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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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ich mich kurz in einen der Polizeiwagen setzte, etwas Unverständliches in den Funk brüllte, dann um den Wagen herumging und auf der anderen Straßenseite ein paar Neugierige anschnauzte, dass sie weitergehen sollten. Dann mischte ich mich unter diese Leute und verschwand in der Anonymität des Ku'Damms.
    Wieder in Sicherheit musste ich mich erst einmal beruhigen. Meine Hände zitterten, meine Knie kribbelten, als würden sie gleich ihren Dienst versagen. Ich konnte kaum glauben, dass es mir wieder einmal gelungen war zu entkommen.
Ich setzte mich auf eine Bank am Ludwigkirchplatz und atmete tief durch. Es war ein Wunder. Ein unglaubliches, unfassbares Wunder. Ich war noch immer frei! Sie hätten mich fast geschnappt, aber ich war ihnen entwischt.
Leise und ehrfürchtig dankte ich Gott, allen anderen Göttern und Schutzheiligen dieser Welt, die etwas mit meiner Rettung zu tun haben könnten, und schwor, es eines Tages wieder gutzumachen. Ich würde meine letzten Cent einem Waisenhaus spenden, nie mehr fluchen oder Tiere quälen. Ich war glücklich, dass ich noch immer die Luft dieser Stadt atmen durfte, dass ich am Leben war und in Freiheit.
Selig lächelte ich eine ältere Frau an, die mit ihren zwei Enkelkindern an der Hand durch den Park lief. Sie lächelte zurück und zeigte den beiden Kleinen den freundlichen Polizisten auf der Bank. Die lieben Kleinen hatten aber kein weiteres Interesse an mir, sondern kümmerten sich lieber um ein Eichhörnchen, das einen dicken Baumstamm hochkletterte, als gäbe es keine Schwerkraft.
Ich saß lange so da und genoss das Gefühl, ein lebendiger, freier Mann zu sein, bis mich die Erkenntnisse meines Gespräches in dem Büro wieder einholten. Es wurmte mich immer mehr, zu erkennen, dass ich offenbar reingelegt worden war. Clara musste mich für einen Obertrottel gehalten haben, als sie mich für ihr perfides Spiel ausgesucht hatte. Und ich war, wie es sich für einen Obertrottel gehört, Schritt für Schritt, Wort für Wort ihrem Drehbuch gefolgt und in die Falle getappt.
Aber woher kannte sie mich? Und warum wollte sie mich? Wenn sie das so lange vorher schon geplant hatte, dann war ich nicht nur ein zufälliger Sündenbock. War ich vielleicht der richtige Mann für die richtige Sache?
Ich überlegte, was so Besonderes an mir war, was sie hatte auf mich aufmerksam werden lassen, doch das Einzige, was mir einfiel, war meine Stelle beim Financial Report. Dort war vor mehr als einem halben Jahr, also ein paar Monate vor dem Unfall, ein großer Hintergrundbericht über mich veröffentlicht worden, da sehr viele Leserzuschriften auf mich Bezug nahmen. Hatte sie mich ausgesucht, weil ich Ahnung von Wirtschaft hatte? Hatte sie einen Schauspieler angeheuert, damit er mir die Wohnung neben ihrer vermittelte? Hatte sie mich darum mit den Worten »Schreibe über etwas, womit du dich auskennst« auf die Geschichte angesetzt? Ging es ihr am Ende vielleicht gar nicht darum, mich in eine Sache hineinzuziehen, sondern darum, Antworten zu bekommen, die sie selbst nicht finden konnte?
Ich grübelte und grübelte, bis ich von einem scharfen Piepen an meiner Hüfte aus meinen Gedanken gerissen wurde. Das Piepen kam aus der Hose, die ich unter der Uniform um meinen Körper geschlungen hatte. Das konnte nur eines sein: das Handy.
So schnell ich konnte, zog ich meine verschiedenen Schichten aus, wickelte die Hose ab und ging ans Telefon. Mit angespannten Fingern nahm ich ab und hielt das Handy ans Ohr. »Ja?«
Eine tiefe Männerstimme sagte nur drei Worte: »Du hast Post.« Dann wurde die Verbindung unterbrochen.
Ich steckte das Handy wieder ein und schluckte. Wenn ich jetzt zu dem Postfach ging und die Post annahm, bedeutete das, dass ich mich auf die Seite des Feindes begeben würde. Direkt in die Höhle des Löwen. Und von dort gab es mit Sicherheit kein Entkommen.
     

Das Haus am See
    Es war ein einfacher brauner Umschlag ohne Absender. Es stand Carl Meyer darauf und die Anschrift mit der Nummer des Postfachs.
Darin befand sich ein einfacher weißer Zettel, auf dem in schnörkelloser Schrift eine Adresse gedruckt war. Eine Hausnummer am Schlachtensee in Zehlendorf. Dazu war das morgige Datum und 12:00 als Uhrzeit angegeben. Das war's. Mehr nicht. Kein »Viele Grüße, Dein Erzfeind« oder »Keine Bullen, streng geheim«. Nichts.
Ich wusste nicht, ob jetzt von mir erwartet wurde, dass ich das Papier aufaß oder verbrannte, aber das war mir auch egal. Ich steckte es in meine Hosentasche, für alle

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