Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
der sich selber fast in die Hosen machte vor Angst. Die beiden Langhorntiger kamen langsam näher, und ihre Eckzähne schimmerten weiß und unheimlich.
«Geht in Deckung!», raunte Joash, ohne die Tiger aus den Augen zu lassen. «Ich kümmere mich um die beiden. Geht schon!»
Die drei standen noch immer wie angegossen da, unfähig, sich in Sicherheit zu bringen.
«Worauf wartet ihr?», knirschte Joash aufgebracht. «Lauft! Jetzt!»
Miro, Aliyah und Sihana begannen zu laufen, und sofort sprangen ihnen die Langhorntiger hinterher. Geistesgegenwärtig hechtete Joash dazwischen, bückte sich und hob das verkrümmte Fahrrad auf, das vor ihm auf der Straße lag. Damit stellte er sich den Tieren in den Weg, schwang das Metallgestell wie eine Keule im Halbkreis herum und scheuchte sie zurück.
«Ha!», schrie er dabei. «Weg mit euch! Verschwindet hier!»
Doch die Tiger dachten nicht daran, zu verschwinden. Sie fauchten gereizt und bleckten ihre furchterregenden Reißzähne. Sie schlugen mit ihren kräftigen Pranken nach Joash. Der Bursche verteidigte sich, so gut er konnte, mit dem Fahrrad und blockte ein paar Schläge erfolgreich ab. Er kam aber immer wieder gefährlich ins Taumeln, wenn die Tiere ihre Köpfe senkten und mit ihrem langen Horn auf der Stirn nach ihm stießen.
Katara saß auf der Statue und überlegte fieberhaft, wie sie Joash helfen könnte.
Hätte ich doch bloß mein Schwert!, dachte sie. Mit dem Schwert konnte sie umgehen wie keine Zweite. Sie wäre nicht davor zurückgeschreckt, sich auf die Tiger zu stürzen und ihnen das Schwert in den Rachen zu rammen. Aber ohne Waffe hatte sie keine Chance gegen die Bestien. Sie waren zu groß, zu kräftig und zu hungrig. Katara fühlte sich hilflos, und wie sie den ungleichen Kampf aus der Höhe verfolgte, wurde ihr auf einmal ganz schwindlig. Für einen kurzen Moment verschwamm sogar die Umgebung vor ihren Augen, und sie hätte um ein Haar das Gleichgewicht verloren.
Miro, Aliyah und Sihana hatten sich hinter einer umgestürzten Säule verkrochen und beobachteten das Ganze mit wachsender Besorgnis.
«Sie sind zu stark für ihn», flüsterte Sihana entsetzt. «Sie werden ihn zerfleischen.»
«Du musst etwas unternehmen, Miro!», rief Aliyah und stupste ihn mit dem Ellenbogen in die Seite. «Du musst ihm helfen!»
«Wie denn?», piepste Miro und war vor lauter Furcht ganz grün im Gesicht geworden.
«Na, so wie im Wald der Offenbarung», antwortete Aliyah.
«Ich … kann nicht», stammelte Miro, duckte sich noch mehr und lugte nur noch mit seinen Augen über die Säule hinweg.
«Gestern hast du ganze Bäume bewegt», erinnerte ihn Aliyah.
«Das war gestern!», quietschte Miro und sank immer tiefer. Allein der Anblick der beiden Langhorntiger lähmte ihn. Wohl war er im Wald der Offenbarung über sich selbst hinausgewachsen und hatte allein mit der Kraft seiner Gedanken Lianen und Äste bewegt, aber das hier war eine völlig andere Situation, und Miro schlotterten die Knie vor Angst.
Komm schon, komm schon, spornte er Joash innerlich an. Du schaffst das! Sei wütend! Sei endlich wütend! Verwandle dich, bei Shaíria!
Joash war bereits von Natur aus kräftig, doch wenn seine Wut anschwoll, war er unbesiegbar. Miro hatte mit eigenen Augen gesehen, wie Joash einen Giganten mit einem einzigen Finger durch eine Scheunendecke geschnipst hatte. Er brauchte sich bloß für einen kurzen Moment zu konzentrieren, seine Wut in Muskelkraft umzuwandeln, und nichts und niemand konnte ihn mehr bremsen. Doch die Tiger gönnten ihm keine Pause und damit auch keinerlei Möglichkeit, seine Kraft zu vervielfachen. Sie pirschten sich abwechselnd an ihn heran und attackierten ihn immer wieder aufs Neue.
Eine Pranke traf ihn an der rechten Schulter. Sein Hemd zerriss, und die scharfen Krallen rissen ihm eine brennende Wunde ins Fleisch. Joash verzog das Gesicht vor Schmerzen und duckte sich gerade rechtzeitig, bevor die andere Bestie ihm mit der Tatze eine Ohrfeige verabreichen konnte. Wütend peitschten die Langhorntiger mit ihrem Schwanz. Sie umkreisten ihn lauernd. Dann setzten sie plötzlich zum Sprung an. Joash fiel rücklings auf den Boden. Die beiden Raubkatzen landeten auf dem Fahrradgestell, das der Bursche im letzten Moment wie einen Schild über sich gehalten hatte.
Katara schrie auf. «Joash!»
Entgegen aller Vernunft sprang sie mit einem gewaltigen Satz von der Statue, um ihm zu Hilfe zu eilen. Asche aufwirbelnd landete sie unmittelbar hinter den Bestien auf
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