Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
treffen.
Während er den Genres Ernsthaftigkeit verleiht, vom Produktionsbudget bis zum historischen Detail, kann Scott ihnen auch das verlorene Pathos wieder zurückgeben. Mit einem Mal nehmen wir Gladiatoren und römische Soldaten wieder ernst, fürchten uns wirklich wieder vor Weltraumbestien (obwohl wir doch eigentlich aus dem Alter heraus sind), halten Robin Hood für eine historische Gestalt und Gangster nicht für Abziehbilder des Bösen. Keine B-Movie-Schlamperei (und wenn, dann auf hohem Niveau), aber auch keine postmoderne Ironie, keine Brechung und keine Selbstreflexion. Ridley Scott nimmt das Kino verdammt ernst.
Scotts Filme sind angestrengt und handeln von angestrengten Menschen. Er erspart ihnen nichts, und meistens setzt er sich bei der Produktion auch dann durch, wenn er durch eine pessimistische Wende oder den Verzicht aufs Happy End in Gefahr gerät, das Mainstream-Publikum zu verschrecken (wie zum Beispiel in dem etwas bitteren Ende von Matchstick Men , wo der neurotische Trickbetrüger, gespielt von Nicolas Cage, noch einmal von seinem Partner und seiner angeblichen Tochter hereingelegt wird: Ridley Scotts Helden sind oft Meister ihres Faches, und meistens hat dieses Fach mit Kämpfen, Jagen, Fliehen oder anderen großen Kraftanstrengungen zu tun; für das persönliche Glück sind sie eher weniger begabt).
Die Schwere bringen auch seine bevorzugten Darsteller mit, Harvey Keitel, Harrison Ford, Russel Crowe, Gérard Depardieu als Columbus, keine leichtfüßigen, tänzerischen, eleganten Typen, sondern massige, muskulöse, zum Introvertierten tendierende Charaktere, die auch den klassischen Helden-Auftrag und die damit verbundene Reise nicht aus freien Stücken und dem, was man so Wagemut nennt, antreten. So etwas wie »Esprit« ist ihnen fremd, wenn sie Humor haben, dann von dieser trockenen, britischen, immer ein wenig bösartigen Art.
Auch Scotts Frauen-Typen, Sigourney Weaver in Alien , Susan Sarandon in Thelma & Louise oder Demi Moore in G.I. Jane stehen von Beginn an unter mörderischem Druck; sie müssen oder wollen eher »wie Männer handeln«. Dass er keine Angst vor starken Frauen hat, hat Scott einmal betont – weil er mit ihnen aufgewachsen ist, in Krieg und Unfrieden danach. Frauen im Krieg also.
In seinem Robin Hood nimmt Lady Marian (Cate Blanchett) als Ritter verkleidet an der Schlacht teil, und auch in G.I. Jane geht es um das Werden einer »soldatischen Frau«. Die Ersetzung der eher zierlichen Jodie Foster als Clarice Starling durch die kräftigere Julianne Moore veränderte die Beziehung zwischen der Schönen und dem Biest in der Hannibal -Saga fundamental. Frauen emanzipieren sich in Scotts Universum nur, indem sie die besseren Männer werden und ein nur teilweise ironisches »suck my dick« ausspucken können. Das ist kein Vergnügen.
Überhaupt gibt es in Ridley Scotts Filmen wenige Glücksmomente, nicht einmal große Versprechen darauf. Aber den starken Frauen gehören natürlich dennoch die schönsten Momente im Scott-Universum: Cate Blanchett, wie sie buchstäblich den Crowe-Robin aus seiner Umpanzerung befreit, Sigourney Weaver in Alien , die versteht, wo die Männer nur noch dumm handeln können, und konsequenterweise kann es auch nur eine Frau sein, die in Prometheus das letzte Wort hat.
Schwer ist auch das Gerät in seinen Filmen, die Ausrüstung drückt die Menschen förmlich zu Boden oder sonst wohin, egal, ob es sich um Raumschiffe, Schlachtrösser oder Kampfhubschrauber handelt. Auch das, natürlich, hat seinen realistischen Hintergrund. Russell Crowe in Robin Hood ist so schwer, dass man schon Witze über sein Übergewicht kolportierte, aber das ist es nicht. Was diesen Helden niederdrückt, ist eine andere Form von Schwere, so, als hätte er die Erd- und Blutklumpen der Schlachten und Schlächtereien auf dem Kreuzzug nicht mehr wirklich loswerden können. In beinahe allen Scott-Filmen gibt es eine Szene, in der sich der Held oder die Heldin »reinzuwaschen« versucht, was nicht wirklich gelingen kann. Die Eleganten dagegen sind die Bösen. Von den Duellisten an sind Scotts Helden auf den offenen Kampf aus und finden ihren Widerpart in den verdeckten Codes und Intrigen. Man bekämpft einander nicht nur mit Waffen und Gesetzen, sondern auch mit Machinationen und Legenden. In American Gangster wie in Matchstick Men verbindet die miteinander rivalisierenden Männer ein durchaus brüderliches Verhältnis, in Gladiator entwickelt sich die Rivalität zwischen
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