Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
gesichert, aber daraus ist nichts Richtiges geworden. Als Jacobs dann 1973 starb, hing das Projekt längere Zeit in seinem Nachlass fest.« Doch 1975 kaufte ein französisches Konsortium um Michael Seydoux, einen reichen Pariser, der im Filmgeschäft Fuß fassen wollte, die Rechte aus Jacobs’ Nachlass. Die ursprüngliche Option galt noch für sechs Jahre. Seydoux bot das Projekt dem chilenischstämmigen Regisseur Alejandro Jodorowsky an, dem so bewunderten wie geschmähten Macher des Kultfilms El Topo . Und so startete Jodorowsky einen neuen Versuch, den überaus unhandlichen Roman zu verfilmen.
»›Der Wüstenplanet‹ ist so viel mehr als ein Science-Fiction-Roman«, sagte Jodorowsky. »Er beschäftigt sich mit Themen wie der Entstehung eines Messias und dem Fortschreiten durch verschiedene Stufen, die vollzogen werden müssen, um den lebensfeindlichen Umständen Herr zu werden. Außerdem geht es um das Streben nach Unendlichkeit und überlegenen Geisteskräften, um Drogenabhängigkeit und letztlich um Einsamkeit. Der Roman erzählt von einem Mann, der seinen Geist weiterentwickelt, bis er einen Gipfel erreicht hat – doch auf diesem Gipfel hat er jeglichen Kontakt zu anderen Menschen verloren. Um diesen Kontakt wiederherzustellen, muss er versuchen, die restliche Menschheit auf sein Niveau zu heben.« Wie Jodorowsky anmerkte, standen sämtliche Messiasfiguren, von Buddha über Jesus Christus bis zu Mohammed, vor demselben Problem. Und bezüglich der bösartigen Harkonnen fügte er hinzu: »Ich betrachte sie als Abbild der gegenwärtigen Menschheit. Als Verweis auf eine Welt, in der nichts heilig ist, in der der Mensch im Staub geboren wird, in der die gesamte Welt als Abfall gilt.« (»Das Ganze war ziemlich anti-katholisch«, sagte Herbert über Jodorowskys Herangehensweise an seine Geschichte. »Ich habe Alejandro deswegen öfter auf den Arm genommen. Deine größte Enttäuschung beim Drehbuchschreiben, habe ich zu ihm gesagt, war sicher, dass du keine Szene reinmogeln konntest, in der der Papst ausgepeitscht wird.«)
Jodorowskys erster Schritt war, Konzepte für die verschiedenen visuellen Elemente des Romans zu erstellen. Dafür engagierte er drei sehr unterschiedliche Künstler. Zuerst den französischen Comiczeichner Jean Giraud, besser bekannt als Moebius; Giraud sollte an Designs von Kreaturen und Figuren arbeiten, um »das Drehbuch Zeichnung für Zeichnung nachzubilden«, wie Jodorowsky es ausdrückte. In der Dokumentation Moebius Redux: A Life in Pictures erzählt Giraud von seiner Begegnung mit dem Regisseur: »Es war beeindruckend, neben Jodorowsky zu stehen. Ich hatte seine Filme gesehen. Damals war er einfach der Größte.« Als zweites Talent holte Jodorowsky den künstlerisch begabten Spezialeffektetechniker und aufstrebenden Drehbuchautor Dan O’Bannon mit ins Boot, der entscheidend an John Carpenters Science-Fiction-Parodie Dark Star mitgewirkt hatte und sich bald im Verbund mit Ronald D. Shusett als Koautor von Alien hervortun sollte. »Alejandro hat ein großes Büro in Paris angemietet«, erinnerte sich O’Bannon. »Er hat uns alle zusammen in ein Riesenzimmer gesetzt und uns mit der Ausrüstung versorgt, die wir wollten.« Dritter im Bunde war der britische Illustrator Chris Foss. Foss war in erster Linie durch Gemälde für Science-Fiction-Buchumschläge bekannt geworden, die zuvor erstmals gesammelt in »21st Century Foss« erschienen waren. »Jodorowsky war äußerst angetan von meinem Buch«, sagte Foss gegenüber Cinefantastique . »Deshalb hat er mich aus heiterem Himmel angerufen und gefragt, ob ich Lust hätte, in Paris zu arbeiten. Er hatte mir eine bestimmte Aufgabe zugedacht: die Maschinen. Dazu muss man sagen, dass in ›Der Wüstenplanet‹ eigentlich kaum Maschinen auftauchen. Aber als Jodorowsky und ich damit fertig waren, gab es plötzlich einen ganzen Haufen ziemlich exotischer Gerätschaften.« Bereits das frühe PR-Material für den Film wies auf die jeweiligen Wirkungsfelder der Künstler hin: »Design: Jean Giraud – Maschinen: Chris Foss – Spezialeffekte: Dan O’Bannon«.
Vier Monate lang, von August bis Dezember 1975, erstellte das Team um Jodorowsky zahllose Designs für Gemächer und Spice-Ernter, Charaktere und Kreaturen, Raumschiffe und Requisiten. »Es war eine phänomenal kreative Phase«, schrieb Chris Foss im Magazin Skeleton Crew . »Unser Quasi-Guru Alejandro trieb uns so hartnäckig an, dass mir einige meiner originellsten Arbeiten gelangen.
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