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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Unterschied?«
    »Da ist ein sehr großer Unterschied.« Mir gefiel seine he rablassende Art nicht. Er sprach mit mir, als wäre ich ein Kind, das nicht wusste, wovon es redete. Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Unser Heiland ist für meine Sünden gestorben. Ich bin erlöst worden und werde in den Himmel kommen, du nicht. Also, wenn du nur Jude bist, weil du so geboren wurdest, weshalb willst du die Hölle auf dich nehmen? Weshalb wirst du nicht einfach Christ?«
    Diego lachte nicht mehr. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Weil«, begann er langsam, »nicht alle Menschen an dasselbe glauben.«
    »Du … du glaubst nicht an Jesus Christus?«
    »Ich halte ihn nicht für Gottes Sohn.« Diego räusperte sich. »Wir Juden halten ihn nicht dafür.«
    »Und wer ist euer Erlöser?«
    »Das wissen wir nicht. Wir warten noch auf ihn.«
    Mir war noch nie jemand begegnet, der nicht an Jesus Christus glaubt. Gottfried hatte zwar gesagt, die Juden hätten unseren Herrn getötet, aber dass sie trotz der Auferstehung und all den Wundern noch nicht an ihn glaubten, war mir nicht klar gewesen.
    Diego schien mein Schweigen unangenehm zu sein. Er hob die Arme, verschränkte sie vor der Brust, ließ sie wieder sinken und kratzte sich am Bein. »Um auf deine Frage zurückzukommen, wie es ist, Jude zu sein: Vielleicht kann man das so sagen, dass ihr glaubt, die Antwort bereits zu kennen, während wir noch nach ihr suchen.«
    Ich hörte keine Überzeugung in seiner Stimme, nur Zweifel. Das sagte ich ihm.
    Er hob die Schultern. »Vielleicht sind die Zweifel Teil der Suche.«
    Beinahe wäre mir rausgerutscht, dass ich ihn bedauerte, dass es schöner war zu glauben und zu wissen anstatt zu zweifeln und zu fragen.
    »Ich wäre keine gute Jüdin« war das Einzige, was ich schließlich sagte.
    Diego lachte. »Geh besser, sonst vermisst man dich noch.«
    »Wirst du mir weiterhin aus dem Weg gehen?«
    »Ja. Es ist besser so.«
    Er hatte recht, aber ich bedauerte es trotzdem.
    Es war bereits dunkel, als ich den Wald verließ. Erst beim dritten Versuch fand ich zu meinem Feuer zurück. Konrad sah auf, als ich meinen Umhang neben ihm im Gras ausbreitete. Er und Erik spielten ein Spiel mit Stöcken, Muscheln und Steinen.
    »Lukas sucht dich«, sagte er. Der Name versetzte mir einen Stich. »Er will mit dir reden.«
    »Hat er gesagt, warum?«
    Konrad schüttelte den Kopf, dann wandte er sich wieder dem Spiel zu. »He, du hast geschummelt. Die Muschel lag eben in deinem Haus.«
    Erik hob die Hände. »Gar nicht wahr.«
    Ich stand auf und legte mir den Umhang wieder um die Schultern. Das Feuer, an dem Nicolaus, Lukas und die anderen saßen, war nicht weit entfernt. Ich hatte es gesehen, als wir unseres aufgeschichtet hatten.
    Nicolaus winkte mich heran. »Setz dich, Madlen«, sagte er. »Hast du schon gegessen?«
    Das hatte ich nicht, trotzdem nickte ich. Die Angst nahm mir jeglichen Appetit.
    Lukas zog Gräten aus einem Fisch, der vor ihm auf einem großen Blatt lag. »Dir ist bestimmt nicht entgangen, dass im Kreuzzug geredet wird«, sagte er.
    »Nein.« Ich faltete die Hände, damit niemand sah, wie sehr meine Finger zitterten. Außer Lukas und Nicolaus saßen Hugo, Gottfried und einige Jungen, die ich nicht mit Namen kannte, am Feuer. Sie aßen und tranken mit ausdruckslosen Gesichtern. Ich konnte nicht erkennen, was in ihnen vorging.
    »Der Herr wird sich auch weiterhin um uns kümmern«, sagte Nicolaus, »so wie er es auf der ganzen Reise getan hat. Niemand muss sich Sorgen machen.«
    Hugo nickte. »Amen.«
    »Dennoch«, fuhr Lukas fort, ohne darauf einzugehen, »sollten wir Vorkehrungen treffen. Vielleicht will uns der Herr prüfen.«
    Gottfried wischte sich den Mund ab. Fett glänzte an seinem Kinn. »Denkt daran, was ich gesehen habe.«
    Ich runzelte die Stirn. Die Unterhaltung verlief anders, als ich erwartet hatte. Ich verstand ihren Sinn nicht mehr. »Was hast du denn gesehen?«, fragte ich.
    »Einen dreibeinigen Fuchs, der eine Krähe fraß.« Gottfried bekreuzigte sich. »Das ist ein schlimmes Omen. Der Herr versucht uns vor etwas zu warnen.«
    »Und der Engel schweigt.« Lukas warf das Blatt mit dem Skelett des Fischs ins Feuer. »Deshalb glaube ich, dass wir selbst für unser Wohl sorgen sollten.«
    Vergeblich versuchte ich, seine Worte auf mich und Diego zu beziehen. Meine Finger hörten auf zu zittern, die Krämpfe in meinem Magen ließen nach.
    Nicolaus seufzte. »Aus diesem Grund habe ich dich zu uns gebeten,

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