Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
perfektionierte letztlich die Wahrnehmung von Farbe als Stilmittel der neunten Kunst, währenddessen viele seiner Kurzgeschichten in so einflussreichen Magazinen wie dem französischen Métal Hurlant oder den berüchtigten amerikanischen Anthologietiteln Creepy und Eerie abgedruckt wurden. Aber auch in Schwarz-Weiß oder in Graustufen ist Richard Corben ein angesehener Meister und Visionär, steht er für den inhaltlichen, handwerklichen und nicht zuletzt auch technischen Wandel eines gesamten Mediums.
Aktuell ist der 1940 in Anderson, Missouri geborene Corben sogar produktiver denn je und legt Jahr um Jahr unermüdlich eine Vielzahl neuer Arbeiten vor. 2012 erschien beim US-Verlag Dark Horse, wo viele dieser neuen Werke eine Heimat finden, jedoch auch ein dicker Wahnsinns-Sammelband mit den vielseitigen Horror-Perlen der lebenden Legende eben aus den gerade schon genannten Warren-Flaggschiff-Magazinen Creepy und Eerie , die oft genug von Corbens Covern geziert wurden – sozusagen die ultimative Corben-Retrospektive aus den Bereichen Horror, Fantasy und Science Fiction, die neben dem ganzen unvermeidbaren Trash und kruden Zeug so manches Stück Comic-Historie präsentiert. Nicht jede Story sitzt. Doch wer viel probiert, darf auch mal daneben schießen oder in den matschigen Farbtopf greifen. Die Erfolge und Errungenschaften sind das zweifelsfrei wert.
Wie schon der Sammelband mit dem Schaffen von Corbens Legenden-Kollege Bernie Wrightson zeigt auch dieser über 300 Seiten starke Band Richard Corbens gesamtes Spektrum – und wieso er für die einen ein genialer Heilsbringer und für die anderen der Teufel schlechthin ist. Denn sein unverkennbarer Stil, ja seine gesamte Formsprache, fallen offensichtlich aus dem typischen Schema heraus, selbst wenn man den Zahn der Zeit, der genretypisch an nicht wenigen Geschichten nagt, einmal außer Acht lässt. Das ist immer unverwechselbar Corben, aber nun mal auch genauso leicht zu vergöttern wie zu verachten – das liebt man, oder das hasst man, dazwischen gibt es nichts.
Selbst Corben hat gemischte Gefühle, wenn er das ganze betagte Material in diesem Band ansieht, wie er verrät: Manche Arbeiten, so der Vollblutkünstler, würden dafür sorgen, dass er sich an die guten alten Zeiten erinnert, als er unbändige Energie und unbändigen Enthusiasmus besaß. Bei anderen Arbeiten in diesem ihm gewidmeten Creepy Presents -Hardcover beschäme es ihn hingegen eher, sie noch einmal zu sehen. Armselig gezeichnet und koloriert, täte es ihm regelrecht weh, sie anzuschauen, und er könne nur hoffen, dass die Leser über die Schlechten hinwegschauen und sich vor allem an die Guten erinnern werden.
Diese Garantie gibt man einem Comic-Titan wie Richard Corben angesichts dieser überfälligen definitiven Werkschau der gesamten Siebziger und frühen Achtziger gerne.
Christian Endres
ED BRUBAKER/WARREN PLEECE
DEADENDERS
DC Vertigo, New York 2012 · 392 Seiten · $ 29,99 (US-Import)
Bevor sich Autor Ed Brubaker einen Namen mit brillanten Crime-Comics oder seiner Spionage-Version von Marvels Oberpatriot Captain America machte, schrieb er für DCs experimentierfreudiges Vertigo-Imprint von Anfang 2000 bis Sommer 2001 die sechzehn Hefte und eine Kurzgeschichte umfassende Near-Future-Saga Deadenders . Da auch elf Jahre nach deren Ende nur die ersten vier Kapitel in einem Sammelband abgedruckt worden waren, hat DC im Sommer 2012 nun doch noch einmal die komplette Serie in einen fast 400 Seiten starken Band gepackt.
Allerdings ist die einigermaßen kleinkarierte Geschichte über junge Drogendealer, die in der nahen Zukunft auf Motorrollern durch heruntergekommene, sozial in Schieflage geratene Viertel und abgeriegelte Bezirke düsen und eher zufällig einer gewaltigen Verschwörung auf die Schliche kommen, in erster Linie etwas für Brubaker-Komplettsammler oder zumindest Leser, die gerne die Entwicklungssprünge eines ihrer kreativen Helden nachvollziehen.
Vor allem, weil die Story, die von Zeichner Warren Pleece sogar ganz schön und zuweilen auch ziemlich sexy umgesetzt worden ist, hinten raus schon beinahe brutal auseinanderfällt, da die Serie wegen der bevorstehenden Einstellung von Brubaker überhastet zu Ende gebracht werden musste. Bis zu diesem Punkt im letzten Viertel des dankenswerterweise auf das gute, alte raue Papier gedruckten Trade-Paperbacks ist Deadenders immerhin ganz unterhaltsam zu lesen und recht atmosphärisch und sympathisch, was Setting und Figuren
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