Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
Vom Netzwerk:
amerikanische Pistole, eine Beretta 96. Vierziger Kaliber mit normalerweise zehn Schuss im Magazin. Eine Patrone fehlte.
Ihr Plastikgriff lag warm und harmlos in meiner Hand, dabei konnte sie so gefährlich sein. Sie hatte bereits einen Menschen auf dem Gewissen. Mindestens.
Ich wog sie in meiner Hand. Wenn sie mich beschützen sollte, musste ich lernen, ihr zu vertrauen. In den drei Sekunden, die ich brauchte, um sie zu entsichern und mit wackeligen Armen auf den Gegner zu richten, wäre ich schon dreimal gestorben.
Niemand verließ das Haus. Er war jetzt bereits seit fünf Minuten darin.
Ich nutzte die Gelegenheit, um mir die Brieftasche des Volvofahrers anzusehen, ob sich darin vielleicht Bargeld befand, das mir endlich ein Essen bescheren würde. Doch es kamen nur Kleingeld und ungefähr dreiunddreißig Kreditkarten darin zum Vorschein.
Frustriert nahm ich die wenigen Euros und Cents heraus und warf die Brieftasche in das Handschuhfach. Der Killer war noch immer nicht zurück. Das konnte ein gutes Zeichen sein. Vielleicht hatte das potenzielle Opfer ihn beseitigt. Aber dann würden hier bald Polizeiwagen auftauchen.
Ich saß wie auf Kohlen. Was sollte ich tun?
Nach einer halben Stunde war noch immer nichts passiert, und ich beschloss, es darauf ankommen zu lassen. Falls mir der Killer heute entwischen sollte, würde ich am Postfach erneut auf ihn warten. Aber darauf musste ich vorbereitet sein. Dann konnte ich das Überraschungsmoment ausnutzen und ihn überwältigen.
Ich ließ den Motor wieder an, legte die Waffe auf den Beifahrersitz und fuhr los. Aus der Stadt raus.
    Die Autobahn Richtung Hamburg war voll, aber zum Glück gab es keinen Stau. Der Verkehr floss zügig raus aus Berlin und auf der Gegenfahrbahn auch gut wieder herein. Hier fiel ich nicht auf. Allerdings wollte ich sowieso nicht weit.
Bei der nächsten Ausfahrt fuhr ich von der Autobahn ab und eine kleine Landstraße entlang, bis ich in einem Waldgebiet landete. Hier bog ich in einen Waldweg ab, hielt an und stieg aus. Ich nahm die Beretta, steckte sie zurück in meinen Hosenbund und lief tief in den Wald hinein, immer die Position des Wagens im Hinterkopf, damit ich ihn auf jeden Fall wiederfand. Als ich eine geeignete Lichtung erreicht hatte, lief ich im Umkreis von zweihundert Metern das Terrain ab. Als ich nichts und niemanden fand, der durch eine Pistolenkugel tot verletzt werden konnte, baute ich mir eine Art Schießstand auf. Auf einem Baumstamm legte ich die Waffe ab, platzierte daneben die Munition und ging danach ein paar Schritte zu einem Baum in ungefähr zwanzig Metern Entfernung. Dort bastelte ich mir aus Zweigen und Blättern eine Zielscheibe, die ich an einen Ast hing.
Wieder zurück bei der Waffe zielte ich auf die Mitte und drückte ab.
Der Schuss knallte in meinen Ohren. In der Stille des Waldes wirkte er wie ein Donnerschlag. Doch danach war sofort alles wieder still, nur in meinen Ohren dröhnte es nach. Ein paar Vögel hatten sich aus der Ruhe bringen lassen, fanden aber sofort wieder zu dem zurück, was auch immer sie gerade getan hatten.
Ich versuchte zu erkennen, wo ich getroffen hatte, aber das konnte ich mir sparen. In einem Baumstamm weit daneben war ein Loch, das mir auffiel.
Dann eben noch einmal. Ich fixierte die drei Punkte und konzentrierte mich auf das Ziel. Dann drückte ich wieder ab. Dieses Mal bewegte sich die Zielscheibe nach dem Schuss. Ich hatte also getroffen, aber wo?
Der dritte Schuss war wirklich ein Treffer, ein Blatt, das den inneren Ring darstellen sollte, war durchlöchert. Auch der vierte und fünfte Schuss saßen. Der sechste ging daneben, weil ich übermütig geworden war und aus der Hüfte schießen wollte. Nummer sieben, acht und neun saßen wieder. Beruhigt legte ich die Waffe nieder. Jetzt fühlte ich mich besser. Mehr Munition wollte ich nicht vergeuden, denn ich besaß nur noch zwei Magazine mit jeweils zehn Schuss. Deshalb übte ich nur noch ein wenig, die Waffe aus der Hose zu nehmen, zu entsichern und wieder zu sichern, bis ich sie wieder lud und dann zurück zum Auto ging.
Ich machte ein kleines Nickerchen, um wieder klar denken zu können, und fuhr dann zurück nach Berlin. Es war inzwischen Abend, und ich hoffte, noch einen Verbündeten zu finden.
    In der Gerichtsmedizin war nicht viel los, wie es aussah. Der Schichtwechsel hatte stattgefunden, und ich ließ mich wieder von Dr. Janosch in das Gebäude bringen. Er sah müder aus, begrüßte mich aber mit demselben warmen Lächeln, als

Weitere Kostenlose Bücher