Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
Wir waren eine richtige Dreiergang, die unter der Führung ihres Meisters an einem millionenschweren Film bastelte, in einem palastartigen Bürogebäude, in dem keine Kosten und Mühen gescheut und sämtliche Materialien umgehend geliefert wurden, und – was am allerwichtigsten war – unter einem Regisseur, der wusste, was er wollte.«
Und noch einen Künstler wollte Jodorowsky für sein mehrstündiges Siebzig-Millimeter-Epos gewinnen: Der spanische Surrealist Salvador Dalí sollte den Imperator Shaddam IV. spielen. Überraschenderweise willigte Dalí ein, allerdings nur gegen eine bisher nie dagewesene Gage von 100000 Dollar pro Stunde. Bei einem Treffen in Dalís Haus, dem auch der amerikanische Maler Bob Venosa beiwohnte, entdeckte Jodorowsky das Werk des Schweizer Surrealisten H. R. Giger. »Bob Venosa rief mich an und meinte, der Regisseur Alejandro Jodorowsky würde sich für meine Arbeit interessieren«, schrieb Giger in seinem Buch »H. R. Giger’s Filmdesign«. Kurz entschlossen brach der Künstler mit seinem Portfolio im Gepäck aus der Schweiz nach Cadaques auf, wo er auf Dalí traf, doch zu seiner Enttäuschung feststellen musste, dass Jodorowsky bereits wieder nach Paris abgereist war. Aber im Dezember 1975, als Foss, O’Bannon und Giraud für die Weihnachtsfeiertage schon in ihre jeweilige Heimat zurückgekehrt waren, besuchte Giger Paris und ging bei Jodorowskys Studio vorbei, um seine Kontaktdaten zu hinterlassen. »Daraufhin«, so Giger, »rief mich Jodorowsky an, und später führte er mich durch sein Studio, um mir die Vorarbeiten zum Wüstenplanet-Film zu zeigen.«
»Diese Science-Fiction-Künstler entwarfen Raumschiffe, Satelliten, ganze Planeten«, erinnerte Giger sich. Ihm fiel auch auf, dass Kopien einiger seiner eigenen Werke als Inspirationsquelle dienten. »Jodorowsky meinte, dass es ihn sehr freuen würde, wenn ich am Design des Films mitwirken würde. Ich könnte einen ganzen Planeten erschaffen und hätte dabei absolut freie Hand. Nach meinen Entwürfen würde man dreidimensionale Modelle herstellen, in die man die Schauspieler einbetten könnte. Außerdem hätte ich die Möglichkeit, eigene Ideen zu Kostümen, Masken und so weiter umzusetzen.« Gigers Planet sollte Giedi Prime sein, die Heimatwelt der Harkonnen, auf der schwarze Magie, Gewalt und Perversion herrschen. »Kurz gesagt«, meinte Giger, »es ging um mein Spezialgebiet. Nur eines konnten wir nicht zeigen: Sex. Deshalb sollte ich an den Film herangehen wie an einen Kinderfilm. Jodorowsky hatte die Nase voll davon, dass seine Filme jedes Mal zensiert wurden.«
Ein dreißigköpfiges Team aus Spezialisten würde seine Vorstellungen in die dritte Dimension umsetzen, erklärte Jodorowsky dem Schweizer Künstler. Der Regisseur bestand darauf, dass Giger dasselbe Gehalt erhalten sollte wie Foss, also 4000 Schweizer Franken im Monat. Doch die Aufmerksamkeit, die der Film Giger zweifellos bescheren würde, wäre ohnehin unbezahlbar. »Beim Abschied waren wir uns einig, dass wir noch einmal telefonisch über das Geld sprechen würden«, meinte Giger. »Er gab mir das Drehbuch mit, damit ich mich gleich in die Arbeit stürzen könnte.« Zurück in der Schweiz überraschte Jodorowskys Agent den Künstler jedoch mit der Bitte, ein Gemälde der geplanten Landschaft anzufertigen und nach Paris zu bringen, um sicherzugehen, dass es auch zum Film passte. »So springt man eben mit les petits Suisses um«, ärgerte Giger sich darüber – und legte trotzdem sofort los. Er skizzierte und sprayte mehrere Ansichten von Schloss Harkonnen, das er nach dem Bilde des absurd fettleibigen, beinahe Buddha-artigen Baron Wladimir Harkonnen gestaltete.
In der Zwischenzeit bereiteten die potenziellen Ausmaße des Films zunehmend Sorgen. »Alejandros Drehbuch hätte ohne Übertreibung für einen Elf- oder Zwölf-Stunden-Film gereicht«, spekulierte Frank Herbert. »Es war dick wie ein Telefonbuch.« Auch Moebius hatte trotz seiner Begeisterung für den Film so seine Zweifel, ob er jemals Realität werden würde. »Es war ein gigantisches Projekt«, sagte er. »Mit riesigen Sets und riesigen Einstellungen und riesigen Armeen, die in der Wüste Schlachten austrugen. Im Stillen sagte ich mir oft, dass das alles unmöglich war, unvorstellbar. Ich musste erst gewisse Schwellen überwinden. Doch am Ende wurde mir klar, dass ich Alejandro vertrauen konnte, weil ihm die Sache sehr ernst war.« Der Verwirklichung des Projekts stand vor allen Dingen die
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