Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)
geringfügig anders aus als früher, aber immer noch richtig scheiße.
Alles gute Gründe jedenfalls, einen weiten Bogen um diese Frau und ihren Laden zu machen. Aber jetzt kurvte ich auftragsgemäß durch das Einbahnengewirr, parkte den Überwachungstoyota in zweiter Spur und ging an ein paar schwarzen SUV s vorbei, die hier neuerdings auch überall herumstanden, die paar Schritte hinüber zu ihrem Geschäft, geduckt und schnell. Denn jeder konnte einen sehen, wenn man da reinging, und man war dann so schnell als Teetrinker verschrien!
Gleich bei der Tür schlugen mir Windhölzer gegen den Kopf, die dort von der Decke hingen und das liebliche Geklimpere asiatischer Gebete in Gang setzten, klimp, klimp, klimp. Als wäre halb Asien hierher gezogen! Oder jedenfalls der Teil, der gerne meditierte.
Es duftete. Ich ging nach vorne zur Kassa und blieb in der Rangordnung hinter einer Fettärschigen hängen, die da mit ihrem kleinen Leopold vor der Kassa wartete. Ich schob die Lady von hinten ein bisschen an und sagte: „Na, wie läuft’s denn so?“
Diese fetten Mütter hatten ja oft Sehnsucht nach körperlicher Nähe, weil der Alte zuhause mit seiner schwarzen Brille auf der Nase sie wegen dem ganzen Fett, das sie nach der Geburt nicht mehr runterkriegten, nicht mehr anfasste, da waren sie empfänglich für eine charmante Ansprache.
Wir hatten aber dann gar keine Gelegenheit, uns näherzukommen, weil wir uns sofort in die Haare kriegten, als ihr quengelndes Kind mir plötzlich mit den bananenverklebten Händen an die Hose fasste. Ich sagte: „He! Flossen weg!“
Und die besorgte Mutti meinte: „Na hallo! Wie soll sich denn mein Kind entfalten können, wenn Sie es am Entdecken der Welt hindern?“
Ich sagte: „Ist nicht die Welt! Ist meine Hose!“
Der Rotzlöffel war dann plötzlich verschwunden, und ich war wieder mal echt froh, dass ich in einer oberflächlichen Beziehung mit einer extrem heißen Nutte lebte.
Endlich kam Darjeeling-Silke selbst von hinten aus dem Lager nach vorne und hatte den Stilltee dabei, den die Fette dringend brauchte, so wie Lemmy dringend seinen Blasentee brauchte. Über ihrer Kassa hing ein Kalender mit Sprüchen, und der für heute ging so: „Jeder Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag.“
Silke musste aber heute schon irgendwann gelächelt haben, denn als sie mich sah, lächelte sie nicht. Und mir verging das Lachen, als sie sich zur Seite drehte und ich unter ihrem Sackkleid ein kleines, süßes Bäuchlein sah, das sie stolz ihrer Freundin zeigte, und – heilige Scheiße! – jetzt ging es aber richtig los: „Nun sag mal, Silke, wann ist es denn bei dir so weit?“
„Ach! Der Termin ist erst um Weihnachten herum ...“
„Nein! Dann wird es ein Christkind?!“
„Jaaa! Aber es kann bei mir natürlich auch schon viel früher so weit sein, weil es ja eine Risikoschwangerschaft ist und der Doktor gesagt hat, dass ...“
„Ja, ja, natürlich, natürlich! Meine Güte, ich freu’ mich ja soooooo für dich, ich freu’ mich ja sooooo! Und wie geht es ihm damit, wie hat er es aufgenommen?“
Ich tippte mal, dass der „er“ ihr Stecher war, der das Schlamassel in Silkes Bauch letztlich angerichtet hatte. Der freute sich jedenfalls auch soooo, denn Silke sagte: „Der freut sich ja auch sooo!“
Man fühlt sich als Mann selten überflüssiger, als wenn zwei Mutterkühe beisammen stehen und über die wachsende Frucht in ihrem immer fetter werdenden Leib reden. Aber man macht sich erst recht keine Vorstellung davon, was es für einen Mann bedeutet, so ein Gespräch wegen einer Packung Blasentee unterbrechen zu müssen. Nichts kommt einem schwerer über die Lippen, als in so einer Situation „Ähem, bitte eine Packung Blasentee!“ zu sagen. Beide schauten mich sofort an, als würde ich schon wieder Windeln tragen, und Silke fragte sofort mit einem Schuss Häme: „Ist er für deinen Freund?“
„Äh, ja.“
Dann lachten sie, als gäbe es nichts Witzigeres als einen Mann mit einer schwachen Blase.
Plötzlich stand aber der Leopold, der ja kurz verschwunden war, wieder bei meiner Hose, und jetzt lachte ich. Dem Leopold hing nämlich ein Wurstrad aus dem sabbernden Mund heraus, und ein weiteres schob er sich gerade hinein. Er musste unbeaufsichtigt ins Feindesland hinüber zu Rotts Wurstwaren geraten sein und hatte sich dort ein Leckerli geholt. Jetzt war er natürlich gut gelaunt und glücklich, und das vermutlich das erste Mal in seinem Leben. Endlich mal nicht an den
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