Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
Wasser, aus dem Schacht an die Erdoberfläche zu gelangen, wo er Eilenna undihre Begleiter auf ihrem Weg über die Ebene wiederentdeckte. Unbemerkt verfolgte er sie bis nach Meledin. Es war ein Leichtes gewesen, verborgen in die Stadt zu gelangen. Er tötete einen Händler, dessen Kleidung und Kapuzenmantel er an sich nahm, und mischte sich unter eine Gruppe Fahrender, die unbehelligt die Stadttore passierten.
Nun stand er unter einem Torbogen auf einem Marktplatz Meledins und war seinem Ziel so nah wie nie zuvor! Er hatte befürchtet, lange nach Eilenna suchen zu müssen, doch nun befand sie sich nicht weit entfernt vor ihm. Es war nun nur noch wichtig, dass er das Mädchen mit sich nehmen konnte, aber dazu musste er klug und vorsichtig vorgehen. Außerdem war der Stein, den er bei sich trug, eine Quelle andauernder Gefahr, das wusste er. Denn er stand in Verbindung zu den Schatten, und ohne den Schutz einer Rune konnten sie gefährlich werden, so wie es damals sein eigenes Volk erlebt hatte. Er durfte sich nicht in Sicherheit wiegen. Auch ahnte er, dass der Schatten, mit dem er gekämpft hatte, nicht vernichtet war. Er würde die Spur des Kristalls wiederaufnehmen und ihn verfolgen. Bei einem nächsten Aufeinandertreffen würde er im Vollbesitz seiner magischen Kraft sein, gegen die Thut Thul Kanen nichts ausrichten konnte. Darum musste er seinen Trumpf bald ausspielen.
Das Gewicht des Kristalls wog beruhigend in seiner Hand. Er hatte ihn in einen Stofflumpen gehüllt, den er auf dem Markt gestohlen hatte. Er durfte nicht der Versuchung nachgeben, ins Innere des Kristalls zu blicken. Er strebte ohnehin nicht nach den Verlockungen der Macht, die der Stein versprach. Ihm waren andere Dinge wichtig – die Blume des Nordens! Aber der Kristall konnte dabei hilfreich sein, seine Ziele zu erreichen. Er war sein Einsatz bei diesem Spiel und gleichzeitig sein Trumpf;denn das Spiel um das Mädchen war noch nicht zu Ende! Der Hochkönig würde es sich nicht leisten können, das Angebot abzulehnen, das er ihm unterbreiten würde.
Noch einmal sog er das Bild Eilennas tief in sein Innerstes auf, füllte jede Faser seines Seins mit der Erinnerung an sie. Dies musste genügen, um seine Seele zu beruhigen und ihm die Kraft für die nächsten Schritte zu geben ... bis er sie wiedersah. Dann würde sie für immer sein Eigen sein und bei ihm bleiben. Er wandte sich ab und verschwand in der Menschenmenge.
16
Düster und nebelverhangen rauschte das Narnen-Meer gegen die Klippen vor der Festung von Meledin. Es war in den letzten Tagen kühler geworden, der Herbst kündigte sich nun mit aller Macht an. Eine steife Brise aus dem Westen wehte die ersten vereinzelten Regenschauer heran und beraubte die Bäume ihrer bunten Blätterpracht.
Tenan schlang den Umhang fester um sich. Er hatte einen Wehrturm bestiegen, der bei schönem Wetter einen weiten Ausblick nach Süden gewährte. Doch diesmal ließ es das Wetter nicht zu. Das Meer hüllte sich in den gleichen Schleier der Ungewissheit aus Wolken und Nebel, der auch seine Zukunft verbarg.
Unten im Hafen machte sich die Flotte zum Auslaufen bereit; den ganzen Tag schon wurden Soldaten, Pferde und Kriegsmaterial verladen. Es waren stattliche Schiffe, wenngleich sie klein schienen im Vergleich zu den Ausmaßen eines Dronth-Brechers.Andorins Streitmacht umfasste einige tausend Mann, die meisten davon Ritter aus dem Dan-Orden. Es waren fähige Krieger, ausgebildet in den härtesten Disziplinen der Kampfkunst und bewandert in den Künsten der Magie. Doch würden sie dem Heer des Todesfürsten gewachsen sein, das Gondun besetzt hatte?
Was würde Tenan erwarten, wenn er die Küsten Gonduns betrat? Würde alles zerstört sein, das ihm lieb und teuer gewesen war? Würde er Osyn lebend wiedersehen? Fragen über Fragen. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie sehr sein vergangenes Leben mit dem alten Meister verbunden war und dass Osyn ihm mehr bedeutete, als er sich je zugestanden hatte.
Gedanken des Zweifels nagten an ihm. War es richtig, den Meledos-Kristall einfach seinem Schicksal zu überlassen?
Er konnte nicht glauben, dass der Kristall irgendwo vor der Küste in den versunkenen Hallen auf dem Boden des Meeres lag. Der Bash-Arak würde nicht ruhen, bis er ihn gefunden hatte.
Leises Flötenspiel wehte durch den Dunst zu ihm herüber. Die Töne klangen wehmütig und klagend, als seien sie ein Spiegel seiner Seele, voller Ungewissheit und unbeantworteter Fragen. Er schaute umher und sah in
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