Das Schwert der Koenigin
und flehten um Hilfe für die Menschen, die sie liebten, oder um Erlösung von ihrem Leiden. Einige schleppten sich dorthin, wo sie hofften, dass sie vielleicht Hilfe finden würden. Andere lagen einfach da, außerstande, mehr zu tun, als zu stöhnen, während das Leben langsam aus ihnen heraussickerte. Martil sah das alles, und es brannte sich ihm ein, obwohl er es brutal aus seinem Geist drängte und sich stattdessen auf seine Aufgabe konzentrierte. Die Pferde würden normalerweise davor zurückschrecken, auf Leiber zu treten, aber dank Barretts Magie schienen sie an jedem Hindernis vorbeizugleiten, sich über jede Schwierigkeit hinwegzusetzen, die sie hätte aufhalten können. Martil konnte Barrett vor Anstrengung ächzen hören, denn für ihn gab es keine Ruhepause. Die wenigen Bereiche, die frei von Leichen waren, waren nur deshalb leer, weil dort immer noch brennende Feuerwagen standen. Während sie sich jedem einzelnen näherten, löschte Barrett sie, bis Martil endlich die riesige Barrikade sehen konnte, die Havricks Vorrücken blockiert hatte und die immer noch lichterloh brannte.
»Ich kann die Feuer löschen und die Wagen bewegen, aber dann werde ich mich ausruhen müssen«, warnte Barrett atemlos. »Ich habe nicht mehr viel Energie übrig.«
Martil betrachtete den Zauberer und sah den Schweiß auf seinem Gesicht. »Bring mich nur an den Wagen vorbei«, sagte er. Sie galoppierten auf die brennenden Wagen zu, die die Straße noch immer komplett blockierten. Martil dachte bereits, dass Barrett wohl zu lange gezögert hatte, als das Feuer plötzlich flackerte und erstarb und der nächste Wagen über das Pflaster glitt und eine schmale Gasse freigab. Martil schaute über seine Schulter und sah, dass Barrett über dem Hals seines Pferdes zusammengebrochen war, sein Gesicht grau und eingefallen.
»Ein Letztes noch!« Barrett stieß die Hand vor, und Martil spürte, dass seine Haut kribbelte. Als er an sich hinabschaute, sah er, dass er wieder braun geworden war, was bedeutete, dass seine Haut die Beschaffenheit von dickem Leder hatte. Er blickte zurück, um dem Zauberer zu danken, sah jedoch, dass Barrett vom Pferd gefallen war und der Länge nach auf den Pflastersteinen lag. Es blieb keine Zeit innezuhalten und nachzusehen, ob es ihm gut ging. Die Burg lag vor ihm.
Merren ging auf der Burgmauer auf und ab und versuchte auszumachen, was geschah. Sie hatte die Trompeten gehört, die Feuerwagen gesehen und den Schreien, den Rufen und dem Klirren von Waffen gelauscht, als die Schlacht begonnen hatte, aber jetzt war durch den Rauch der brennenden Wagen fast nichts mehr zu sehen als gelegentlich ein Wurfspieß, der auf seiner Bahn im Feuerschein aufleuchtete.
Das Warten war schrecklich. Sie wollte am Ort des Geschehens sein, wollte sehen, was geschah. Vor einigen Wochen hätte sie diese Schlacht objektiv betrachten können und gewusst, dass ein Sieg wichtiger war als einzelne Menschenleben. Sie hätte sich sagen können, dass jeder Mann, der kämpfte, seine Wahl getroffen hatte und wusste, was er riskierte. Aber ob sie wollte oder nicht, sie sorgte sich um diese Männer, die in den Wäldern für sie gekämpft hatten, und um diejenigen, die sie im Laufe der letzten Tage kennengelernt hatte, die Städter, die ihre Familien und ihr Zuhause verteidigten.
Sie waren nicht länger nur eine gesichtslose Masse, sie waren einzelne Menschen, ein jeder mit einem individuellen Leben – einem Leben, das jetzt in Blut und Qualen auf den Straßen der Stadt enden konnte. Sie sah den Schmerz und die Furcht auf den Gesichtern der Frauen und jener Kinder, die alt genug waren, um zu begreifen, was vorging. Früher einmal hätte sie sich bemüht, diese Gefühle zu verstehen. Jetzt teilte sie ihre Gefühle. Und es brachte sie auf die Frage, ob sie das zu einer stärkeren, besseren Herrscherin machen würde – oder ob es sie schwächen würde. Gewiss schien Gello sich nicht um das Schicksal der Männer zu sorgen, die ihm dienten.
Sie ging zu einem weiteren Aussichtspunkt auf dem Wehrgang und zwang ihr Gesicht, Ruhe zu signalisieren. Wenn nicht für die Menschen, die sie beobachteten, dann für Karia. Ihr graute bei dem Gedanken, was geschehen würde, wenn das kleine Mädchen Martil verlor. Sie hatte versucht, Karia mit Büchern abzulenken – hatte gehofft, sich dabei selbst abzulenken –, schaffte es aber nicht. Glücklicherweise war auch Conal da.
Er trug eine Rüstung, die ihm recht gut zu Gesicht stand. Von dem alten,
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