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Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Titel: Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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sie den Volksdichter auf, der sich „King of Ottakring“ nannte und dem für heute Folgendes eingefallen war:
    Der Türke mit dem großen Bart
    Fällt oft gänzlich aus der Art
    Schwängert ständig seine Frau
    Und auch die Ziegen liebt die Sau.
    Interessanter Typ irgendwie!
    Die Gosse las sich insgesamt wie die Vereinszeitung der „Feinde der Hammelkeule und des Sis-Kebab“, immer kriegten die Türken ihr Fett ab, und der King of Ottakring war mittlerweile sogar schon beliebter als die Glocken der blondierten Mädels, die früher mal den Absatz ankurbeln sollten.
    Wenigstens hier heroben aber war die Welt noch genau so, wie die Gosse sie haben wollte. Türken gab es nur auf den Klos, die sie putzen mussten, und vielleicht noch ein paar in der Küche, wo sie die klein geschnittenen Äpfel in den Strudel hineinsteckten. Im Service aber, wo auch das Auge mitaß, sah man keine Bimbos oder Kameltreiber, hier servierte Frl. Christa mit den strammen Waden in ihren Gesundheitsschuhen.
    Bald dachte ich, Hildchen würde hier einfach ihr Wässerchen trinken und dann wieder nach Hause fahren, vielleicht nahm sie sich nur ein paar Stunden Auszeit, bevor sie Herschel wieder die Windeln wechseln musste.
    Aber dann plötzlich Action.
    Durch die Hecke, die wohl die Grenze zwischen Reha-Klinik und Aussichtsterrasse markierte, zwängte sich ein Kerl in Pyjama und einem Morgenmantel darüber, beim Lulu war seine Hose ganz gelb. Jetzt erst sah ich andere, die sich ebenfalls durch die Hecke in die entgegengesetzte Richtung zwängten, nachdem sie ihre Ration Wiener Zucker zu sich genommen hatten. Manche blieben in der Hecke stecken, andere schoben sie durch, man half sich gegenseitig. Hier herrschte ein reger Grenzverkehr von und nach Zombieland. Dass sie alle durch die Hecke kamen und nicht über den regulären Eingang, ließ mich kombinieren, dass sie eigentlich gar nicht hier sein durften. Wahrscheinlich gab es da diesen Deal zwischen den Besitzern der beiden Häuser: Ihr da drüben mästet unsere Patienten, bis ihnen die Kabel durchbrennen, und wir herüben dürfen sie dann gegen gutes Geld wieder aufpäppeln. Ich konnte mir sogar vorstellen, dass die Klinik-Besitzer mit den Betreibern des Mehlspeisen-Tempels ident waren. Wie die Kühe gingen die Patienten im Kreis und wurden überall gemolken. Synergie ist das gute Tröpfchen, das unsere Wirtschaft am Laufen hält. Sollte Willi in Zukunft vielleicht Apfelstrudel zu seinen Pornofilmen servieren? Ich würde es ihm jedenfalls vorschlagen.
    Der neue Gast im Pyjama schaute sich um und entdeckte Hildchen. Er ging vorsichtig und angestrengt zu ihr hin, nicht locker-flockig wie die heißen Bikinischönheiten am Strand von Rio, sondern so, als hätte er ein paar ordentliche Meter Hämorrhoiden im Arsch und Angst, dass sie ihm herausfallen könnten. Von Frl. Christa verlangte er ein Pölsterchen, bevor er sich setzte, und er bekam es. Sie fragte nach der Bestellung, aber er deutete ihr: „Heute nüscht!“ Sie verschwand mit freundlichem Gruß, der neue Gast schien hier angesehen und beliebt zu sein.
    Als er an Hildchens Tisch Platz nahm, deutete nichts auf Erotik hin, es knisterte nur der Kies unter ihren Schuhen. Ich sah keine Hand auf dem Knie, kein Bussi hier, kein Bussi da, nicht einmal die Sonnenbrillen nahmen beide ab. Es wirkte eher so, als wollten sie inkognito bleiben. Und nur ich, Superschnüffler Rock Rockenschaub, wachte über diese heimliche Szene.
    Anstatt Blümchen oder Pralinés zur Begrüßung kramte der Kerl mit seinen dicken Fingern eine Wurstsemmel aus seiner Aktentasche heraus, die in Papier von Rotts Wurstwaren seit 1898 eingewickelt war. Er bot Hildchen einen Bissen an, aber sie steckte sich routiniert einen Finger in den Mund und tat, als müsse sie kotzen. Seine Wurst war ihr nicht ganz koscher. Da saß ein primitiver Klotz mit einer wahren Lady zusammen, und ich brauchte eine Weile, um zu kapieren, dass dieser grobe Klotz ja Rott, das braune Arschloch, selbst war.
    Mit freiem Auge war an ihm immer noch die ausgeprägte Solariumbräune erkennbar, die er sich zugelegt hatte, als er so etwas wie eine lokale Berühmtheit wurde, von der Gosse auf den Schild gehoben als Speerspitze seiner Türkenbelagerung – nein danke! Aber mittlerweile hatte sich darüber eine dicke Schicht Gelb gelegt, als wäre er über Nacht Chinese geworden, und seine Haut hing an ihm wie ein weiter, gelber Sack. Seit ein paar Wochen war es still um ihn geworden, und irgendwann in dieser Zeit

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