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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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kurzen Tritt in die Flanken und ritt an Bord der Barke. Vater Ignatius folgte ihm.
    Ich blieb stehen, zögerte und dachte daran, dass es noch nicht zu spät war. Wenn ich mich beeilte, wenn ich wie der Wind den Berg hinauflief, würde ich die Burg erreichen, bevor Gertrud dem Schultheiß etwas erzählen konnte.
    »Worauf wartest du?«, fragte der Priester neben mir. »Willst du die Heiligen Drei Könige nicht sehen?«
    Ich konnte es schaffen. Alles würde weitergehen wie zuvor, und irgendwann würden Hugo und Konrad vor der Tür stehen. Wenn nicht in diesem, dann im nächsten Jahr.
    Nächstes Jahr.
    »Natürlich will ich sie sehen«, sagte ich und folgte Vater Ignatius an Bord.

Kapitel 3
    Wir erreichten Köln gegen Nachmittag, nachdem wir einige Male an Anlegestellen gehalten und Ware und weitere Mitfahrer aufgenommen hatten. Schon lange zuvor wurde deutlich, dass wir uns einer großen Stadt näherten. Es tauchten immer häufiger Dörfer auf beiden Seiten des Rheins auf, die Hütten rückten dichter zusammen, der Verkehr auf dem Fluss nahm zu. Schiffer riefen sich Neuigkeiten über das Wasser zu, wollten wissen, wie es flussauf- oder -abwärts aussah, welche Ladungen oder Probleme zu erwarten waren. Ich verstand das meiste nicht, nur ab und zu hörte ich einen Ortsnamen, den ich kannte.
    Ich hätte den Schiffer, der hinter mir am Ruder stand, gern gefragt, wie es war, auf dem Wasser zu leben und all diese fremden Städte zu sehen, doch das traute ich mich nicht. Als einzige Frau an Bord wurde ich weder von meinem Mann noch einem anderen Verwandten begleitet. Vater Ignatius bürgte für mich. Es wäre für ihn beschämend gewesen, wenn ich einfach so ein Gespräch mit einem Fremden angefangen hätte.
    Wir vertrieben uns die Zeit mit Geschichten und Gebeten. Ich betete mit und hörte zu, sagte aber selbst nur selten etwas. Gertrud hatte recht gehabt, ich war tatsächlich die einzige Magd in unserer Gruppe, alle anderen standen über mir. Ich fühlte mich unwohl zwischen ihnen, so wie ein Huhn unter Gänsen.
    Wilhelm, der Müller, hatte Brot für uns mitgebracht. Es war heller und weicher als das, was ich in der Burg zu essen bekam. Ich war so hungrig, dass ich es komplett aufaß. Erst dann bemerkte ich, dass die anderen nur ein Stück abgeschnitten und den Rest in ihre Beutel gesteckt hatten. Sie lachten, als sie meine leeren Hände sahen. Ich lachte ebenfalls, aber es war mir peinlich.
    Nur der Ritter aß nichts. Er war kurz nach Beginn der Bootsfahrt eingeschlafen und lag seitdem wie tot unter seinem Umhang. Niemand wagte ihn zu wecken.
    »Wenn ihr den Dom sehen wollt«, rief der Steuermann, als wir eine Flussbiegung hinter uns gelassen hatten, »müsst ihr eure Hintern von den Planken heben.«
    Ich stand auf, ebenso wie alle anderen. Selbst Hubert von Alen öffnete die Augen. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um über die Schultern der Männer zu blicken, die vor mir standen. Hütten und Häuser, manche sogar mit mehreren Stockwerken, drängten sich auf der linken Seite des Flusses, und hinter ihnen … Ich hielt den Atem an.
    Der Dom saß zwischen ihnen, gewaltig und dunkel. Sein Turm schien die Wolken zu berühren und sein Schiff die Stadt zu teilen wie ein Kiel das Wasser. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie ein so großes Gebäude gesehen. Sein Anblick trieb mir die Tränen in die Augen. Ich wischte sie rasch fort.
    »Das ist der Hildebold-Dom«, sagte Wilhelm. Erst nach einem Moment erkannte ich, dass er mit mir sprach. »Könige werden dort gekrönt. Sogar der Papst war schon einmal da, um vor den Gebeinen der Heiligen Drei Könige zu beten. Und auch wir werden dort morgen beten, an derselben Stelle.«
    Er sah mich an. Sein Gesicht war freundlich und offen. Ich schluckte, als ich daran dachte, dass meine Knie denselben Stein berühren würden, den auch der Papst berührt hatte.
    »Warst du schon einmal dort?«, fragte ich.
    Er nickte. »Sogar zweimal.«
    Etwas berührte meinen Arm. Ich wollte ihn wegziehen, doch dann bemerkte ich, dass es nicht Wilhelms Hand war, sondern ein Brotbeutel.
    »Hier«, sagte der Müller leise. »Nimm. Das Brot ist übrig geblieben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es gehört dem Ritter.«
    »Ich habe noch mehr Brot.« Das war gelogen. Er hatte nur einen Beutel mit an Bord gebracht. Trotzdem nahm ich ihn.
    »Ich werde für dich vor den Heiligen Drei Königen beten.«
    »Bete lieber um etwas, das du wirklich willst, denn du wirst es bekommen. So war es bei mir auch.« Er

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