Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
fügten sich ihrem Herrn, das sah ich ihnen an.
    Ich ging auf die Ochsen zu, lautlos betend, dass der Schmerz sie nicht scheu gemacht hatte. Einer drehte den Kopf. Seine dunklen braunen Augen musterten mich einen Moment, dann senkte er den Kopf und fraß weiter.
    Ich bückte mich und zog einen Pfeil aus dem Boden, dann stand ich bereits hinter den Tieren. Ich roch ihr Blut, sah die Fliegen, die in ihren Wunden saßen, und die Zügel am Boden. Als Kind war ich oft auf den Karren der Händler bis zur Burg gefahren. Ich hatte zwischen den Ochsen gehockt und sie sogar gelenkt, wenn die Fahrer mir die Zügel überlassen hatten. Doch ich war kein Kind mehr. Zwischen den Tieren gab es kaum Platz für mich.
    Trotzdem trat ich an die Deichsel heran und hob die Zügel auf. Ein Ochse schnaubte tief. Ein letztes Mal zögerte ich, dann kletterte ich über die Deichsel zwischen die Tiere.
    Die Ochsen schüttelten sich. Einer trat nach hinten aus. Die Deichsel bog sich unter meinem Gewicht. Ich hörte Stoff reißen, als mein Rock an einem herausstehenden Holznagel hängen blieb.
    Die Tiere begannen sich zu bewegen, unsicher und verwirrt. Sie schüttelten die Köpfe, als sie den Druck der Zügel spürten, ließen sich aber dann führen. Ihre Körper schlugen bei jedem Schritt gegen meine Schultern, Ellenbogen und Hüften, quetschten mich so sehr zusammen, dass ich beinahe aufgeschrien hätte.
    Ich biss mir auf die Lippen, lockerte die Zügel und lenkte die Ochsen der Menge entgegen. Es standen vielleicht zwei Dutzend Menschen zwischen mir und den fünf Rittern.
    Ich habe nicht mehr Moral als die Bogenschützen! Der Gedanke tauchte ungebeten in mir auf. Ich schüttelte ihn ab, dann nahm ich die Zügel zwischen die Zähne und holte mit dem Pfeil aus.
    Ich bohrte ihn in die Flanke des rechten Ochsen. Das Tier brüllte, machte einen Satz nach vorn, und der andere Ochse wurde mitgerissen. Die Deichsel knirschte, ich verlor fast das Gleichgewicht und musste mich mit beiden Schultern gegen die Tiere stemmen, während sie durch das Gras preschten. Ich nahm die Zügel aus dem Mund, riss daran, um die Ochsen trotz ihrer Angst und ihrem Schmerz zu lenken. Es erschien mir wie ein Wunder, dass sie nicht ausbrachen.
    Hinter uns riss die Deichsel Gras und Erde aus dem Boden und wühlte die Weide auf. Vor uns schrien Menschen auf, als sie das Gespann sahen. Es donnerte mitten zwischen ihnen in die Menge. Köpfe tauchten neben mir auf, Speere, die halbherzig hochgerissen wurden.
    Ein heftiger Schlag traf die Deichsel. Ich wurde emporgeschleudert, dann zur Seite, die Zügel entglitten mir. Ich landete auf dem Rücken eines Ochsen, versuchte mich an seiner Schulter festzukrallen, rutschte ab und sah plötzlich die Straße unter mir. Der Aufprall raubte mir für einen Moment den Atem, ich hustete Staub und Speichel. Die Welt um mich herum schien zu beben, aber ich zwang mich, auf die Knie zu kommen, und wischte mir die Tränen aus den Augen.
    Die Ochsen pflügten sich immer noch ihren Weg durch die Menge. Die Ritter, deren Schilde sie vor Schlägen und Stichen geschützt hatten, machten einen Satz zur Seite, rissen den Kreis auseinander. Einer geriet unter die Hufe, die anderen wurden von Brettern und Schwertern getroffen. Innerhalb weniger Atemzüge war es vorbei.
    Mit einem Schrei warfen sich die Brüder nach vorn. Die Menge folgte ihnen, ahnte weder, was sie aufgehalten hatte, noch weshalb es nun weiterging. Ich kämpfte mich hoch, aus Angst, von ihnen zertrampelt zu werden. Jemand legte seinen Arm um mich. Es war Diego.
    »Nur für eine kleine Weile«, sagte er leise, als er mich an sich drückte. Um uns herum stürmte die Menge weiter vorwärts.

Kapitel 17
    Ich saß auf dem Hügel und blickte hinunter ins Tal. Die Sonne war bereits hinter den Bergen untergegangen, Dunkelheit legte sich wie ein Leichentuch über die Wiesen und die breite Straße in ihrer Mitte.
    Wir hatten gesiegt, hatten die Soldaten, Ritter und Bogenschützen vertrieben. Weit über hundert lagen tot am Boden, die anderen waren geflohen. Es gab keine Verletzten. Wie Tiere waren wir über die Kriechenden und Schreienden hergefallen, wie Teufel. Ich erinnerte mich nur an kurze Momente, an erhobene Schwerter, zersplitternde Knochen, wildes Gebrüll. Meine Hände waren voller Blut. Ich hoffte, dass es Eriks war.
    Diego, Konrad und ich hatten den Jungen zu den anderen Verletzten gebracht. In einer langen Reihe lagen sie auf der Straße, vom Hügel an bis hinunter zum Dorfeingang. Es

Weitere Kostenlose Bücher