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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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unverändert aufregend und verführerisch, geheimnisvoll und interessant. Und sehr, sehr sexy. Dennoch musste ich auf sie verzichten.
In diesem Moment verstummte Nicole und lauschte in unsere Küche. »Kocht da was?«
Mir fiel ein, dass das Wasser auf dem Herd inzwischen schon völlig verkocht sein musste, und ich löste mich schnell von meinem Platz, um in die Wohnung zu laufen. Nicole verabschiedete sich daraufhin rasch von unserer Nachbarin und folgte mir.
Als ich noch einen kurzen Blick zu Clara warf, öffnete sie gerade ihre Wohnungstür und warf mir das süßeste Lächeln zu, das je ein Mann gesehen hat. Es war entschuldigend und liebevoll, scheu und reuig und verheißungsvoll. Es war Himmel und Hölle zugleich, denn neben mir huschte Nicole in die Wohnung und zog Mantel und Schuhe aus. Dann machte ich die Tür zu, während Clara in ihrer Wohnung verschwand.
Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe.
     

Schweigegeld
    Die Nudeln waren zu salzig und nicht besonders lecker, wie Nicole mit einem unglücklichen Blick bemerkte. Sie hatte ihr Essen kaum angerührt, während ich mir Mühe gab, wenigstens so zu tun, als könne man es essen. Wir beschlossen schließlich, etwas beim Lieferdienst zu bestellen.
Dann saßen wir im Wohnzimmer, mampften richtige Spaghetti und Cannelloni, während wir uns einen Film mit Tom Hanks ansahen, in dem er noch jung war und den komischen Helden spielte. Doch ich war nicht richtig bei der Sache.
Es wäre wirklich eine fantastische Geschichte, wenn etwas am Tod des Bankmanagers faul und Andreas Werner Opfer eines Verbrechens geworden wäre. Doch bisher sprach alles dagegen, auch wenn Franz anderer Meinung war. Es schien ein ganz normaler Unfall gewesen zu sein.
Aber ich hoffte immer noch, dass ich mehr finden würde. Franz schien da wesentlich optimistischer. Er war sonst eigentlich nicht so, ich kannte ihn. Bei solchen Unfällen machte er einen zynischen Witz über die Dummheit des oder der Toten und ging danach zur Tagesordnung über. Dass er hier etwas anderes vermutete, als in den Akten stand, war wirklich eigenartig.
Und eigenartig war auch, woher Clara die Sache mit der verschwundenen Aktentasche wusste. Hatte sie einen Draht zu Werners Sekretärin? Oder zu seiner Witwe? Oder hatte sie sich das nur ausgedacht und es war rein zufällig tatsächlich wahr?
Im Geiste machte ich mir eine Notiz, sie sobald wie möglich darauf anzusprechen und über ihre Quellen auszufragen.
Neben mir lachte Nicole über eine witzige Bemerkung, die Tom Hanks gerade gemacht hatte.
Leider bemerkte Nicole, dass ich nicht so ganz bei der Sache war, und stellte den Ton leiser.
»Ist was?«
»Nein.« Ich nahm ihr die Fernbedienung aus der Hand und stellte den Ton wieder lauter. Sie sah mich an.
»Was soll das? Ich merke doch, dass du von dem Film nichts mitkriegst. Du bist mit deinen Gedanken ganz wo anders. Also, wo bist du?«
Das war meine Chance, ihr von dem Buch über Andreas Werner zu erzählen, doch ich wollte nicht. Noch nicht. Erst wenn mein Buch und die Reportage fertig waren und sie mich nicht mehr auslachen und an meine früheren, missglückten Versuche erinnern konnte. Also log ich.
»Ich hab den Film schon dreimal gesehen, da kann man schon mal ein bisschen abschalten zwischendurch. Das ist die Müdigkeit.«
Demonstrativ hängte ich ein künstliches, lautes Gähnen an meine Aussage, was Nicole zu einem Kopfschütteln verleitete.
»Was machst du eigentlich den ganzen Tag, wenn du frei hast? Mittagsschläfchen? Nachmittagsnickerchen und morgens lange ausschlafen?«
Die Ironie in ihrer Stimme hätte mich normalerweise auf die Palme gebracht, aber heute nicht.
»Das Nachmittagsnickerchen kann auch schon manchmal durch einen Spaziergang oder eine Internetrecherche ersetzt werden, da bin ich flexibel.«
Ich gähnte noch einmal, doch dieses Mal war es echt.
Sie schüttelte wieder den Kopf. »So ein Leben wie du möchte ich auch mal haben, das ist echt unglaublich.«
»Kannst du doch. Es zwingt dich keiner, Karriere zu machen.«
Schon als ich das sagte, hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Doch es war zu spät. Nicoles Augen funkelten.
»Du bist so ein ekelhafter Macho-Kerl. Wenn du jetzt wieder mit dieser Diskussion anfängst, schreie ich laut.«
Mit »dieser Diskussion« meinte sie unseren ewigen Widerspruch in Sachen Nachwuchs. Ich hatte eigentlich nichts dagegen, in nicht allzu ferner Zukunft Vater zu werden, während sie sich mit allen Kräften dagegen sträubte. Wir hatten kurz

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