Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
zueinandergefunden,vereinigten sie sich zu einer hohen Feuerwand, die Tenan von den Freunden trennte. Die Hitze der Flammen war mörderisch. Chast und die anderen wichen zurück. Die Wand aus Feuer war unüberwindbar und prasselte in irren Lohen.
Tenan war abgeschnitten von den Gefährten, nun ganz allein auf sich gestellt. Der Bash-Arak sank langsam von oben herab in den Halbkreis aus Feuer, seine Augen leuchteten. Die dunklen Schrecken seiner Albträume erwachten in Tenans Seele. Verzweifelt riss er an dem Beutel um seinen Hals. Der Kristall hatte ihm früher gegen Leargh geholfen, vielleicht tat er es auch diesmal. Er hielt den Gegner mit fahrigen Schwertstreichen auf Abstand, während er den Meledos aus dem Beutel nestelte. Endlich hielt er ihn in der Hand und hob ihn zitternd empor. Wie schon viele Male zuvor legte sich ein Schleier aus Finsternis über den Ort, obwohl der Stein in rotem Licht funkelte. Seine Oberfläche fühlte sich kühl und beruhigend an.
»Lass mich jetzt nicht im Stich«, flehte Tenan innerlich. »Du hast mir schon einmal geholfen. Du gehörst zu mir und ich zu dir. Wir sind auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden.«
Er besaß keinen Com mehr, denn der war damals zerstört worden, als er Leargh in den Höhlen unter dem Bugfelsen abgewehrt hatte. Ohne den Stab würden seine spärlichen Zauberkünste wohl kaum eine Wirkung zeigen. Nur voll ausgebildete Magier konnten ohne dieses Hilfsmittel auskommen, aber davon war er noch weit entfernt. Er hoffte, dass durch die Berührung des Meledos wenigstens die Zuversicht und der Mut von damals wieder aufsteigen würden, als er gegen Leargh gekämpft hatte. Das überwältigende Gefühl des Einsseins seines Geistes mit den Elementen, die Kraft und Stärke, die er damalsgefühlt hatte – all das wäre ihm nun willkommen gewesen. Doch sein Kopf blieb beängstigend leer. Panik und Verzweiflung verhinderten, dass er einen klaren Gedanken fassen konnte.
Der Bash-Arak zögerte, als er den Kristall erblickte. Fast schien es Tenan, als verbeuge er sich vor dem Stein. Ihm entging nicht das Glitzern in seinen Augen.
»Es ist sinnlos«, sagte der Schatten mit tiefer Stimme. »Du kannst den Meledos nicht gegen mich einsetzen. Dir fehlt die magische Ausbildung der Enim.«
Tenan richtete sich trotzig auf. Er musste Stärke vortäuschen und so vielleicht Zeit gewinnen. »Täusche dich nicht! Ich habe deinen Diener Leargh vertrieben und werde mit dir ebenso verfahren!«
Der Bash-Arak lachte, sein Lachen wurde immer lauter, bis es vor Spott und Hohn triefte. »Glaubst du wirklich, dass das dein Verdienst war? Deine armseligen magischen Kräfte sind allenfalls bei geringen, schwachen Schattenwesen wirksam, wie Leargh eines ist. Aber um mich zu bezwingen, bedarf es eines mächtigen Zauberers, der die Geheimnisse der Enim kennt. Wenn du mir wirklich gefährlich werden könntest, hättest du deine hochtrabenden Worte schon längst in die Tat umgesetzt.«
»Das Gleiche gilt für dich!«, erwiderte Tenan trotzig. »Wenn du so mächtig wärest, wie du sagt, warum hast du mich nicht schon früher getötet? Du hättest den Kristall jederzeit an dich bringen können! Wozu das lange Warten?«
Der Bash-Arak antwortete nicht gleich. Er umkreiste ihn wie ein Raubtier und musterte ihn eingehend. Tenan drehte sich um die eigene Achse, damit er den Gegner stets im Blickfeld behielt.
»Du bist aus einem besonderen Holz geschnitzt«, sagte der Herr der Schatten schließlich. »Ich nehme etwas an dir wahr, das anders ist als bei gewöhnlichen Menschen. Du kannst sie nicht sehen, die feinen Fäden der Magie, die dich umspinnen. Aber ich nehme sie deutlich wahr.«
Tenan umfasste den Kristall fester. Er war verwirrt. Wovon redete der Schatten?
»Ich will dich nicht töten. Nicht jetzt. Du hast recht, ich hätte das schon längst tun können, nachdem ich dich gefunden hatte.«
Der Bash-Arak schwebte ein wenig näher, und Tenan hob die Klinge.
»Was willst du stattdessen?«
Der Schatten blieb abrupt stehen. Er flüsterte kaum hörbar: »Ich habe dich und deine Fähigkeiten die ganze Zeit über gründlich studiert. Deine verborgenen Kräfte sind beeindruckend. Du könntest nützlich sein.«
Die Antwort war verstörend in der Schlichtheit und Freimütigkeit, mit der sie ausgesprochen wurde.
»Ich werde niemandem nützlich sein«, rief Tenan. »Mein Meister hat mich viel gelehrt, besonders dies: immer den Weg zu wählen, den ich selbst für den besten halte. Glaubst du
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