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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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Schafen zwischen Liliensträuchern.
    Ottos und Elanas Augen wanderten zwischen den Mosaiken und Gerbert hin und her. Der Erzbischof von Ravenna wandte sich der Burgherrin aus Sachsen zu. »Solche Kunstwerke habt Ihr in Eurer Heimat nie gesehen. Sie sind besonders wichtig für alle Gläubigen, die weder lesen noch schreiben können. Viele verstehen nicht einmal die Worte ihres Priesters. Die Bilder sind ihre Brücke zu Gott.« Oder Brücken zu den Gefahren der Gegenwart, durchfuhr es Gerbert, als er auf einem seitlichen Mosaik die Darstellung des weißhaarigen Priesterkönigs Melchisedek entdeckte. Er dachte an Alexius, schickte ein Stoßgebet zum Himmel.
    Elana bemerkte, dass der Gelehrte plötzlich mit sich selbst beschäftigt war, und sah sich in der Kirche des heiligen Apollinaris um. Die Weite der Basilika beeindruckte sie am meisten. Zwei Reihen prachtvoller Marmorsäulen auf würfelförmigen Sockeln begrenzten das gewaltige Mittelschiff.
    Beim Anblick der Kapitelle mit den wie vom Wind geblähten Akanthusblättern musste Elana an Rom denken. Zwischen Pinien auf dem Kapitol hatte sie richtige grüne Akanthusbüsche gesehen. Plötzlich erinnerte sie auch die Form des Kirchenschiffes an die römischen Basiliken auf dem Lateran und dem Aventin. Bei ihrer Ankunft in Ravenna hatte Elana allerdings bemerkt, dass die Kirche von Ravenna außen anders aussah. Rote Ziegelsteine verkleideten den Jahrhunderte alten Bau mit den außergewöhnlich vielen Bogenfenstern. Der runde Turm war neu. Elana gefielen vor allem die von eleganten Säulen getrennten Dreibogenfenster.
    Klein wie eine Mücke kam sich die Burgherrin vor, als sie wieder zur Apsis aufblickte, um die von Gerbert kommentierten Mosaike genauer zu studieren. Überall waren Schafe abgebildet. Rechts und links über dem Apsisbogen sah sie sechs Lämmlein aus je einem Stadttor mit vielen Türmen herauskommen.
    Gerbert trat wieder zu ihr. »Entschuldigt mich, Elana. Erinnerungen …«
    Interessiert folgte der Gelehrte ihrem Blick. »Die Städte sind Jerusalem und Bethlehem«, erklärte er leise. »Aus dem Stadttor von Jerusalem kommen jene Christen, die früher Juden waren, aus Bethlehem die Heidenchristen.«
    Fasziniert nahm Elana jedes Wort in sich auf. Sie hätte stundenlang zuhören können. Schon auf dem Schiff war der Gelehrte für sie eine unerschöpfliche Quelle des Neuen gewesen. Interessiert sagte sie: »Unten sind noch mehr Schafe.«
    »Die weißen Lämmer über den Fenstern stellen die Apostel dar, das wisst Ihr«, erklärte Gerbert. »Reinheit und Unschuld werden mit den weißen Lilien symbolisiert. Schon den alten Griechen war dies bekannt. Deshalb hasste die Liebesgöttin Aphrodite die Lilie.«
    »Alle Dinge und Worte haben für Euch eine besondere Bedeutung«, sagte Elana träumerisch. Plötzlich bemerkte sie, dass Otto nicht mehr neben ihnen stand, und sah sich um.
    Der Kaiser hatte sich entfernt und kniete vor dem goldenen Kreuz. Er fühlte sich unsicher, nervös. Jeden Moment konnte ein Mönch des zur Basilika gehörenden Klosters von Ravenna kommen, um ihn zum Abt zu rufen. Zu Romuald, dem ehemaligen Eremiten der Poinsel Pereum. Otto betete zum Herrn und zum heiligen Apollinaris, bat um eine harte Strafe für seine immer noch ungesühnte Tat.
    Gerbert und Elana ließen den Kaiser allein in der stillen Basilika zurück und spazierten durch den Pinienhain.
    »Erstaunlich, wie Ihr Euch für alles interessiert«, sagte Gerbert. Seine schmalen Augen leuchteten freundlich, die Stimme klang noch sanfter als sonst. »Wisst Ihr auch, dass die meisten Namen eine Bedeutung haben?«
    »Zum Beispiel Euer eigener?«
    »Ja. Als Knabe wurde ich im Kloster in Aurillac von einem aus Fulda gekommenen Gelehrten unterrichtet. Er hat für mich einen uralten germanischen Namen ausgewählt. Gerbert bedeutet der helle, glänzende Stab.«
    »Der Bischofsstab …«, rief Elana erstaunt. »Euer Name hat Euch die Zukunft gewiesen.«
    Gerbert nickte. »Auch Ihr könntet keinen passenderen Namen tragen. Elana bedeutet die Starke, und starke Menschen sind Kämpfernaturen.«
    Die junge Sächsin sah zu Boden. Zusammenhanglose Gedanken brachten sie in Verlegenheit.
    »Ihr habt in Rom und im Frauenkloster von Pavia mit voller Kraft gekämpft«, sagte Gerbert ernst. »Es lauern aber weitere Gefahren. Denkt daran, wenn Alexius wieder zum Hof stößt. Euer Diener Gerold allein ist ihm vielleicht nicht mehr Schutz genug. Weist Eure Panzerritter an, ihm zu helfen.«
    »Welche

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