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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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vorbei kam.
Er gehörte zu »ihnen«.
Als wäre ich auf einmal aus einem tiefen Schlaf aufgewacht, entdeckte ich nun noch mehr auffällige Personen. Ein Jogger, der überhaupt nicht schwitzte, aber ein Handtuch um seine Schultern geworfen hatte, ein Spaziergänger mit Hund, der ihn ohne schlechtes Gewissen auf dem Bürgersteig sein Geschäft verrichten ließ. Und an dem Haus, in dem die Veranstaltung stattfinden sollte, hielten sich zwei Arbeiter auf, die bei ihrem orange farbigen Pick-up standen, der angeblich den Berliner Wasserwerken gehörte, aber sie arbeiteten nicht, sondern sahen sich gelangweilt und auffällig unauffällig um.
Ich spürte, wie sich meine Nervosität mit einem Schlag verschlimmerte. Warteten sie auf mich? War das eine neue Falle?
Mein Mund wurde auf einmal dermaßen trocken, dass ich am liebsten einem der Jogger seine Wasserflasche aus der Hand gerissen hätte. Doch wenn ich es mir recht überlegte, war es sehr unwahrscheinlich, dass sie den ganzen Aufwand meinetwegen betrieben. Es wäre einfacher, mich heimlich zu verfolgen und irgendwann mal vor einen Bus zu schubsen, wenn sich die Gelegenheit ergab. So viele Leute nur für mich, das konnte nicht sein.
Doch ich entspannte mich nicht bei diesem Gedanken. Denn die andere Variante, die mir noch blieb, war auch nicht sonderlich beruhigender. Auf jeden Fall musste ich höllisch aufpassen, wenn ich diesen Ort lebend wieder verlassen wollte.
Ich sah auf die Uhr. Es war Viertel vor Zwölf. Zeit für Carl Meyer, seinen Dienst anzutreten. Mein Auftritt konnte beginnen.
    Ich ging möglichst ruhig über die Straße auf das Haus zu. Es lag versteckt zwischen Bäumen und Sträuchern am Hang. Eine schmale Auffahrt führte zu dem braunen Klinkerbau, der heute offenbar eine wichtige Rolle spielen sollte. Daneben war noch mehr Gebüsch. Zwischen den Bäumen glitzerte der Schlachtensee. Ich versuchte, meine Hände an der Uniformhose zu trocknen, als ich die Blicke der angeblichen Wasserwerker bemerkte. Einer nickte mir kaum merklich zu und ich ging mit einem ebensolchen zarten Nicken auf ihn zu. Er war um die dreißig, hatte schütteres, helles Haar und helle Augen, die er zusammenkniff, als ich in erreichte.
»Schon Mittag gegessen? Das wird ein langer Tag heute.« Mit diesen Worten begrüßte er mich, und ich stand nun vor der schwierigen Aufgabe, die richtige Antwort zu geben. Denn das war bestimmt ein Code.
Was könnte dazu passen? Fieberhaft überlegte ich, wie ich mich aus der Affäre ziehen könnte, doch es gab nur die Flucht nach vorn.
»Ich habe gesoffen letzte Nacht, keine Ahnung. Ich hab's vergessen, also lass es sein, okay?«
Meine Hände wanderten unwillkürlich zu der Beretta unter der Jacke, obwohl mir klar war, dass ich keine Chance haben würde. Doch der Kerl sah mich nur verwundert an und blickte dann zu seinem Partner, der mindestens zehn Jahre jünger schien und gelangweilt meine Uniform musterte.
»Ich meine ja nur. Okay, dann eben nicht. Ist ja dein Problem, wie du den Tag überstehst. Dein Job ist es, die offizielle Wache zu übernehmen!«
Also wohl doch kein Code. »Klar«, antwortete ich schnell. Doch ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Er half mir. Wahrscheinlich wusste er, wie es war, wenn man zu viel getrunken hatte. »Also, wie immer, auf und ab. Freundlich zu den Leuten, aber nicht zu freundlich. Du weißt schon.«
»Klar. Bin doch kein Anfänger.« Jetzt wusste ich es wirklich. Patrouille als Polizist. Kein Problem.
Ich atmete innerlich auf und entspannte mich ein wenig.
Doch als er sich umsah und dann in den orange-farbigen Pick-up griff, zuckte ich zusammen. Und wieder wollten meine Hände zu der Beretta wandern. Doch was er aus dem Wagen holte, war ein winziges Funkgerät. Er reichte es mir und sagte mir dabei die Frequenz, dann nickte er wieder, während ich mir das Gerät unauffällig ansah und dabei versuchte herauszufinden, wie es funktionierte.
Dann warf ich den beiden ein »Viel Spaß« zu, das sie mit gerunzelter Stirn zur Kenntnis nahmen, und begann meine Arbeit, indem ich langsam den Bürgersteig entlangging, immer noch mit dem Funkgerät beschäftigt.
Schließlich hatte ich herausgefunden, wie man die Frequenz einstellte, ich steckte mir den kleinen Knopf ins Ohr und den Empfänger in die Uniformtasche.
Allerdings hörte ich nichts aus dem kleinen Ohrhörer, so dass ich schon daran zweifelte, alles richtig gemacht zu haben. Ich wollte gerade das Gerät wieder aus der Tasche holen, als es plötzlich in meinem Ohr

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