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Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Titel: Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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bleiben und ernährte sich von Weed.
    Als wir wieder vorne Platz genommen hatten, deutete Lemmy auf meinen Arm und sagte: „Du siehst ja aus wie eine verdammte Rothaut!“
    Ich sagte: „Tja.“
    Irgendwie verloren wir uns alle in einem bunten Völkergemisch – Weiße wurden zu Roten, Braune zu Gelben. Und ich hatte gerade eine neue Spezies Außenseiter in der Gegend kreiert, mal sehen, wer mir als Erster ins Gesicht brüllte: „Geh zurück nach Hause, du rote Sau! Du gehörst nicht hierher!“
    Ich fragte: „Hast du vielleicht mal eine Creme oder so was für mich?“
    Er sagte: „Ich hab’ Fußbalsam.“
    Es hätte mich irgendwie gewundert, wenn Lemmy seinen Fußbalsam für die eigenen Füße verwendet hätte, aber das tat er auch nicht. Er verteilte ihn vielmehr überall in seinen Räumen, um durch den intensiven Geruch die Schnüfflerhunde der Finanz zu verwirren, falls die mal zu ihm kamen und wissen wollten, womit er genau sein Geld verdiente. Er sagte: „Ist besser als Schuhpasta!“, mit der man früher die Schnüfflerhunde verwirrte.
    Als ich den Balsam auftrug, kühlte er immerhin. Als Dank sagte ich ihm endlich, dass Darjeeling-Silke schwanger war und dass ich sogar ungefähr wusste, wie der Kerl aussah. Ich hätte dann eine Art dramatischen Zusammenbruch von ihm erwartet, weil er ja zum Dramatischen neigte und Silke nun endgültig für ihn verloren war. Aber Lemmy blieb gelassen wie einer, der eine kleine türkische Maus da hinten in seinen Anbaugebieten liegen hat, die ihm nie mehr davonlaufen kann.
    Ich schnappte mir die Gosse , drehte und wendete sie und sah mir noch einmal die Schlagzeile des Tages an:
    Skandal! Türke schlägt Rott tot!
    Ich fragte Lemmy: „Was fällt dir dazu ein?“ Er sagte: „Das ist ein astreiner Scoop, Alter, astrein!“
    Die Frage musste erlaubt sein: „Ein was?“
    Lemmy war ja früher selbst mal bei einer Zeitung gewesen, daher kannte er sich mit Zeitungen irgendwie aus. Auch wenn Zeitung vielleicht ein zu großes Wort war, wenn man vom New Music Chronicle sprach, den Lemmy früher mal zusammen mit seinem Kumpel Charly gemacht hat. Die beiden gingen in ihre Stammhütte, tranken dort ein paar Bierchen, hörten ein paar Stunden lang Musik, rauchten ein paar Joints, und nachts schrieben sie über den Scheiß, den sie sich anhörten oder bei Konzerten anschauten. Sie kopierten das Geschriebene, hefteten es zusammen und nannten es New Music Chronicle . Dann legten sie es in den einschlägigen Kellerlokalen auf, in denen heute noch ein paar übrig gebliebene, schwarz gekleidete alte Säcke herumhingen und in der Nase bohrten, die vor dreißig Jahren schon schwarz gekleidet dort herumhingen und in der Nase bohrten, nur waren die Haare damals noch nicht so grau. Dichter und Möchtegerndichter allesamt, Schreiberlinge und Möchtegernschreiberlinge. Der New Music Chronicle war also die erste Gratiszeitung, wenn man so will, noch lange vor der Gosse .
    Lemmy sagte: „Du glaubst doch nicht, dass da gestern jemand zufällig vorbeikam und sein Telefon zückte, als der Türke dem Rott das Licht ausblies. Dann hätte der schon verdammt großes Glück gehabt, und die Gosse hätte ein noch viel größeres verdammtes Glück gehabt, dass derjenige dann ausgerechnet ihnen die Fotos geschickt hat und nicht etwa der verdammten Konkurrenz.“
    Das war mal ein interessanter Ansatz, ich fragte: „Du meinst also, die Gosse hat den Türken dort hingeschickt, um Rott kaltzumachen, und sie haben es gleich selbst fotografiert?“
    Er sagte: „Keine Ahnung, Alter! Aber ich sag’ dir mal was! Wenn wir früher im New Music Chronicle eine Story zum Beispiel über die besten Schlagzeugsoli von 1982 bis 1984 gemacht haben, dann haben wir eine Story über die besten Schlagzeugsoli von 1982 bis 1984 gemacht, nur die harten Fakten, sonst nichts. Dieser Typ vom New Music Express aber, dieser Hans-Peter ...“
    „Hans-Peter?“
    „Ja, Hans-Peter irgendwas. Der hat sein Blättchen natürlich damals schon in Farbe kopiert und nur über Weiber und Sex und Rock-’n’-Roll-Orgien und ‚Mick Jagger in Wien gesehen!‘ und so einen Scheiß geschrieben, was natürlich alles erstunken und erlogen war, aber die Leute wollen immer das lesen, was erstunken und erlogen ist, und Hauptsache bunt wie diese Scheiß- Gosse hier, darum geht es! Du musst einfach bunt sein, sonst gibt es dein Käseblatt nur zwei Ausgaben lang, verdammt!“
    Bitterer Nachsatz: „So wie meines.“
    Ich sagte: „Das tut mir ehrlich

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