Das Schwert - Thriller
hatte.
»Ihr kommt spät«, sagte sie, als sie die Tür öffnete. »Ich begann mir schon Sorgen zu machen.«
Er küsste sie leicht auf den Mund, und sie ließ die Zungenspitze zwischen seinen Lippen spielen.
»Ich hatte eine Verabredung«, erklärte er. »Ich habe mich mit jemandem getroffen, und das hat länger gedauert als erwartet. Es war wichtig. Und auf der Heimfahrt hatten wir eine Panne. Ich rufe nachher Jimmy Chow an.«
Naomi lief an ihnen vorbei in ihr Zimmer. Sie wollte auf keinen Fall die neueste Folge von Angelina Ballerina via Satellit verpassen.
»War es jemand, den ich kenne?«
»Du kennst doch Jimmy.«
Jimmy Chow war halb Chinese, halb Ägypter und der beste Automechaniker von Kairo. Er hatte eine kleine Schrauberbude in der Ma’ruf Street, mitten in einer Gegend, wo sich eine Autoreparaturwerkstätte an die andere reihte. Dort reparierte er die Autos ihrer sämtlichen Bekannten und verlangte nur einen Bruchteil dessen, was man bei der namhaften Konkurrenz berappen musste. Er würde den Wagen dort abholen, wo Jack ihn abgestellt hatte, und ihn morgen Mittag wieder abliefern, vorausgesetzt, es handelte sich nicht um einen größeren Defekt.
»Ich meinte nicht Jimmy«, sagte Emilia, »sondern die Person, mit der du dich heute Nachmittag getroffen hast. Kenne ich die?«
»Mehdi. Mehdi Mussa.«
»Der Buchhändler? Ich hoffe, du hast nicht wieder Geld ausgegeben.«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich dachte, es wäre vielleicht eine Frau gewesen. Da fällt mir ein, wie geht es der verführerischen Miss Mansy? Hat sie inzwischen einen Mann gefunden, der ihrer Liebe würdig ist?«
»Liebe dürfte dabei nicht im Spiel sein. Eher Sex, nehme ich an, aber wie es sich für ein braves Muslimmädchen gehört, stellt sie den Kuchen ins Fenster, nur probieren darf man ihn nicht. Vermutlich hat sie herausgefunden, dassAkademiker hier weniger verdienen als Busfahrer und dass sie eigentlich, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen, einen Job in der freien Wirtschaft brauchte oder bei einer ausländischen Firma.«
»Warum so bescheiden? Sie könnte Filmstar werden. Die nächste Basma, wer weiß.«
»Sie ist zu klug für so was. Die Kerle beliebäugeln ihren Allerwertesten und denken, sie ist ein Betthäschen, aber in Wirklichkeit ist sie äußerst intelligent, intelligenter als die meisten Studenten, die ich bisher unterrichtet habe.«
»Und beliebäugelst du auch ihren Allerwertesten?«
»Selbstredend. Aus Vergleichsgründen. Ich kenne einen schöneren.«
Sie lächelte und küsste ihn wieder. Diesmal schnellte ihre Zungespitze zwischen seine Zähne. Sie hatten seit Tagen nicht mehr den Wonnen der Liebe gefrönt, aber er wusste, sie ließ ihn gern eine Weile zappeln.
Wie erwartet, holte sie ihn denn auch auf den Boden der Tatsachen zurück: »Das Abendessen ist gleich fertig.«
»Was gibt es denn?«
»Mariam hat Molochia gekocht, mit Reis und Auberginen.«
»Molochia hängt mir ziemlich zum Hals heraus«, meinte Jack.
»Wir haben es seit Wochen nicht mehr gehabt. Wie auch immer, Naomi hat es sich gewünscht.«
Jack ging und rief den Automechaniker an. Als er auflegte, war auch Angelina Ballerina zu Ende, und Naomi wurde mit der Aussicht auf Nahrung aus ihrem Zimmer gelockt. Jack machte gute Miene zu Molochia und fand die Auberginen ausnehmend delikat zubereitet. Naomi aß drei Teller Suppe, nahm sich zweimal Reis und einmal Auberginen.
Plötzlich legte sie den Löffel hin.
»Dad, gehst du am Wochenende mit mir zu McDonalds?«
Er musterte seine Tochter mit leichtem Grausen.
»Kleines, du bist erst vor einem Monat bei McDonalds gewesen. Und zwei Wochen danach hattest du Geburtstag. Nächste Woche fängt der Ramadan an. Du wirst der Reihe nach bei allen deinen Freundinnen zum Essen eingeladen sein. Danach kommt ’Id al-Fitr. Da kannst du dich vollstopfen bis zum Platzen.«
»Aischa darf im Ramadan jeden Abend ganz lange aufbleiben, und jeden Morgen steht sie früh auf und bekommt ein besonderes Frühstück. Sie wird dick, und keiner schimpft sie deswegen aus. Muslime haben viel mehr Spaß als wir.«
»Wenn Aischa erwachsen ist, muss sie während des Ramadan den ganzen Tag über fasten. Das würde dir nicht gefallen, nichts zu essen, nichts zu trinken ...«
»Ich mag Ramadan«, beharrte sie. »Wir gehen mit Laternen auf die Straße, jeden Abend. In der Schule haben wir jeden Tag Wahawi ja Wahawi gesungen. Wann kaufen wir für mich eine Laterne?«
»Willst du mit Aischa gehen?«
Naomi
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