Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
mindestens vierzig Jünglinge die verschiedenen Stellungen des Schwertkampfes einprägten.
Einige Kinder, die sich vor dem Schulhoftor tummelten und sich mit selbst gebastelten Schwertern begeistert «die Köpfe einschlugen», wurden von Soldaten vertrieben, als ein paar Reiter aus dem Nebel auftauchten. Es waren Mangol, der oberste Kommandant der Sicherheitsgarde, und sein Gefolge.
Der Ritter war weit über sechzig Jahre alt. Doch sein wirkliches Alter wusste niemand so genau. Sein Gesicht war kantig und wie aus Stein gemeißelt. Er hatte graumeliertes Haar, einen Stoppelbart und einen durchtrainierten Körper. Er war ein Krieger mit einem stählernen Willen; einer, dem es nichts ausmachte, Menschen zu foltern – oder zu töten. Unter seinem Kommando hatte die erste große Hexenverbrennung stattgefunden, und er hatte höchstpersönlich die Scheiterhaufen in Brand gesteckt. Über siebzig Hexen und Hexer waren damals bei lebendigem Leibe verbrannt worden.
Seither hatte Mangol immer wieder Jagd auf Hexen gemacht, die ersten Jahre unter Drakar dem Ersten und später unter Drakar dem Zweiten. Mangol kannte keine Gnade, kein Mitleid, kein Erbarmen. Es wurde ihm sogar nachgesagt, er hätte keine Seele.
Zusammen mit seinem Gefolge kam er auf seiner braunen Stute durch das Schultor geritten. Er war ganz in Schwarz gekleidet. Sein Schwert hing an seiner Seite. Ein weiter Umhang schützte ihn vor dem Regen.
«Wo ist der Kommandant?», fragte er einen Soldaten neben dem Tor mit kalter Stimme.
«Ich hol ihn, Sir», antwortete der Soldat und eilte davon. Mangol beobachtete die Männer beim Training wie ein Lehrmeister seine Schüler. Kurz darauf erschien der Kommandant, der für die Ausbildung der Soldaten auf dem Schulgelände zuständig war, und stellte sich stramm und breitbeinig vor Mangol hin.
«Sir!»
«Wie weit sind Eure Männer, Kommandant?»
«Sir! Sie sind jederzeit bereit, für den König in den Krieg zu ziehen, Sir!»
«Das habe ich nicht gemeint.»
«Sir?»
Mangol beugte sich etwas vor und sah den Kommandanten an. «Ich meinte, wie weit sie geschicklich sind. Wie gut können sie kämpfen?»
«Sir! Sie alle geben ihr Bestes, Sir! Wir trainieren seit drei Tagen fast ununterbrochen, Sir!»
«Lasst es mich anders formulieren, Kommandant: Wenn die Hexen hier und jetzt angreifen würden, wie gut wären unsere Chancen zu siegen?»
Die Frage verwirrte den patschnassen Kommandanten erneut. «Sir! Wir würden sie natürlich in die Flucht schlagen, Sir!», antwortete er etwas zögerlich, aber mit gerecktem Kinn.
«Ach ja?», zweifelte Mangol und zog die Augenbrauen hoch. Er ließ seine Stute zu einer der Zielscheiben hinübertraben. Ein Pfeil steckte darin, der das schwarze Feld in der Mitte um fünf Fingerbreit verpasst hatte. Mangol zog den Pfeil aus dem Schaumstoff und hob ihn in die Höhe. «Und wie gedenkt Ihr das anzustellen? Eure Männer würden nicht einmal ein Wildschwein auf zehn Fuß erlegen! Was habt Ihr ihnen in den vergangenen drei Tagen eigentlich beigebracht? Socken stricken?»
«Sir! Die meisten Männer hier haben noch nie in ihrem Leben mit Pfeil und Bogen geschossen», verteidigte sich der Kommandant, «einige von ihnen sind fast noch Kinder.»
«Es ist mir egal, wie alt sie sind», schnarrte Mangol. «Ihr sollt Soldaten aus ihnen machen, Ihr sollt sie kämpfen lehren! Ihr da! Kommt her!»
Er winkte einen etwa vierzigjährigen Mann zu sich. Er war wohlbeleibt, hatte schütteres Haar und hielt einen Bogen in den Händen.
«Schießt ins Schwarze!», befahl ihm Mangol.
«Jawohl, Sir!», sagte der Mann. Er stellte sich hinter einer mit Steinen markierten Linie auf, spannte den Bogen und schoss einen Pfeil auf die Zielscheibe ab. Er blieb in einem der äußeren Kreise stecken. Mangol schüttelte unbefriedigt den Kopf.
«Wie oft habt Ihr heute schon ins Schwarze getroffen?»
Der Mann zuckte die Achseln. «Ein paar Mal, Sir. Ich habe es nicht gezählt.»
«Nein, natürlich habt Ihr es nicht gezählt», zischte Mangol. «Warum solltet Ihr auch? Es macht ja keinen Unterschied, ob Ihr ins Schwarze trefft oder nicht. Ist ja schließlich nur eine Zielscheibe – und kein Mensch aus Fleisch und Blut.»
«Sir», meldete sich der Kommandant zu Wort, «der Mann arbeitet vermutlich wie die meisten am Fließband in einer Veolichtfabrik. Ihr könnt nicht erwarten, dass …»
«Ich erwarte, dass jeder Schuss ins Schwarze trifft, Kommandant!», unterbrach ihn Mangol unwirsch und warf ihm einen eisigen
Weitere Kostenlose Bücher