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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Neubesetzung des dritten Amtes vorliegen«, sagte die Hofmeisterin Amandra an Eluir, eine ältere, energische Dame, die am Kopfende der Tafel saß. Ihr oblag es, für die Etikette zu sorgen und für das gesittete Gespräch, eine Aufgabe, die des Monarchen selbst unwürdig gewesen wäre.
    Kaiser Aredrel hatte seinerzeit mit an dem langen Tisch gesessen, inmitten seiner Hofräte und der Erzämter. Der Kaiser hatte in der Mitte einer Längsseite Platz genommen, die Mitglieder des Rates hatten sich ihrem Rang entsprechend auf die anderen Plätze verteilt.
    Aruda hatte erkannt, dass bei dieser Sitzordnung der hünenhafte Kanzler zu ihrer Rechten sitzen würde und sie in dessen Schatten fast verschwinden musste. Also hatte die neue Kaiserin an der Längsseite des Tisches ein Podest für ihren Thron aufbauen lassen, drei Schritte vom Rest der Versammlung entfernt.
    Das hatte zur Folge, dass die Räte, die auf derselben Seite des Tisches saßen wie die Kaiserin   – was im Grunde als die höherwertige Seite galt   – mit dem Rücken zu ihr saßen. Aruda auf ihrem Podest saß ihnen buchstäblich im Nacken, und sie mussten den Kopf wenden, um ihre Monarchin anzusprechen.
    »Sowohl der Metropolit der Stadt wie auch der Legat haben Kandidaten benannt«, fuhr Hofmeisterin an Eluir fort. »Es wäre klug, wenn wir einen Kompromiss finden würden, der keine der beiden Seiten bevorzugt.«
    Aruda hob die Hand. »Das trifft sich gut. Ich habe bereits einen Kaplan für die Hofkapelle im Sinn, der weder der Kirche der Stadt nahesteht noch dem König in Barratain.«
    »Ihr habt einen eigenen Vorschlag?« Hofrätin an Cradir schaute verblüfft zu dem Podest auf. Sie war eine ältliche Frau, deren Gesicht Meris vorkam wie das einer bemalten Puppe, doch all die Schminke konnte die grauen Strähnen im Haar und den bitteren Zug um die Mundwinkel nicht verbergen.
    »Ich habe mich schon entschieden«, sagte Aruda. »Ich möchte, dass Schwester Alma meine neue Erzkaplanin wird.«
    Überraschtes Gemurmel erhob sich am Tisch.
    »Wer?« Gisli von Klarenbach, der erste Magister und Berater der Kaiserin, wühlte aufgeregt in dem dicken Stapel Papier, den er vor sich auf dem Tisch liegen hatte.
    »Eine einfache Schwester?«
    »Alma?« Hofrat an Efforel grinste breit.
    Die Hofmeisterin gebot Ruhe.
    Aruda fuhr fort: »Schwester Alma ist derzeit Priesterin einer Waldkapelle nahe des Sommersitzes meines Vaters. Sie betreut die Köhler und die Waldarbeiter und ein kleines Dorf auf der anderen Seite des Forsts. Ich habe sie bei einem Ausritt kennengelernt, und sie ist   … nett.«
    Dem verwirrten Gemurmel folgte ein Schweigen, das mit jedem Augenblick lastender wurde.
    »Eure Majestät«, wandte Hofmeisterin an Eluir ein, »es geht um die Besetzung eines Erzamtes. Es gibt da   … Präferenzen und priesterliche Ränge.«
    »Es geht um die persönliche Seelsorge der Kaiserin«, sagte Aruda. »In meiner privaten Kapelle will ich eine Priesterin,mit der ich reden kann. Die Geistlichen in der Hauptstadt mit ihren Rängen und Präferenzen hatten achtzehn Jahre lang Gelegenheit, mein Vertrauen zu gewinnen, und sie haben es nicht geschafft. Schwester Alma hingegen hat bewiesen, dass sie sich um meine Seele sorgt.«
    »Diese Frau ist nicht einmal von Stand!«, rief Hofrat von Luringen.
    »Hofrat«, mahnte die Hofmeisterin ihn, auch wenn die Zurechtweisung ungewohnt matt wirkte. »Achtet auf Euren Ton.«
    »Allerdings«, wandte Hofrat an Gontaron ein. »Wie könnt Ihr einer geweihten Priesterin des Allerhöchsten den Stand absprechen?«
    Seine Familie datierte ihren Titel bis in die Zeiten des Alten Reiches zurück, darum verwies er gern auf die traditionellen Werte. Was vermutlich damit zusammenhing, dass auch seine Grafschaft längst nur noch eine Legende war.
    »Ihr wisst genau, wie ich das meine«, erwiderte von Luringen hitzig. »Diese Dorfkirchen sind einfach bäuerlich. Die Priester, die dort dienen, haben keine Familie.«
    »Wie könnt Ihr es wagen?«, entrüstete sich Hofrat an Efforel. »Viele meiner Verwandten stehen einer Dorfkirche vor!«
    »Das kann man nicht vergleichen«, warf die Hofrätin an Cradir ein. »Wie viele dieser Verwandten Eurer Frau haben die Kirche, der sie vorstehen, denn schon einmal von innen gesehen?«
    Ihre Lippen kräuselten sich in einem spöttischen Lächeln. Jeder wusste, dass an Efforel sein Amt gekauft hatte und den fürstlichen Namen allein seiner Frau verdankte, und viele der wohlhabenderen Dorfkirchen wurden als

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