Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
lauter. Gelächter und Gespräche mischten sich hinein. Ich erkannte Gottfrieds Stimme zwischen einigen fremden.
    »Die anderen sind hier. Sie erkunden das Haus.«
    Lena sprang auf. Sie schwankte und musste sich an einem der Bettpfosten festhalten. »Lass uns zu ihnen gehen«, sagte sie. »Es gibt hier bestimmt noch viel zu sehen.«
    »Geh ruhig.« Ich trat beiseite und gab den Weg frei. »Ich komme gleich nach.«
    Lena grinste. »Willst du in den Nachttopf des Abts pinkeln?«
    »So was in der Art.«
    Sie nahm die Kerze von der Truhe und verließ das Zimmer. »Wo seid ihr?«, hörte ich sie draußen auf dem Gang rufen, bevor ich die Tür schloss und den Riegel vorschob.
    Mit dem Rücken lehnte ich mich gegen das kühle Holz und schloss die Augen. Es tat gut, allein zu sein.
    Ich versuchte mich an den Gedanken zu erinnern, den ich vor dem Poltern gehabt hatte. Lena glaubte fest daran, dass sich am Ende des Kreuzzugs alles für uns ändern würde. Den meisten ging es wohl so. Doch seit dem Abend in Speyer, seit den hämischen Worten im Speisesaal glaubte ich das nicht mehr. Es war egal, ob wir Jerusalem befreiten. Selbst wenn wir ihnen den Heiland selbst brachten – der Gedanke war so blasphemisch, dass ich mich rasch bekreuzigte –, sie würden uns nie willkommen heißen. Wir waren als Unfreie geboren worden, und als Unfreie würden wir sterben, auch wenn wir es vielleicht in einem Bett so wie dem des Abts taten. Die Erkenntnis drückte mich nieder. Ich war froh, dass Lena sie nicht hören musste.
    Holz knarrte. »Oh.«
    Der kurze spitze Schrei war heraus, bevor ich die Augen öffnete. Diego stand in der schmalen Seitentür. Er hielt den Griff noch in der Hand.
    »Ich wusste nicht, dass jemand hier ist.«
    Ich spürte meinen Herzschlag bis in die Kehle. Tief atmete ich durch. »Ich wollte gerade zu den anderen«, sagte ich. Meine Stimme überschlug sich. Ich tastete nach der Tür, wollte sie aufziehen, aber sie stieß gegen ein Hindernis.
    Diego betrat den Raum. »Warte.« Er blieb neben mir stehen und schob den Riegel zurück. »Warum hast du dich eingeschlossen?«
    »Ich wollte allein sein.«
    »Dann habe ich dich gestört. Entschuldige.« Diego wandte sich ab und ging zurück zu der zweiten, schmalen Tür.
    »Was ist denn dort?«, fragte ich.
    »Sieh es dir an.« Er verneigte sich leicht wie ein Ritter vor einer Dame und stolperte.
    Ich lachte. »Du bist betrunken.«
    Er lächelte. »Du auch.«
    Die Tür führte in einen kleinen, fensterlosen Raum. Regale, die bis unter die Decke reichten, säumten die Wände. Darin standen Bücher, schwere, in dunkles Leder gebundene Folianten, so wie ich sie bisher nur in Kirchen gesehen hatte. Die meisten waren breiter als meine Hand, einige wenige aber auch schmaler als zwei Finger.
    »Sind das alles Bibeln?«, fragte ich.
    »Nein.« Diegos Mundwinkel zuckten. Es war nett von ihm, mich nicht auszulachen. »Es sind aber theol…« Er unterbrach sich. »Es sind größtenteils Bücher über Gott und Jesus Christus, Schriften von Kirchenvätern und Philosophen.«
    Ich fragte nicht, was das letzte Wort bedeutete.
    Diego ging zu einem kleinen Tisch voller Papier. Kerzen brannten darauf. Daneben stand ein Stuhl mit hoher Lehne. »Es ist zwar nichts Seltenes darunter, aber für ein so kleines Kloster ist das eine beachtliche Sammlung.«
    Er griff nach einem Holzbecher auf dem Tisch und reichte ihn mir.
    Ich schüttelte den Kopf. Mir war nicht nach noch mehr Wein. »Woher weißt du, dass sie nicht selten sind?«
    Diego stellte den Becher ab, griff scheinbar wahllos in eines der Regale und zog ein schwer aussehendes Buch heraus. »Ich kenne mich ein wenig damit aus.«
    Er schlug es auf, drehte es in meine Richtung. Im Kerzenschein sah ich unverständliche Zeichen und verschlungene bunte Symbole. Ich ging näher heran. Das erste Symbol auf der Seite war größer als die anderen. Es schien wie ein Baum aus einem gezeichneten Boden zu wachsen und war von Ranken umgeben.
    Ich zeigte darauf. »Das sieht aus wie das Mal auf Nicolaus’ Brust.«
    »Ja. Das ist der griechische Buchstabe Tau. Er symbolisiert die Auferstehung.«
    Er blätterte weiter. Auf beinahe jeder Seite gab es Buchstaben, die mit Ranken, Blumen oder Tierköpfen versehen waren. »In diesem Buch geht es um die Reisen der Apostel. Der Mönch, der es geschrieben hat, erwähnt jeden Ort, den sie besuchten, und was sie dort taten.«
    Ich besah mir das Regal, während er redete. Ein besonders dickes, in Leder gebundenes und mit

Weitere Kostenlose Bücher