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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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es ja gerade. Du musst Ri gegenüber glaubwürdig sein, sonst wird dir auch kein anderer glauben.«
    »Wie lange wirst du fortbleiben?«
    »So lange, bis ich Antworten habe oder zumindest gezieltere Fragen stellen kann.« Mein Mitgefühl gewann die Oberhand. »Ich werde mich beeilen, Phil. Das verspreche ich dir.«
    Damit beendeten wir dieses Gespräch, tranken aber weiter. Irgendwann stolperten wir nach unten, umarmten einander weinselig und schwankten in unsere jeweiligen Zimmer. Da sich meines, sobald ich mich hinlegte, um mich zu drehen begann, tigerte ich lange Zeit auf und ab, um wenigstens so viel Alkohol zu verbrennen, dass ich einschlafen konnte.
    Doch ich schlich mich noch einmal hinaus und tappte auf wackeligen Beinen zur Galerie der Königlichen Porträts hinüber. Dort hingen seit Generationen Gemälde, die die Regenten Arentias und deren Familien zeigten. Ich wollte nur eines davon kurz anschauen, um zu sehen, ob meine Erinnerung ihr Antlitz veredelt hatte oder ob sie wirklich so reizend gewesen war.
    Da es mitten in der Nacht war, lag die Galerie natürlich im Dunkel, doch das Mondlicht drang durch die großen
Fenster und fiel auf die Gemälde an der gegenüberliegenden Wand. Ich hatte den Raum von der anderen Seite her betreten, wo die Ahnenreihe mit dem Porträt des legendären Staatengründers von Arentia, König Hyde, begann. Hastig ging ich zu den jüngsten Gemälden hinüber.
    Und dort fand ich sie. Das dunkle Haar, kürzer geschnitten, als es damals Mode war, umrahmte ein Gesicht, das noch ein wenig zu rund war, um als umwerfend schön zu gelten. Und dennoch war es das Schönste, das ich je gesehen hatte. Auch wenn sie, genau wie ich, fast noch ein Kind gewesen war, als man sie knapp zwei Monate vor ihrem Tod porträtiert hatte. Beide waren wir damals sechzehn Jahre alt gewesen und unserer Unsterblichkeit gewiss. Wegen des Mondlichts, das auf die Augen des Porträts fiel, kam es mir so vor, als wären sie lebendig und drückten das Vertrauen aus, das ich früher in ihnen gelesen hatte. Ein Vertrauen, das ich auf schlimmste Weise enttäuscht hatte. Es gab mir einen Stich ins Herz. Verdammter Mist, Janette , hätte ich am liebsten gesagt, ich hab wirklich alles versucht, was ich konnte. Heute würde mir das viel besser gelingen.
    Das Gemälde hing so weit oben, dass ich es nicht berühren konnte. Ich starrte es lange an, bewunderte, wie genau der Künstler ihr Lächeln und den im Übermut schräg geneigten Kopf eingefangen hatte. Und ihre spielerische Art, das Gewicht so auf die rechte Hüfte zu verlagern, als wollte sie gleich eine Balgerei anfangen. Wir hätten ein ganzes Leben lang Zeit für solche Dinge haben sollen, doch uns war nicht mal Zeit für eine einzige Balgerei geblieben.
    Schließlich schlief ich in meinem Zimmer in voller Bekleidung
ein und hatte den schlimmsten Traum, den ich je geträumt hatte. Janette rief laut um Hilfe, rief nach mir, damit ich sie rettete, doch die Männer, die sie später ermordet hatten, lachten mich nur aus. Einen ähnlichen Traum hatte ich seit Jahren nicht mehr gehabt. Eigentlich hatte ich gehofft, mein berauschter Zustand würde mir trotz der Begegnung mit Janettes Bildnis zu einem traumlosen Schlaf verhelfen.
    Tränenüberströmt fuhr ich aus dem Schlaf, doch zum Glück war niemand da, der es sah.

ELF
    Z wei Tage nach meinem Gespräch mit Königin Rhiannon brach ich noch vor der Morgendämmerung auf. Ich mischte mich unter die Männer, die frühmorgens die Abfälle abholten, schlich mich aus dem Palast und wartete eine Stunde lang an der Müllhalde außerhalb der Stadt ab, ob mir jemand gefolgt war. Mit welchem Gegner ich es auch zu tun haben mochte: Eindeutig hatte er die Möglichkeit, an vielen Fäden zu ziehen. Und ich wollte sichergehen, dass er meine Spur noch nicht gefunden hatte.
    Der Tagesritt auf meinem gestohlenen Gaul brachte mich fast bis zur Grenze Arentias, wo ich mein Nachtlager aufschlug. In dieser Nacht blickte ich zu den Sternen empor und stellte mir dabei vor, wie ein Pferd mit vor Schreck geweiteten Augen vom Himmel fiel und wie wahnsinnig mit den Beinen ruderte, während es zu Boden stürzte. Ich blickte zu meiner sturen, hochnäsigen Stute hinüber, die ich an einem Ast angebunden hatte. Die Vorstellung war so absurd, dass ich grinsen musste.
    Doch wenn man alles und jedes für möglich hielt, war es auch vorstellbar, dass Rhiannon in Gestalt eines Pferdes vom Himmel gefallen war und sich danach in eine schöne Frau verwandelt

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