Möglicherweise ähnelt das zwar noch nicht einmal im Geringsten Eurer tatsächlichen Kampfkleidung, aber ich bezweifle, dass sie Euch erlauben werden, eine Eurer eroberten Kavallerierüstungen zu tragen. Doch wie auch immer, es ist einzig das Gewicht, das zählt. Je schwerer Ihr seid, desto schneller der Tod.«
    Xenophon war Arzt, darum konnte er diese Dinge ganz

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