Das Schwert - Thriller
nichts.
»Was soll das heißen, Sie haben keine Ahnung? Entweder ist meine Tochter in ihrer Klasse oder sie ist es nicht.« Er schwankte zwischen Wut und Tränen. In ihm wuchs die Angst.
»Einen Moment bitte. Ich verbinde Sie mit Mrs. Crane-Johnson, der Leiterin der Schule. Bleiben Sie bitte in der Leitung.«
Er wartete. Hatte es an diesem Vormittag einen Selbstmordanschlag in der Stadt gegeben? Hätte er das nicht hören müssen? Panik stieg in ihm auf. Er dachte daran, das Radio anzustellen, aber der Apparat befand sich in der Küche.
»Professor Goodrich? Entschuldigung, dass Sie warten mussten. Was kann ich für Sie tun?«
»Ist – tut mir leid – ist meine Tochter heute Morgen zur Schule gekommen?«
»Wissen Sie das nicht? Haben Sie sie nicht hier abgesetzt?«
»Würde ich Sie anrufen, wenn ich wüsste, wo sie ist? Ihre Mutter wird vermisst, und ich will wissen, wo sich meine Tochter aufhält.«
»Könnte Ihre Frau mit ihr unterwegs sein? Bummeln, vielleicht? Einige der Mütter sind beklagenswert verantwortungslos und nehmen ihre Mädchen ...«
»Würden Sie bitte in Ihren Unterlagen nachsehen oder ihre Lehrerin fragen oder irgendetwas unternehmen, verdammt noch mal?«
Er begann innerlich zu kochen.
»Professor, ich finde Ihren Ton anmaßend. Wir ...«
»Mrs. Crane-Johnson, ich kann auch zu Fuß schneller bei Ihnen sein, als Ihnen lieb sein dürfte. Und jetzt bringen Sie bitte in Erfahrung, wo meine Tochter ist.«
Er hörte es poltern, als sie den Hörer auf den Schreibtisch knallte. In nicht ganz einer Minute war sie wieder am Apparat.
»Professor, ich habe die Anwesenheitsliste vorliegen. Wenn ich mir die Einträge des heutigen Tages ansehe, stelle ich fest, dass Naomi nicht zum Unterricht erschienen ist. Ich gehe davon aus, dass Sie sie später noch herbringen.«
»Würden Sie bitte im Klassenzimmer nachsehen? Vielleicht ist sie später gekommen, und man hat noch nicht Bescheid gesagt.«
Das Widerstreben in ihrer Stimme war hörbar.
»Professor, ich habe Ihnen bereits überproportional viel von meiner Zeit gewidmet. Auch wenn Sie es nicht zu wissen scheinen, ich habe eine Schule zu leiten; da sind Personal und Schüler, um die ich mich kümmern muss. Wenn Sie nicht imstande sind, das Kommen und Gehen Ihres eigenen Kindes im Auge zu behalten, so steht das in Ihrer Verantwortung, nicht in meiner. Ich bin überzeugt, es geht Naomi gut. Sie machen sich unnötig Sorgen. Bedenken Sie, wir sind hier in Kairo, nicht in Chicago.«
Den Weg von zu Hause bis zur Schule legte er schneller zurück, als selbst er gedacht hätte. Die Direktorin rief nach dem Hausmeister, aber man war hier in Kairo, nicht in Chicago, und bis der Mann den Weg ins Büro gefunden hatte, stand Jack in Naomis Klassenzimmer und sprach mit der Lehrerin, einer jungen Frau aus Northampton mit Namen Janice, die hier ihr freiwilliges soziales Jahr absolvierte. Janice hatte Naomi noch nicht gesehen und hatte keine Ahnung, wo sie sein könnte.
»Kann ich die Mädchen fragen, ob sie wissen, wo sievielleicht ist? Können Sie mir zeigen, welches ihre Freundinnen sind?«
Er kannte die meisten Gesichter von Kindergeburtstagen und Ausflügen her. Naomis Mitschüler wollten ihm gern helfen, wussten aber auch nichts. Es hatte keine Verabredung gegeben, keinen Plan, die Schule zu schwänzen und zu McDonalds zu gehen oder in den Zoo.
Mit dem Handy rief er wieder in der Botschaft an. Simon Henderson meldete sich sofort.
»Neuigkeiten?«
Jack erklärte die Sachlage. Er sagte Simon, wohin Emilia die Nachricht hatte bringen sollen.
»Ich kann meine Leute hinschicken. Dauert nur ein paar Minuten.«
»Lassen Sie mich zuerst gehen. Man kann sich leicht in der Adresse vertun, es gibt keine Straßenschilder. Kommen Sie allein. Warten Sie auf mich neben dem Zigarettenverkäufer am Anfang der Straße.«
Er trennte die Verbindung und ging zurück in das Büro der Direktorin. Eine namenlose Angst schnürte ihm den Brustkorb zusammen. Mrs. Crane-Johnson saß hinter ihrem Schreibtisch und schaute ihm ängstlich entgegen.
»Ich brauche Ihr Auto.«
»Wie bitte? Was ...«
»Mein Wagen ist in der Werkstatt. Aber ich muss ganz schnell zu einer Adresse in Esbekija, deshalb brauche ich Ihr Auto.«
»Sie kriegen mein Auto nicht und auch kein anderes. Wenn Sie auch nur ...«
»Vielleicht gibt es eine ganz harmlose Erklärung dafür, dass meine Frau und meine Tochter nicht auffindbar sind, oder aber es geht um Leben und Tod. Wenn Sie sich mir in den Weg
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