Das Schwert der Koenigin
seinen Platz zu verweisen.
»Nein, aber ich kenne Karia. Sie wird sagen, dass sie weitermachen will, selbst wenn sie müde ist. Was sie zufälligerweise niemals zugeben wird, selbst wenn ihr die Augen zufallen und sie kaum noch ein Wort herausbekommen kann, weil sie so sehr gähnt«, blaffte Martil.
»Ich kann spüren, wie müde sie ist, ich erkenne es an der Art, wie sie ihre Übungen macht«, argumentierte Barrett. »Außerdem geht es beim Erlernen von Magie auch darum, seine Grenzen zu erfahren und sich selbst anzutreiben. Ich weiß, wie sie sich fühlt – und wann es Zeit ist aufzuhören.«
»Sie ist zu klein, um zu weit getrieben zu werden! Ich kenne sie besser!«, beharrte Martil.
»Besser? Weil du ihren Vater und ihre Brüder getötet hast?«, höhnte Barrett.
»Genug!« Merrens Stimme war wie ein Peitschenhieb. »Ich muss ein Wort mit Euch beiden sprechen.«
Martil funkelte Barrett an, der dem Blick des Kriegers standhielt, und die beiden folgten ihr tiefer in das Höhlensystem, weg von der großen Höhle, die Merren zu ihrem Audienzsaal erklärt hatte und wo sie alle an dem Holztisch aus der Hütte gegessen hatten.
»Ich weiß, worum es hier geht«, erklärte sie ihnen leise und mit schneidender, zorniger Stimme.
Diesmal war der Blick, den Martil und Barrett tauschten, halb nervös, halb anklagend.
»Ihr beide wollt der Held sein und versucht, einander zu übertreffen, um meine Aufmerksamkeit zu erringen. Was genau Ihr damit bezweckt, weiß ich nicht. In der Tat, ich will nicht darüber nachdenken. Die Zukunft dieses Landes, meine Zukunft, hängt von Euren Fähigkeiten ab. Wenn Ihr nicht zusammenarbeiten könnt, dann haben wir keine Chance, Gello zu schlagen. Ich muss Euch beide jetzt bitten, Eure Zwistigkeiten entweder beiseitezuschieben oder zu gehen. Ihr braucht einander nicht zu mögen, aber ich weigere mich, mich selbst oder Karia als Schachfiguren in einem lächerlichen Spiel zwischen Euch beiden zu sehen. Ist das klar?«
»Ich entschuldige mich, Majestät, Ihr braucht nicht länger über dieses Problem nachzudenken.« Barrett verneigte sich tief. Innerlich lächelte er. Sich zuerst zu entschuldigen war immer der beste Schritt. Er wusste, dass es Frauen beeindruckte.
»Wir werden zusammenarbeiten«, stimmte Martil hastig zu. Er hatte nicht vor, sich uneinsichtiger zu zeigen als Barrett.
»Dann lasst uns nichts mehr darüber hören.«
Martil wusste, dass Barrett die Königin seit Jahren liebte. Entweder ahnte sie es nicht, oder sie wollte ihn nicht ermutigen – vielleicht weil sie diese Gefühle nicht erwiderte. Martil hoffte, dass es Letzteres war. Natürlich wollte er selbst ihr ebenfalls nahe sein, wollte ihre Anerkennung gewinnen, und dank des Drachenschwertes war er in der idealen Position dafür. Manchmal ertappte er sich dabei, dass er sich wünschte, diese Zeit in den Höhlen würde ewig dauern.
Am nächsten Tag veränderte sich alles.
Barrett und Karia hatten mit den Vögeln gesprochen und sie gebeten, nach verschiedenen Dingen Ausschau zu halten – und einer kam mit der Nachricht zurück, dass eine Armee auf Sendric zumarschiere. Weitere Vögel wurden ausgeschickt, um Genaueres in Erfahrung zu bringen, und zwei Milizsoldaten wurde befohlen, sich nach Sendric zurückzuschleichen, um herauszufinden, was dort vorging.
Die Nachricht, mit der sie zurückkehrten, war ebenso besorgniserregend wie interessant. Eine Streitmacht von fünfhundert Berittenen war eingetroffen, angeführt von einem Hauptmann Havrick. Martil hatte das zunächst nicht glauben wollen, aber als sie berichteten, dass der Mann eine gebrochene Nase habe, war er überzeugt, dass der Mann mit Absicht nach Norden geschickt worden war.
Zusammen mit den dreihundert Fußsoldaten, die die Garnison der Stadt bildeten, sollten sie das Gebiet durchsuchen und die Rebellen zur Strecke bringen. Achthundert Männer, darunter zweihundert Panzerreiter, waren eine mächtige Truppe. Die gesamte tetrische Streitmacht hätte Schwierigkeiten, sie zu besiegen. Im Kriegsrat in den Höhlen gab es an diesem Abend nur ernste Gesichter.
»Was sollen wir tun?«, fragte Merren, nicht verzweifelt, sondern in Form einer ernst gemeinten Erkundigung.
»Es ist klar, dass wir sie nicht zu einer offenen Feldschlacht herausfordern werden. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass sie möglichst dumm dastehen. Gello hat genau das getan, worauf ich gehofft habe.« Martil lächelte über den Ausdruck auf den Gesichtern der anderen und fuhr fort:
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