Das Schwert der Koenigin
eingeteilt und angewiesen werden: Manchen konnte man zutrauen, aus der Sicherheit eines oberen Stockwerks Armbrustbolzen abzuschießen; andere waren geeignet, mit Martils erfahrenen Männern in der Schlacht zu kämpfen; und viele hatten durchaus den Willen, sich an den Kämpfen zu beteiligen, waren dazu realistischerweise aber zu alt oder körperlich zu schwach.
Das Problem bestand darin, einen Mann zuverlässig einzuschätzen. Ein einziger Mann am falschen Platz, der sich überfordert zeigte und floh, konnte eine Panik auslösen und die Schlacht gegen sie entscheiden. Alle bekundeten ihren Eifer, aber Martil musste jeden Einzelnen mit stumpfen Waffen gegen Wimes gerissene Milizsoldaten kämpfen lassen, bevor er sich ein Bild von ihm machen konnte.
In der Zwischenzeit gab es zahllose andere Probleme. Es mussten die letzten in der Stadt verbliebenen – und vor Havricks Zugriff versteckten – Wagen gefunden und neue gebaut werden. Anschließend wurden sie mit Stroh und ölgetränktem Holz beladen. Sie sollten dazu dienen, Nebenstraßen zu blockieren und Havricks Truppen in der Stadt festzusetzen. Danach mussten die Schmiede schuften, um Krähenfüße und Speerspitzen herzustellen – die Anfertigung aller anderen eisernen Waffen und Waffenteile würde zu zeitraubend sein. Zu guter Letzt warf auch die Versorgung der von Havrick ausgeraubten Stadt ernste Fragen auf. Sie hatten zwar all ihre Vorräte aus den Höhlen hergeschafft, aber die reichten nicht aus, denn inzwischen suchten viele Bauern und Menschen aus den umliegenden Dörfern den Schutz von Sendrics festen Mauern.
Merren hoffte, dass sie von dem Drachenschwert angezogen wurden.
»Wir können uns nicht sicher sein. Möglicherweise hatten sie einfach Angst und haben Schutz gesucht. Wenn ich etwas gelernt habe, dann dies: In Kriegszeiten sind die Leute noch viel dümmer, als man es für möglich hält«, warnte Martil.
»Aber wenn sie nicht aus Angst gekommen sind, bedeutet das, dass unsere Entscheidung richtig war und das Schwert auf Euch reagiert.«
Einmal mehr musste Martil das Schwert vor ihr ziehen, und die Tatsache, dass daran nichts Besonderes feststellbar war, schien ihre Begeisterung nicht zu dämpfen. Merren blühte in der jetzt in der Stadt herrschenden Atmosphäre auf. Sie traf sich jeden Tag mit Dutzenden Menschen, verhandelte mit dem Stadtrat, überredete Ladenbesitzer, versteckte Vorräte auszugraben, und munterte die Freiwilligen auf, indem sie sie besuchte und mit ihnen sprach. Dies würde der Anfang ihres neuen Norstalos sein.
Ihre Einstellung färbte auf die Stadt ab. Die Menschen schienen sich bei ihren Treffen wirklich von ihr inspirieren zu lassen, und Martil wollte nicht gefährden, was zu einer machtvollen Waffe für die Verteidigung wurde. »Vielleicht geschieht es, aber nicht, wenn wir es anstarren. Wie dem auch sei, wir werden es nach der Schlacht mit Bestimmtheit wissen«, war alles, was er zu sagen bereit war.
Merren mochte helfen, aber es gab immer noch viele Probleme, die nur Martil lösen konnte. Eines Morgens wurde er ans Stadttor gerufen, wo ein Zug von Rocus’ Leibgardisten sich mit dem Wachtrupp einer Karawane auseinandersetzte.
»Was ist hier los?«, verlangte Martil zu erfahren.
»Wir brauchen nicht nur den Proviant, den sie hergebracht haben, sondern auch die Wagen. Wir haben einen fairen Marktpreis angeboten, aber der Kaufmann hat sich geweigert zu verkaufen und uns bedroht, als wir ihm sagten, dass ihm ohnehin nicht gestattet würde, mit den Wagen aufzubrechen. Daher könnte er genauso gut einen anständigen Preis für sie akzeptieren«, erklärte Rocus. »Sie sagten, sie würden entweder ungehindert aufbrechen oder über unsere Leichen. Dann führte eines zum anderen, und …« Er deutete dorthin, wo die Karawanenwächter in einem engen Halbkreis mit dem Rücken zu einem der Wagen standen, die Schilde zu einer festen Wand gefügt und die Schwerter gezückt.
Martil seufzte. Das war das Letzte, was er jetzt brauchte. »Ich werde mit ihnen reden«, erklärte er Rocus.
»Wer hat hier das Sagen?«, rief er und ging auf die Gruppe von etwa einem Dutzend Männer zu.
»Hauptmann Martil? Seid Ihr das?«, entgegnete eine seltsam vertraute Stimme.
Martil musterte die Gesichter, die ihn unter den Helmen anschauten, und eine Erinnerung regte sich.
»Wachtmeister Nerrin? Aus dem Gasthaus an der Grenze?«, fragte er.
»Ja, Herr!«
»Lass die Waffen sinken und bring mir den Händler, dem du dienst, damit ich ihm
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