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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Madlen. Ich möchte wissen, was du von Lukas’ Plänen hältst.«
    Auch ohne zu wissen, wie diese Pläne aussahen, begriff ich, dass er damit nicht einverstanden war. »Ich werde dir meine ehrliche Meinung sagen.«
    »Das weiß ich. Deshalb bin ich so froh, dass der Engel dich zu uns geführt hat.« Er nickte Lukas zu. »Erzähle es ihr.«
    Der große, blonde Junge trank aus seinem Weinschlauch, dann räusperte er sich. »Wir müssen etwas wegen unserer Vorräte unternehmen. Die halb leeren Karren bereiten allen Sorgen.«
    Darum ging es also. Mein ganzer Körper schien sich mit einem Mal zu entkrampfen. Ich hoffte, dass man mir die Erleichterung nicht ansah.
    »Die Soldaten achten darauf, dass sich niemand mehr nimmt, als ihm zusteht.« Lukas wischte sich die Finger im Gras ab. »Aber der Kreuzzug ist zu groß, sie können sich nicht jedes Gesicht merken. Manche stellen sich zwei- oder dreimal an.«
    »Ist das wirklich wahr?« Ich konnte mir kaum vorstellen, dass ein Kreuzfahrer einen anderen so hinterhältig betrog.
    Hugo mischte sich in die Unterhaltung ein. »Ich habe es selbst gesehen.«
    Er war mein Sohn, also glaubte ich ihm. Hätte Lukas es gesagt, wäre ich misstrauischer gewesen.
    »Der Teufel verbirgt sich überall. Sogar wir sind nicht vor ihm gefeit, das haben wir ja schon erkennen müssen.« Gottfried spuckte ins Feuer und schüttelte angewidert den Kopf.
    »So ist es.« Lukas sah mich an. Ich weiß alles, sagten sein Blick und das Lächeln, das kaum wahrnehmbar seine Mundwinkel umspielte.
    Ich faltete erneut die Hände. Mein Mund wurde so trocken, dass ich nicht wusste, ob mir auch nur ein Wort über die Lippen gekommen wäre, hätte ich versucht zu sprechen.
    Lukas nahm seinen Blick nicht von mir, als er weitersprach. »Bisher konnten wir uns Betrügereien leisten, es gab stets genug zu essen, doch damit ist es nun vorbei. Diego glaubt zwar, dass die Dörfer am Pass auf Reisende eingerichtet sind, aber da er nie den Gotthardpass genommen hat, kann er das nicht mit Sicherheit sagen.«
    »Wenn er überhaupt je die Alpen überquert hat«, murmelte Gottfried. »Weiß doch jeder, dass Leute wie er lügen.«
    Lukas ging nicht darauf ein. »Wir sollten also versuchen, mit den Vorräten, die wir haben, auszukommen. Deshalb möchte ich, dass an jedem Feuer einer sitzt, der auf die gerechte Verteilung achtet.« Er sprach ruhig und besonnen wie ein viel älterer Mann. »Hugo hat bereits einige Jungen ausgesucht, die keine Familie im Kreuzzug haben und Nicolaus besonders ergeben sind. Sie werden niemanden vorziehen.«
    »Du willst sie auch an die Feuer der Frauen und Kinder setzen?«, fragte ich. Eigentlich hätte ich stolz auf meinen Sohn sein müssen, doch stattdessen spürte ich nur Zweifel.
    »Daran habe ich gedacht.« Lukas lächelte wieder dieses falsche, überlegene Lächeln. »Sie sollen ein besonderes Gelübde ablegen, so wie Mönche. Es würde dich doch nicht stören, mit einem Mönch am Feuer zu sitzen, oder?«
    »Nein, das würde es nicht.« Es sind aber keine Mönche, auch wenn du sie so nennst, dachte ich, sondern Kinder.
    »Also was hältst du davon?« Nicolaus sah mich an, aber es war Lukas’ Blick, den ich spürte. Auf einmal begann ich daran zu zweifeln, dass Konrad das Wort, das mich selbst in Gedanken anekelte, zufällig gehört hatte. Zu ausgeklügelt erschien mir Lukas’ Plan. Worauf er damit abzielte, wusste ich nicht, dass ich nichts daran ändern konnte, schon. Er hatte mich in der Hand.
    »Es ist ein guter Vorschlag.«
    Nicolaus hob die Augenbrauen. Sein Gesichtsausdruck zwang mich zu einer Erklärung.
    »Wenn die Menschen nicht von sich aus zu christlicher Bescheidenheit fähig sind, muss man sie dazu anhalten.« Ich verschluckte mich fast an meinen eigenen Worten. »Zumindest bis wir die Alpen überquert haben.«
    »Dann soll es so sein.« Nicolaus schien von meiner Antwort überrascht; er hatte wohl damit gerechnet, dass ich Lukas widersprechen würde. »Aber ich möchte«, fuhr er nach einem Moment fort, »dass auch an unserem Feuer jemand sitzt. Wir sind Gleiche unter Gleichen. Niemand soll sagen, dass es zwei Stände unter uns gibt.«
    Lukas atmete hörbar auf. »Das ist eine weise Entscheidung. Du wirst sehen, dass sie uns gut über die Alpen bringen wird.«
    Alles an ihm – seine Mimik, seine Körperhaltung, sein freudiger Tonfall – strahlte Zufriedenheit aus. Er hatte erreicht, was er wollte. Ich zweifelte nicht daran, dass er das Beste für uns alle im Sinn hatte, nur

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