Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)
brav um Asyl angesucht. Und man durfte natürlich keinen Kebab zwischen den Zähnen haben, denn Fleisch hasste sie noch mehr als Rechtsextremisten!
Wenn man sie nach Porno-Maßstäben einordnete, dann würde man sie am ehestens als frustrierte Gemüsehändlerin besetzen, die im Winter mal die Koffer packt und sich nach Kenia aufmacht, wo sie sich von ein paar ordentlichen Holzfällern nageln lässt, die im All-inclusive-Club als Tellerwäscher arbeiten, Hauptsache bedürftig. Veggie Amateurs oder so hießen diese Filme dann, keine Renner im Regal, aber eine Art Nischenprodukt für die ganzen frustrierten Anfangsvierzigerinnen, die sich noch dringend ein Kind wünschen, aber nicht recht wissen, wie sie einen finden sollen, der ihnen eines macht.
Ich fragte Lemmy: „Verdammt, wofür brauchst du denn diesen Tee überhaupt, ich hab’ dich noch nie pissen gesehen!“
Er aber schaute mich nur mit seinen verschlafenen Kifferaugen an und sagte leise: „Bitte!“
Und wenn er mich so anschaute, dann konnte ich ihm immer nur schwer etwas abschlagen.
Lemmy war auf Silke aufmerksam geworden, als sie mal bei einer Veranstaltung „Multikulti – Chance oder Gefahr?“ im Café Club Multikulti, das neben Rotts Wurstwaren seit 1898 lag und das Mekka für alle politisch korrekten Biersäufer und Wickelrockträgerinnen war, mit einem Bauchladen ihr Tee-Zeug verkaufte und nach möglichen Vätern für ihr Kind Ausschau hielt, während er selbst dort sein Gras-Zeug unter die Leute brachte und nach geilen Bräuten Ausschau hielt. Lemmy war schon immer auf der Suche nach der one and only gewesen, nach dem, was früher Linda für Paul war oder Yoko für John. Aber er tat sich natürlich auch seit jeher ausgesprochen schwer mit den Frauchens. Zwar konnte er gut zuhören, aber am liebsten Herrn Kilmister von Motörhead und Slash von den Guns N’Roses. Die Frau, die Motörhead hörte und auf einen Typen stand, der Luftgitarre spielte, musste aber schon sehr speziell veranlagt sein, denn sie sollte dann möglichst auch noch kochen können wie Jolanda drüben im Hard & Heavy und ihm immer dann, wenn ihm alle heiligen Zeiten mal einer stand, weil er gerade irgendwo eine Prise Speed aufgetrieben hatte, einen blasen.
Silke hatte genau das Hippiemäßige, auf das Lemmy irgendwie abfuhr, sie hatte überall Haare, und Lemmy gefiel das, wenn sich eine nicht rasierte: „Warum soll sie sich rasieren? Ich rasiere mich ja auch nicht!“ Haare erinnerten ihn an Höhlen und Lagerfeuer und ein gut gebratenes Mammut-Steak, und nach dem Steak sollte es mit der Mutti schnell in die Heia gehen. Es war also eine Art urzeitlicher Instinkt, der da bei Lemmy durchschlug, und er verliebte sich in sie.
Bald ging er jeden Tag zu ihr in ihren Laden, sie saß hinter ihrer Handkassa und rauchte das Zeug, das Lemmy ihr verkaufte und das sie an irgendwas mit Goa und Sonnenuntergängen denken ließ. Und dann schaute sie einen mit ihren Augen, die sich so komisch im Kreis drehten, an und hielt einem immer irgendwelche Unterschriftenlisten entgegen und sagte: „Hey, unterschreib doch mal hier gegen dieses und jenes!“
Ganz schön durchgeknallt, die Alte, aber noch nicht ganz unsympathisch!
Doch als Lemmy bei ihr mit dem Wunsch vorstellig wurde, seinen Genpool an sie weitergeben zu dürfen, beschied sie ihm brüsk im Stil eines turbokapitalistischen Arschlochs:
„Ich mag dich als Dealer, aber als Lover – nö danke!“
Und seither schickte er mich um seinen Blasentee, denn es gab wenig, was für einen alten Kiffer verletzender war als die Abfuhr einer runzeligen Müslischlampe um die vierzig, die selbst keinen mehr abkriegte, aber noch dringend ein Kind wollte. Und das möglichst nicht von einem okayen Typen aus der Gegend wie Lemmy, sondern von so was wie Burt Lancaster oder weiß der Teufel von wem.
Als wäre sie verdammt noch mal selbst Linda Lovelace gewesen!
* * *
Ich ließ den Ferrari in der Garage (von einem, der ihn sich leisten konnte). Stattdessen stieg ich wieder in den Überwachungstoyota und fuhr damit zu Manni. Ich tankte voll, querte den Gürtel und ruckelte die paar Straßen hinauf in die Josefstadt, hinter der Straßenbahn mit der schönen Bezeichnung J-Wagen her. Die Josefstädter Straße war nicht der Cielo Drive in Beverly Hills, aber sie hatte immerhin eine Straßenbahn. Neben dem Theater blieb ich im Halteverbot stehen. Es gab ein Gehupe und Geschrei, und es fielen Worte, die man in einer so feinen Gegend selten hörte: „Reg dich
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