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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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eigentlich?«
    »Für jemanden mit meinem Aussehen gibt es nun mal nicht viele Arbeitsmöglichkeiten, deshalb hab ich gelernt, mich am Rande der Gesellschaft durchzuschlagen. Ich nehme Waisenkinder und Ausreißer bei mir auf und bringe ihnen das Überleben bei. Und den Jungs zeige ich auch, was es mit den Frauen auf sich hat, sobald sie alt genug sind, so wie Skoti. Es muss nur schön dunkel sein, dann können sie sich ausmalen, ich sei irgendein anderes Mädchen.«
    »Und du bist schon seit damals …«
    »Nein, vorher bin ich ein bisschen herumgekommen. Manche Leute haben mir geholfen, andere nicht. Ich hab mich hier niedergelassen, weil ich in diesen alten Bergwerken unterhalb der Stadt ein Schattendasein führen kann. Aus Gründen, die auf der Hand liegen, ist es mir lieber so.«
    »Verstehe.«
    Sie beugte sich ins Licht. Ihr Gesicht sah wirklich mitleiderregend aus, und die Narben verhinderten nahezu jedes Mienenspiel. »Warum bist du hier? Bitte sag mir die Wahrheit, ich verdiene es.«
    »Ich versuche, eine Spur zu Andras Reese zu finden.«
    »Du meinst also, es gibt ihn wirklich?«, flüsterte sie.
    »Möglich. Falls ja, dann ist letztendlich er für all das verantwortlich, was dir zugestoßen ist.«
    Sie hatte klare Augen von hellem Blau – die schönen Augen eines traurigen, gepeinigten Kindes. »Tötest du ihn, falls du ihn findest?«
    »Ja.« In Wirklichkeit wusste ich nicht, was ich dann tun würde, aber die Lüge kam mir wie eine winzige Entschädigung für das Leben vor, das man dieser Frau aufgezwungen hatte.
    Jemand klopfte an die Tür. »Komm herein«, sagte sie.
    Das Schankmädchen Trudi trat ins Licht, gefolgt von Skoti. »Ich muss zurück an die Arbeit und …« Als sie sah, dass ich nicht mehr gefesselt war, erstarrte sie.
    »Ruhig Blut«, sagte ich. »Wir sind alte Freunde.«
    »Er kann gehen«, erklärte die Narbige. »Begleite ihn hinaus, Trudi, ja?«
    »Aber er weiß doch über mich Bescheid«, erwiderte Trudi unwillig. »Über uns alle.«
    »Und ich weiß über ihn Bescheid. Er ist ehrlich mit mir gewesen. Es gibt keinen Grund, ihm was anzutun.«
    Trudi sah mich mit finsterer Miene an, während ich zu dem anderen Mädchen hinüberblickte. »Kann ich euch irgendwie unterstützen?«, fragte ich.
    »Wir brauchen deine Hilfe nicht«, gab Skoti scharf zurück.
    »Nein, wir brauchen sie wirklich nicht«, bestätigte die Narbige in milderem Ton. »Wir haben hier unsere Nische gefunden.«
    Ich wollte etwas einwenden, spürte aber, dass es vergebliche Liebesmüh war. »Vielleicht schau ich noch mal bei dir vorbei, falls ich je wieder in die Stadt komme«, sagte ich stattdessen. »Und falls ich Andras Reese aufspüre, wird er für das bezahlen, was er dir angetan hat – dir und allen anderen.«
    »Ausgenommen Epona! Epona hat keinen Anspruch auf Vergeltung!«
    »Wieso nicht?«
    »Weil sie uns belogen hat. Sie hat behauptet, sie sei … Nun ja, du warst ja da, also weißt du es. Und ich hab ihr geglaubt. Hab an sie geglaubt. Diese Verlogenheit war am schlimmsten für mich.«
    Ich nickte.
    »Komm schon«, drängte Trudi und fasste mich am Arm. Sie wollte die für sie peinliche Situation schnell hinter sich bringen, das war ihr deutlich anzumerken. »Ich zeig dir, wo deine Sachen liegen.«
    Skoti blieb bei der Narbigen. Er stellte sich beschützend neben sie und funkelte mich böse an, bis sich die Tür hinter mir schloss. Während mich Trudi durch den halbdunklen Stollen führte, der zu einem stillgelegten Bergwerk gehörte, hörte ich in der Ferne die Narbige das verdammte Lied singen, das mich noch in den Wahnsinn treiben würde: Sie machte ihn kaputt, den starken Tunichtgut. Denn er war wirklich böse, der alte Andras Reese.
    Das Schwert und meine sonstige Habe lagen auf einem Stapel an einer Biegung des alten Stollens. Ich schnallte
mir das Schwert um und zählte das Geld im Beutel nach. Es war alles noch da. Wie sich herausstellte, hatten sie nicht mal daran gedacht, meine Stiefel zu durchsuchen, und das Messer deshalb übersehen. Nun ja, sie waren ja noch Anfänger in ihrem Gewerbe.
    Als ich Trudi folgte, musste ich an manchen Stellen den Kopf einziehen. Schließlich fiel durch einen oberen Schacht Licht, sodass ich eine Leiter erkennen konnte, die zur Oberfläche führte. Immer noch pochte mein Kopf, hämmerte wie eine Trommel beim Erntefest. »Warte mal kurz«, sagte ich schließlich, lehnte mich an einen hölzernen Stützträger und zwang mich dazu, langsam und gleichmäßig zu atmen.

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