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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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Deshalb hatte ich vor dreieinhalb Jahren auf der Reichenau ein erstes Gespräch mit seinem Botschafter.«
    Natürlich! Dem Missus fiel es wie Schuppen von den Augen. Jener italienische Gesandte war nicht für den Herzog von Kärnten zur Reichenau gereist, sondern im Auftrag von dessen Sohn, Brun von Wormsgau! Alexius wagte die nächsten Worte kaum zu flüstern. »Aber Brun von Wormsgau war damals noch gar nicht Papst!«
    »Nein, das ist es ja.« Abbos Augen leuchteten, er sprach schneller. »Versteht Ihr denn nicht? Brun von Wormsgau musste im Interesse unserer Idee Papst werden.«
    Jetzt ist alles klar, ging es Alexius durch den Kopf. Odilo ist mit Ottos Großmutter, der Kaiserin Adelheid, eng befreundet. Der Abt von Cluny flüsterte den Namen des Papstkandidaten der kaiserlichen Großmutter ein und sie ihrem halbwüchsigen Enkel Otto. Aus diesem Grund bestand der damals erst fünfzehnjährige Herrscher unerschütterlich darauf, seinen Verwandten Brun zum Papst zu ernennen.
    »Ist Vater Odilo von Cluny in alle Eure Pläne eingeweiht?«
    »Natürlich. Ich spreche nie von meinen, sondern von unseren Absichten. Odilo, Papst Gregor und ich dienen der gleichen Idee.«
    »Eines begreife ich nicht«, wunderte sich Alexius. »Wie konntet Ihr wissen, dass Papst Gregors Vorgänger so bald sterben würde?«
    »Wissen konnten wir es nicht. Aber schaut Euch doch die Zahlen an. In unserem Jahrhundert haben bereits vier- oder fünfundzwanzig Päpste regiert. Die meisten wurden ermordet oder starben aus anderen Gründen schon nach wenigen Jahren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Moment für unseren frommen Brun reif war.«
    »Dann habt Ihr ihn ja schon, Euren Guten auf dem Papstthron. Weshalb also all die Geheimnisse?« Alexius konnte sich nicht beherrschen und schüttelte den Kopf.
    »Papst Gregor steht erst am Anfang«, erklärte Abbo. »Noch sitzen auf vielen Bischofsthronen böse Menschen, die weltliche Macht anstreben. Erst wenn sie alle durch fromme Klosterbrüder ersetzt worden sind, nähert sich die Friedenszeit.«
    »Euer Ziel mögt Ihr in westfränkischen Gebieten erreichen, aber sicher nicht im Reichsgebiet Kaiser Ottos.«
    »Da täuscht Ihr Euch aber gewaltig«, beteuerte der Abt von Fleury. »Gerade dort wird unsere Friedensherrschaft am vollkommensten sein.«
    »Wisst Ihr denn nicht, dass im Reich der Kaiser die Bischöfe ernennt? Er bestimmt sogar den Papst.« Alexius ereiferte sich, seine Stimme wurde lauter. »Wie könnt Ihr jemals damit rechnen, die Situation zu ändern, auch wenn Ihr noch so viele Zeichen setzt und die Masse der Gläubigen hinter Euch habt?«
    Abbo kniff die schweren Augenlider zusammen und sagte nichts.
    »Es wird niemals so weit kommen«, bekräftige Alexius die eigenen Worte. »Die meisten Hofkapellane Ottos sind Kanoniker aus Domschulen, nur drei waren vorher Mönche. Das muss Euch doch klar machen, dass der Kaiser den Klöstern gar nicht mehr Macht geben will als bisher. Im Gegenteil! Fast ausschließlich Hofkapellane aus Domschulen werden zu Bischöfen ernannt, denn Otto zieht es vor, mit diesen zu regieren. Sie sind seine besten Berater.«
    »Das war früher so, aber in diesem tausendsten Jahr nach Christi Geburt wird den Kaiser die Angst um sein Seelenheil immer stärker plagen. Ich weiß von Otto selbst, dass der Eremit Nilus ihn verflucht hat. Verzweifelt sucht der Herrscher nach einer Möglichkeit, seine Seele zu retten.« Abbo riss die Augen wieder auf, seine Pupillen funkelten dramatisch. »Odilo und ich haben ihn genau studiert. Der tief religiöse Herrscher wird unsere Idee begreifen. Wenn wir den Gottesstaat auf Erden bringen, beenden wir auch Ottos Qual.«
    Andere Ratgeber des Kaisers werden seine bisherige Bischofspolitik vorantreiben, dachte Alexius irritiert. Sie werden einen Strich durch Abbos Rechnung machen. Vor allem der Erzbischof von Ravenna. Gegen ihn werden die Äbte machtlos sein. Wenn Gerbert Otto die ganze Wahrheit sagt, wird der Kaiser sich hüten, den Wünschen der Äbte nachzugeben.
    »Ich weiß, was Ihr denkt«, sagte der Abt von Fleury leise. »Aber Ihr müsst schweigen. Das wird Euer Kreuz sein.«
    Trotzdem habe ich einen neuen Anhaltspunkt, tröstete Alexius sich. Wahrscheinlich hatten die Zeichen und die Unterredung auf der Reichenau nichts mit dem Tod seines Freundes Carolus zu tun. Aber jetzt würde er endlich den dritten Gesprächspartner befragen können. Vielleicht wusste der Botschafter Papst Gregors von einem ganz anderen Geheimnis auf der

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