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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Pfründe von Priestern bei Hofe benutzt. Diese Geistlichen kassierten die Einnahmen ihres Kirchspiels, aber die Seelsorge vor Ort überließen sie schlecht bezahlten Aushilfspriestern.
    Aruda streckte die Hand zur Seite. Auf ihre Geste hin trat Dauras einen Schritt vor. Aruda gewann an Sicherheit, als sie die Gegenwart ihres Leibwächters spürte. Sie hatte Dauras und auch Meris als Vertraute mit in die Versammlung genommen. Jetzt standen die beiden links und rechts vom Thron.
    Meris fühlte sich fehl am Platze in der Gesellschaft der Großen des Reichs. Da war niemand, der ihr Rückhalt gegeben hätte.
    Sie sah auf die Ratsmitglieder hinab, und ihr Blick begegnete dem des Hofrats. Ennod von Reinenbach, ihr früherer und Jetzt-nicht-mehr-ganz-Vorgesetzter saß auf der »schlechten« Seite des Tisches, wie bereits unter dem alten Kaiser. Formal zeigte das in der Sitzordnung einen niederen Rang an, doch damit saß er, damals wie heute, dem Herrscher unmittelbar gegenüber.
    Meris schlug die Augen nieder und versteckte sich hinter der wuchtigen Lehne des Thronsessels.
    Aruda legte die Hand über die Seitenlehne, sodass sie die Kutte des blinden Schwertkämpfers am Handrücken spürte. »Meine Entscheidung steht fest«, verkündete sie. »Alma von   … wie auch immer ihre Kirche heißt. Ich werde sie als Erzkaplanin an meine Seite holen.«
    Arnulf von Meerbergen, der alte und neue Erzkanzler des Reiches, erhob sich von seinem Platz. Seine riesige Gestalt mit dem wallenden roten Haar schien selbst die Kaiserin auf ihrem Podest zu überragen. Sein feines Wams aus Samt spannte über dem muskulösen Brustkorb. Er beugte das Haupt. »Dann soll es so sein.«
    Er setzte sich nicht wieder hin. »Ich möchte den nächsten Punkt auf der Tagesordnung ansprechen. Angesichts des drohenden Krieges müssen wir die Versorgung der Hauptstadt sichern. Ich will den Antrag stellen, dass die Kaiserin mir ihreLegion zur Seite stellt. Mit der Unterstützung der Soldaten möchte ich in den kommenden Dekaden alle Getreidevorräte in sichere Silos verlegen und unter die Kontrolle des Hofes bringen.«
    »Majestät. Auf ein Wort.«
    Meris fuhr herum. Gerade hatten sie, Dauras und Meris das Ratszimmer verlassen, und eine Wache an der Tür hätte eigentlich verhindern sollen, dass jemand ihnen auf dem Weg in die privaten Räumlichkeiten der Kaiserin folgte.
    Dennoch war der Kanzler nun hier.
    Dauras wollte sich ihm in den Weg stellen, doch Aruda bedeutete ihm, den Kanzler näher treten zu lassen.
    »Was wollt Ihr, Kanzler?«, fragte Aruda.
    »Ich möchte mit Euch darüber sprechen, wie Ihr die Posten in Eurer Umgebung besetzt.«
    »Wenn Ihr glaubt, Ihr könnt mir unter vier Augen einen anderen Erzkaplan einreden   …«
    Der Kanzler winkte ab. »Ihr habt Eure Entscheidung in dieser Sache getroffen. Ich akzeptiere das. Mir geht es um das Grundsätzliche und um die Zukunft.«
    Er musterte Dauras, dann glitt sein Blick weiter zu Meris.
    »Der alte Kaiser brachte seinen Hauptmann und seinen Mundschenk mit in den Rat. Ihr habt heute zwei einfache Dienstleute an Eurer Seite gehabt. Das Amt des Erzkaplans war nicht das Einzige, was den Rat beunruhigt hat.«
    »Ich bin nicht mein Vater«, sagte Aruda. »Und ich habe auch Euch wieder in Euer Amt eingesetzt. Mir scheint also, Ihr habt wenig Grund, Euch über die Wahl meiner Gefolgsleute zu beklagen.«
    »Es ist nicht meine Absicht, mich zu beklagen«, erwiderte der Kanzler. »Ich biete Euch nur meinen Rat an, wie es diePflicht eines Kanzlers ist. Als Ihr mich in mein Amt berufen habt, da konnte ich gleich eine ganze Anzahl meiner alten Freunde und Verbündeten mit an Eure Seite bringen. Ihr werdet das noch nützlich finden.
    Aber diese anderen Vertrauten, mit denen Ihr Euch umgebt   … Die sind allein hier im Palast, und Ihr macht Euch wegen ihrer bloßen Gegenwart nur noch mehr Feinde. Es ist gut, wenn man einfache Dienstleute hat, auf die man sich verlassen kann   – auf den Posten, die für sie angemessen sind. Doch Ihr dürft deswegen die Großen bei Hofe nicht übergehen.«
    »Darum habe ich Euch berufen«, sagte Aruda. »Damit Ihr für die Treue der Großen zur Krone sorgt.«
    »Und das tue ich, Majestät. Nicht zuletzt, indem ich Euch sage, was dafür nötig ist. Wenn Ihr wollt, dass die Fürsten an Eurer Seite stehen, müsst Ihr sie auch an Eure Seite holen. Das Amt des Erzkaplans beispielsweise: Indem Ihr es an eine liebe Freundin gebt, versäumt ihr zugleich die Gelegenheit, über dieses Amt

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