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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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Solange der Stollen unter meinen Füßen schwankte, würde ich keine Leiter besteigen können.
    Ungeduldig stemmte Trudi die Hände in die Hüften. »Komm endlich!«, blaffte sie mich an. »Du hast heute mehr als Glück gehabt!«
    Am liebsten hätte ich mich an Ort und Stelle niedergelegt, doch mir war klar, dass ich das Bergwerk so schnell wie möglich verlassen und meine Arbeit wiederaufnehmen musste. Ich schüttelte den Kopf, um ihn endlich freizubekommen, was ich sofort bedauerte. Plötzlich merkte ich, dass die leise Stimme, die ich zu hören glaubte, keineswegs mein Gewissen war, das mich einen Schwachkopf schalt. Nein, es war die Stimme eines Kindes, das leise irgendetwas herunterleierte.
    Sie drang hinter einem Wandteppich hervor, der oberhalb der sich an dieser Stelle kreuzenden Gänge hing. Eben erst waren wir daran vorbeigekommen, aber wären wir nicht stehen geblieben, hätte ich diesen Vorhang gar
nicht bemerkt. Ich hob den schweren Stoff an: Dahinter lag ein winziger Nebenraum, ursprünglich wohl dafür gedacht, dass Bergleute zur Seite ausweichen konnten, wenn Karren mit Erz vorbeirumpelten. Er wurde von winzigen Kerzen erhellt, deren Lichtschein der dicke Stoff verborgen hatte. Der kleine Lockvogel, der mir so übel mitgespielt hatte, kniete vor einem Altar, die rundlichen Hände zum Gebet gefaltet. »Ich rufe dich an, Pferd Eponas mit der weißen Mähne, und bitte dich, dass mein Wunsch in Erfüllung gehen möge«, leierte das Mädchen herunter. Auf dem Altar lag ein einzelnes Hufeisen, und auf die Steinwand dahinter hatte jemand mit groben Strichen ein weißes Pferd gemalt.
    Trudi zerrte mich zurück. »Das hier geht dich nichts an!«, sagte sie barsch.
    »Da hast du recht. Also los.« Manche Lügen gehen einem schwerer als andere von den Lippen.
    Als ich einen Schritt vor Trudi trat, merkte ich, dass sie ein wenig zu lange hinter mir zurückblieb. Da ich zur Seite sprang, traf mich ihr Messer nicht, wie beabsichtigt, in den Unterbauch, sondern fuhr ziellos durch die Luft. Sofort holte ich aus und versetzte ihr einen Handkantenschlag zwischen die Augen. Das setzte sie vorübergehend außer Gefecht, sodass ihr das Messer entglitt und scheppernd auf dem Boden landete. Das Geräusch hallte laut wider; vermutlich würden bald einige der Kinder zu Trudis Verstärkung anrücken.
    Ich schleuderte sie gegen die nächste Wand – inzwischen war ich wirklich in Rage – und griff nach ihrem rechten Handgelenk. »Deine Gebieterin und ich hatten eine Abmachung, du hinterhältiges kleines Miststück«,
knurrte ich. »Hat sie dir etwa befohlen, auf mich loszugehen?!«
    »Nein«, erwiderte sie nur, zu benommen, um zu lügen.
    Ich bog ihren Ringfinger und den kleinen Finger so weit zurück, dass die Knochen knackten. Mit schreckgeweiteten Augen schrie sie laut auf. Damit sie bei Bewusstsein blieb und meine Worte verstand, versetzte ich ihr noch eine Ohrfeige. »Ich werde dich nicht töten«, erklärte ich. »Aber ich verschone dich nur deswegen, weil deine Herrin ehrlich mit mir war. Verhalte dich beim nächsten Mal wie eine gute Soldatin!« Danach stieß ich sie auf den Boden und stieg schnell die Leiter hoch. Diesmal langten keine kleinen mordlustigen Hände nach mir, um mich daran zu hindern.
     
    Nachdem ich mein Pferd abgeholt hatte, überquerte ich die Brücke, sobald sie für Reiter geöffnet war. Irgendwann fand ich die Stelle, an der Kathi und ich damals von der Straße abgebogen waren. Der größte Teil des Waldes war mittlerweile abgeholzt und den neuen Gebäuden von Poy Sippi gewichen. Trotzdem zog ich hier zwei Tage lang umher und suchte nach irgendeinem Hinweis, der mich zu dem alten Pfad führen würde. Als ich schon drauf und dran war aufzugeben, fand ich schließlich das Zeichen, das uns seinerzeit den Weg gewiesen hatte.
    Von diesem Zeichen und anderen hatte ich vor dreizehn Jahren nach dem Mittagessen in Poy Sippi erfahren. Damals hatten Kathi und ich die Brücke ohne irgendwelche Zwischenfälle überquert. Nachdem sich der Verkehr verteilt hatte, waren wir in dem dichten Waldgebiet untergetaucht, das rechts und links der großen Landstraße lag.
    Außer Sichtweite von Durchreisenden hockten wir uns hinter einen riesigen umgestürzten Baum und legten eine kurze Pause ein. Kathi trank einen Schluck Wasser aus ihrer Feldflasche und benutzte den Stamm als Rückenstütze. Das Sonnenlicht, das durch die Blätter drang, zauberte helle Flecken auf ihr Gesicht, und der leichte Wind spielte mit ihren

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