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Das Schwert des Liktors

Das Schwert des Liktors

Titel: Das Schwert des Liktors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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würde (gewiß durch Ertränken – an einem solchen Ort), mich einem hiesigen Ethnarchen auslieferte oder nach Thrax zurückschickte. Ich beschloß, mir das Leben zu nehmen, sollte sich mir Gelegenheit bieten, aber es schien ausgeschlossen, daß man mir eine solche einräumte, so daß ich vor Verzweiflung schier umgekommen wäre.
    Schließlich ging die Tür auf. Vom Licht, das nur aus einem düsteren Zimmer dieses Hauses mit seinen dicken Mauern einfiel, war ich wie geblendet. Zwei Männer zerrten mich hinaus, als hätten sie es mit einem Mehlsack zu tun. Sie hatten mächtige Bärte, also waren vermutlich sie es gewesen, die mir, als sie zu Pia und mir in die Stube stürmten, wie pelzbedeckte Tierköpfe vorgekommen waren. Sie stellten mich auf die Füße, aber meine Beine wollten mich nicht tragen, so daß sie notgedrungen meine Fesseln lösen und die Netze entfernen mußten, in die ich geraten war, während ich Typhons Netz entschlüpft war. Als ich wieder stehen konnte, gaben sie mir einen Becher Wasser und ein Stück Pökelfisch.
    Nach einer Weile kam der Hetman herein. Obschon er so wichtigtuerisch auftrat, wie er es als Amtsperson in diesem Dorf gewiß gewohnt war, vermochte er nicht zu verhindern, daß seine Stimme bebte. Warum er mich noch fürchten sollte, das leuchtete mir nicht ein, aber daß er mich noch fürchtete, war unverkennbar. Da ich nichts mehr zu verlieren hatte, befahl ich ihm als letzter Versuch, mich unverzüglich freizulassen.
    »Das kann ich nicht, Großmeister«, erklärte er. »Ich handle unter höherer Weisung.«
    »Darf ich erfahren, wer die Stirn besitzt, dir aufzutragen, so einen Vertreter deines Autarchen zu behandeln?«
    Er räusperte sich. »Befehl von der Burg. Mein Briefvogel trug gestern abend Euren Saphir dorthin, und heut’ früh traf ein anderer Vogel mit einem Zeichen ein, das bedeutet, wir müssen Euch hinbringen.«
    Zunächst dachte ich, er beziehe sich auf Burg Acies, wo eine der. Dimarchi-Schwadronen stationiert war, erkannte dann aber, daß man hier, gut vier Dutzend Meilen vom wehrhaften Thrax entfernt, kaum so vertraut davon spräche. Ich fragte: »Welche Burg ist das? Und verbietet deine Weisung, daß ich mich wasche, ehe ich dort erscheine? Und meine Kleider reinigen lasse?«
    »Dagegen spricht wohl nichts«, sagte er unsicher; dann zu einem seiner Männer: »Wie steht der Wind?«
    Der Angesprochene antwortete mit einem flüchtigen Achselzucken, dem ich nichts entnehmen konnte, obgleich es dem Hetman offenbar alles sagte.
    »Also gut«, erklärte er mir. »Wir können Euch nicht freilassen, waschen aber Eure Kleider und geben Euch zu essen, falls Ihr wollt.« Beim Gehen wandte er sich mit einer fast entschuldigenden Miene noch einmal um. »Die Burg ist nah, Großmeister, und der Autarch fern. Ihr versteht. Wir haben in der Vergangenheit viele Schwierigkeiten gehabt, aber nun herrscht Friede.«
    Ich hätte mich gern mit ihm auseinandergesetzt, aber er gab mir keine Möglichkeit. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß.
    Pia, die nun einen zerlumpten Kittel trug, kam kurz danach herein. Notgedrungen mußte ich es über mich ergehen lassen, von ihr entkleidet und gewaschen zu werden; allerdings konnte ich diese Prozedur dazu nutzen, ihr etwas zuzuflüstern; so bat ich sie, dafür zu sorgen, daß mein Schwert mitgenommen würde, wohin auch immer man mich brächte – denn ich hoffte, zu entkommen, und wenn ich dem Herrn der geheimnisvollen Burg alles gestehen und eine Waffenbrüderschaft mit ihm eingehen müßte. Wie sie mich überhört hatte, als ich vorschlug, das Gewicht ihrer Kette von einem Stück Holz tragen zu lassen, so verriet sie auch jetzt mit keiner Regung, mich verstanden zu haben; eine Wache oder so später, als ich, wieder angezogen, unter Aufbietung einer Parade zur Erbauung der Dorfschaft zum Boot geführt wurde, kam sie allerdings mit Terminus Est auf den Armen hinterhergelaufen. Der Hetman hatte diese erlesene Waffe offenbar behalten wollen und machte ihr ernste Vorhaltungen; ich konnte ihn jedoch, als ich an Bord gezerrt wurde, warnen, daß ich, sobald ich in der Burg wäre, denjenigen, der mich dort empfinge, von meinem Schwert in Kenntnis setzen würde, so daß er schließlich klein beigab.
    Das Boot war von einer Art, wie ich sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Der Form nach handelte es sich um eine Schebecke, schmal vorn und achtern, breit mittschiffs, mit einem langen, überhängenden Heck und einem noch längeren Bug. Jedoch war der flache

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