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Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Titel: Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Friedhofsmauer hinauf Richtung Sternwarte. Irgendwann in Hildchens Familienstammbaum musste es eine Horde rasanter Nomaden gegeben haben, etwas Beduinenartiges, Kameltreiber vielleicht, die dann nach Mitteleuropa vertrieben wurden. Wenn sie so weiterfuhr, dann würde sie direkt ins Grab fahren.
    Auf Höhe der Sternwarte bog das Hildchen dann plötzlich scharf nach rechts ab, und kurze Zeit später erreichte sie die Aussichtsterrasse Waldblick, die unmittelbar neben einer Reha-Klinik mit dem schönen Namen Waldruh lag. Wir waren hier irgendwie mitten im Wald mit schöner Aussicht gelandet. Auf dem Parkplatz, den sich die beiden Häuser teilten, schwang ich den Toyota in ihrer Nähe ab, und dann war ich gespannt, welche der beiden Institutionen sie wohl besuchen würde.
    * * *
    Die Aussichtsterrasse, auf der ich Hildchen schließlich fand, war gut besucht, das Publikum war alt und siech oder alt und krank oder einfach nur alt. Sogar im Freien roch es hier nach Pisse, ich war mit Abstand der Jüngste.
    Ich riskierte einen kurzen Rundumblick hinunter auf mein Wien, und was ich sah, gefiel mir: Irgendwo da unten musste wohl dieses Schönbrunn liegen, wo die Kaiserin wohnte, und irgendwo dort weiter drüben hüpften lustige weiße Pferde in einer Schule herum. Und dahinter, neben dieser Kirche mit dem hohen Turm, stand die Schlagobersdusche für die ganzen Japaner, die unseren Wohlstand sicherten. Und wenn man ganz genau hinhörte, dann konnte man sogar die Heurigenmusik aus Grinzing herüberhören. Mein Wien! Ich atmete ein paarmal kräftig durch. Frische Luft war der Freund jedes gelungenen Lebens, sie machte rosarote Lungen und glatte Haut. Ein paar rüstigen Damen schien meine neue glatte Haut zu gefallen, denn sie winkten mir mit ihren Gäbelchen neckisch zu. Ich zeigte ihnen den Finger, das würde die betagten Mädels vielleicht abschrecken. Sie machten aber nicht den Eindruck, im Gegenteil. Eine schob sich das Gäbelchen samt Strudel so genüsslich in den Mund, als habe sie noch nicht alles vergessen, was früher mal schön war in ihrem Leben.
    Hildchen war auch hier die Schnellste und nippte schon an ihrem Sprudel, während ich mich noch orientierte. Sie hatte einen Tisch gleich bei der Mauer, in bester Seniorenaussichtsterrassenlage. Es war nicht einfach, in ihrer Nähe ein Plätzchen zu finden. Doch wie oben bestellt, standen plötzlich drei Tische von ihr entfernt zwei Halbtote auf und machten sich auf zu einer langen und beschwerlichen Reise mit Krücken und mitgebrachtem Spucknapf. Gleichzeitig mit mir setzte sich eine Alte mit Rollator in Bewegung, die dasselbe Ziel anpeilte wie ich. Ich verlangsamte meine Schritte und ließ es wie eine knappe Entscheidung aussehen, zeigte dann aber keine Spur von Mitleid, als es in die Zielgerade ging und ich meinen Arsch kurz vor dem ihren auf den Sessel platzierte.
    „Erster!“
    Ihre Enttäuschung war groß, und ein paar Augenblicke lang war unklar, ob sie den Rückschlag überleben würde. Langsam hob sie ihren Stock, der auf dem Rollator lag, aber für einen Schlag fehlte ihr dann die Kraft, und bevor die Schnappatmung einsetzte, machte sie die Biege.
    Kaum hatte ich Platz genommen, rebellierten bei mir die Lungen, ich musste ein paarmal kräftig husten. Als endlich alles Grüne heraußen war, griff ich nach der Speisekarte. Sie war klassisch, es gab Strudel und Kaukau. Ich beliebte aus der Reihe zu tanzen und bestellte ein Großes und ein Kleines.
    „Ein großes und ein kleines was ?“, fuhr mich Frl. Christa an, ihr Name stand auf einem rosa Schildchen, das an ihrem vollen Dekolleté hing. Ich sagte: „Ein großes Bier gegen den Durst und ein kleines zum Trinken.“
    „Und den Apfelstrudel später?“
    „Sehr viel später!“
    Dann passierte nichts.
    Ich wartete und wartete, und während ich wartete, hatte ich genug Zeit und Muße, mal wieder einen Blick in die Gosse zu werfen. Die Gosse war ein Blatt mit neuem Konzept – von Vollidioten für Vollidioten. Jeder konnte dort seine Bildchen hinschicken und „Zeitung machen“, wie die das nannten, und irgendein schreibschwacher Idiot setzte dann seine Sprüche darunter: Türken sprechen immer seltener Deutsch oder Neue Mieter im Gemeindebau: Nur noch Türken! Dazu sah man jede Menge verwackelter Bildchen, die irgendwelche Türken dabei zeigten, wie sie ihre Hammel grillten oder ihren Mist neben die Mülltonne stellten. Der Gauleiter war in Form dieser Zeitung in die Stadt zurückgekehrt, und als Speerspitze bot

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