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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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war, schickte sie Akio mit einem Auftrag weg. Sie schien älter zu sein als die anderen und eine gewisse Autorität auszuüben.
    Sie sagte mir sofort, was ich so gern hören wollte. »Ich bin gestern Abend zum Gästehaus gegangen und es ist mir gelungen, mit Lord Otori zu sprechen. Er war erleichtert zu hören, dass du unverletzt bist. Seine größte Angst war, dass du von den Tohan gefangen und ermordet worden sein könntest. Er hat dir gestern geschrieben in der Hoffnung, du könntest den Brief eines Tages bekommen.«
    »Hast du den Brief?«
    Sie nickte. »Er gab mir noch etwas für dich. Ich habe es im Schrank versteckt.«
    Sie schob die Tür des Schranks auf, in dem das Bettzeug verwahrt wurde, und holte unter einem Deckenstapel ein langes Bündel hervor. Ich erkannte das Tuch: Es war ein altes Reisegewand von Shigeru, vielleicht dasselbe, dass er getragen hatte, als er mir in Mino das Leben rettete. Yuki legte es mir in die Hände, und ich hielt es ans Gesicht. Etwas Festes war hineingewickelt. Ich wusste sofort, was es war. Ich faltete das Gewand auseinander und nahm das Schwert Jato heraus.
    Ich glaubte vor Gram zu sterben. Jetzt flossen Tränen - ich konnte sie nicht zurückhalten.
    Yuki sagte sanft: »Sie müssen unbewaffnet zur Hochzeit ins Schloss. Er wollte verhindern, dass das Schwert verloren geht, wenn er nicht zurückkehrt.«
    »Er wird nicht zurückkehren«, sagte ich; die Tränen strömten.
    Yuki nahm das Schwert, packte es wieder ein und versteckte es im Schrank.
    »Warum tust du das für mich?«, fragte ich. »Bestimmt bist du ungehorsam gegenüber dem Stamm.«
    »Ich bin aus Yamagata«, antwortete sie. »Ich war dort, als Takeshi ermordet wurde. Die Familie, die mit ihm starb - mit ihren Töchtern wuchs ich auf. Du hast gesehen, wie es in Yamagata ist, wie sehr die Menschen Shigeru lieben. Ich bin eine von ihnen. Und ich glaube, Kenji, der Mutomeister, hat euch beiden Unrecht getan.« In ihrem Ton lag eine Herausforderung, die fast an ein zorniges - und ungehorsames - Kind erinnerte. Ich wollte sie nicht weiter befragen. Ich war nur unendlich dankbar für das, was sie für mich getan hatte.
    »Gib mir den Brief«, sagte ich nach einer Weile.
    Shigeru war von Ichiro unterrichtet worden, und seine Schrift war, wie die meine sein sollte, kühn und fließend: Takeo, ich bin überaus glücklich, dass du in Sicherheit bist. Es gibt nichts zu verzeihen. Ich weiß, dass du mich nicht betrügen würdest, und ich wusste immer, dass der Stamm versuchen würde, dich zu holen. Denk morgen an mich.
    Der Hauptbrief folgte…
    Takeo, aus irgendwelchen Gründen konnten wir mit unserem Spiel nicht weitermachen. Ich bedaure viel, aber der Kummer, dich in den Tod geschickt zu haben, bleibt mir erspart. Ich glaube, dass du beim Stamm bist, dein Schicksal entzieht sich deshalb meinem Einfluss. Doch du bist mein Adoptivsohn und mein einziger gesetzlicher Erbe. Ich hoffe, dass du eines Tages dieses Erbe antreten kannst. Sollte ich durch Iidas Hände sterben, bist du beauftragt, meinen Tod zu rächen, ihn aber nicht zu betrauern, denn ich glaube, dass ich im Tod mehr erreichen werde als im Leben. Ich bitte dich außerdem, dich um Lady Shirakawa zu kümmern.
    Eine Verbindung aus einem früheren Leben muss die Stärke unserer Gefühle bestimmt haben. Ich bin froh darüber, dass wir uns in Mino begegnet sind. Ich umarme dich.
    Dein Adoptivvater Shigeru.
    Darunter war sein Siegel.
    »Die Otorimänner glauben, dass du und der Mutomeister ermordet wurden«, sagte Yuki. »Niemand glaubt, du seiest freiwillig gegangen. Ich hatte das Gefühl, das würdest du gern wissen.«
    Ich dachte an sie alle, die Männer, die mich geneckt und verwöhnt, unterrichtet und ertragen hatten, die stolz auf mich gewesen waren und immer noch das Beste von mir hielten. Der sichere Tod stand ihnen bevor, aber ich beneidete sie, denn sie würden mit Shigeru sterben, während ich von diesem schrecklichen Tag an dazu verdammt war zu leben.
    Jedes Geräusch von draußen ließ mich zusammenzucken. Einmal, kurz nach Mittag, glaubte ich in der Ferne Schwertergeklirr und Männergeschrei zu hören, aber niemand kam und teilte mir etwas mit. Eine drückende und unnatürliche Stille breitete sich über der Stadt aus.
    Mein einziger Trost war der Gedanke an Jato, das versteckte Schwert in Reichweite. Oft war ich an dem Punkt, das Schwert zu packen und mir einen Weg aus dem Haus freizukämpfen, doch Shigerus letzte Botschaft mahnte mich zur Geduld. Zorn war dem

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