Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
ja?«
»Allerdings!«, erwiderte Ryan.
»Also gut, hab verstanden.« Er kehrte uns den Rücken zu und ließ die Hosen herunter. Offenbar hatte er vor, direkt in den Hof zu pinkeln. Als sich bei ihm nichts tat, blickte der Mann verlegen auf. »Ich glaube, der kleine Mann in meiner Hose ist ein bisschen schüchtern. Würdet ihr bitte aufhören, mich so anzustarren?«
»Du lieber Himmel!«, stöhnte Ryan. Einen Moment lang achtete niemand auf mich, und ich nutzte die Gelegenheit: So hart ich konnte, trat ich Ryan in die Eier. Der mit Metall verstärkte Zehenschutz in meinem Stiefel aus weichem Leder verstärkte die Wirkung erheblich. Während Ryan zu Boden ging, packte ich die beiden Männer hinter mir bei den Haaren und knallte ihre Köpfe gegeneinander, was befriedigend laut klang. Sie fielen wie nasse Säcke um.
Der Mann, dessen Harndrang offenbar genauso vorgetäuscht war wie seine Trunkenheit, schnappte sich den letzten von Ryans Männern und zog ihn mit drei schnellen Schlägen einer mir vertrauten Kampfmethode aus dem Verkehr. Als er von der zusammengesunkenen Gestalt aufblickte, hatte ich bereits mein Schwert gezückt und hielt es ihm an die Halsgrube.
»He, Kamerad, ich wollte dir doch nur beispringen«, sagte er nervös.
»Zieh die Hosen wieder hoch und erzähl mir, wer zum Teufel du bist.« Inzwischen hatte ich ihn wiedererkannt. Mein Verteidiger war der gut gekleidete Mann, der mir schon in Neceda aufgefallen war, außerdem auch derjenige,
den man in der Seitengasse überfallen hatte, während er mich beschattet hatte.
Ohne mit der Wimper zu zucken, erwiderte er meinen Blick. »Uns bleibt etwa eine Minute, bis die Prinzessin mit der Kavallerie anrückt.« Er kam nicht aus Balaton, wie mir sein Akzent verriet. »Nimm einfach hin, dass ich auf deiner Seite stehe. Warum das so ist, können wir später klären.«
Da war was dran. Also steckte ich mein Schwert in die Scheide und folgte ihm zu den hinter dem Haus angebundenen Pferden. »Nimm dir auch ein Pferd«, sagte er, während er sich auf sein Reittier schwang.
Ich band eine kräftige Stute los, die am Ende des Gatters stand. Selbstverständlich musterte sie mich mit derselben kühlen Verachtung, die mir alle weiblichen Wesen mit vier Hufen entgegenbringen. Vorsichtig setzte ich meinen Fuß auf den Steigbügel, hielt aber gleich wieder inne. »Meine Satteltaschen sind noch da drinnen.«
»Besorg dir neue«, erwiderte mein Gefährte, der sein Pferd bereits geschickt zur Straße lenkte.
»Ich brauche nicht die Taschen, sondern das, was drin ist. Hab keine Lust, mein Leben an einem Galgen zu beenden.«
Die Miene des jungen Mannes verfinsterte sich. »Steig schon mal auf und warte hier«, sagte er, ließ sich vom Sattel gleiten und kehrte in die Schenke zurück. Als er einen Augenblick später herausrannte, waren ihm sechs oder sieben von Ryans Männern auf den Fersen. Er pfiff einmal scharf, warf mir meine Satteltaschen zu und brüllte: »Los!«
Nachdem ich meinem Pferd einen heftigen Fußtritt versetzt hatte, stolperte es vorwärts und setzte sich schließlich
widerwillig in Trab. Kurz danach ritt der junge Mann auf seinem Gaul an meiner Seite. »Michael Anders«, stellte er sich vor und bot mir tatsächlich die Hand.
»Eddie LaCrosse, aber das weißt du wahrscheinlich.«
Er warf einen Blick zurück. Auch Ryans Männer hatten sich inzwischen auf die Pferde geschwungen und galoppierten wie ein Soldatentrupp die Straße entlang. Bald würden sie uns eingeholt haben. »Ich glaube, wir müssen aus der Stadt raus«, meinte Anders.
»Nein, folge mir.«
Die kräftige Stute hatte offenbar nichts dagegen, gleich hinter den Hafenanlagen mitten durch die Menschenmenge zu traben. Hier kamen wir zwar kaum von der Stelle, doch unseren Verfolgern erging es genauso. Aber unter all diesen Fußgängern fielen wir natürlich auf. Wie Baumstämme, die vom Ufer eines reißenden Stroms zurückgeworfen werden, prallten einige von meinem launischen Reittier ab. Manche unserer Verfolger stiegen von den Pferden ab und schoben sich durch die Menge auf uns zu, aber zu Fuß kamen sie auch nicht schneller voran.
»Wir müssen die Pferde loswerden«, sagte ich und steuerte auf eine Gasse zu.
»Kommt nicht infrage«, entgegnete Anders. »Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich dazu gebraucht habe, diesen großen Kerl zuzureiten!«
Jetzt war nicht die Zeit, sich mit ihm herumzustreiten, deshalb ritt ich einfach weiter, zwischen zwei Gebäuden hindurch, und hielt auf die
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