Das Siegel der Macht
von Tusculum sagte mir, er wolle sein und Farfas Heer rüsten, um Papst Gregor zu Hilfe zu eilen.« Als Gerbert ihn sprachlos anstarrte, wiederholte Alexius. »Ja, Ihr habt richtig verstanden. Nicht ein Invasor oder Machthaber, sondern der sächsische Papst hat eine Botschaft mit dem mysteriösen Zeichen verfasst und Streitkräfte angefordert.«
Gerbert fühlte sich schwach und sank auf die Bank zurück. Das Blut war aus seinem Gesicht gewichen. Er griff sich mit beiden Händen an den Kopf und dachte angestrengt nach. Plötzlich sprang er auf. »Wo sind deine bewaffneten Leute, Alexius?«
»Die meisten auf dem Aventin, wo ich seit gestern logiere.«
»Gut, komm mit! Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Alexius hatte den Erzbischof noch nie so rasend galoppieren sehen. Er und Gerold vermochten kaum zu folgen. Vor dem Quartier auf dem Aventin rief Gerbert den Befehlshaber der Panzerreiter herbei. »Der Missus braucht sofort alle Männer.«
Während die Krieger sich sammelten, zog der Erzbischof Alexius in den Pinienhain. »Hast du verstanden, worum es geht?« Gerbert packte den Missus so energisch am Arm, dass es fast schmerzte. »Hinter Melchisedek steckt Papst Gregor! Wir waren die ganze Zeit auf der falschen Fährte. Nicht Odilo oder Abbo wollen Könige der Äbte werden, sondern der Apostolische Hirte selbst.«
Der Missus fiel Gerbert ins Wort: »In Fleury hat der Abt mir …« Erschrocken schwieg Alexius, erinnerte sich an seinen Abbo geleisteten Eid.
»Das spielt jetzt keine Rolle mehr, Alexius. Begreifst du nicht? Der Papst steckt hinter dem Zeichen. Gregor, der Priester-König des tausendsten Jahres nach Christi Geburt!«
Alexius verstand immer noch nichts. »Gregor ist doch schon Papst …«, setzte er an, kam aber nicht weiter. Die Panzerreiter standen bereit. Gerbert und Alexius bestiegen ihre Pferde und ritten an der Spitze des Zuges zum Lateranpalast. Ohne sich um die Wachen zu kümmern, passierten sie das Haupttor und durchschritten den großen Audienzsaal. Er war leer. Auch im Scriptorium und im Speisezimmer war niemand.
»Wo ist der Heilige Vater?«, fragte Gerbert einen erschrockenen Diener. »Wir haben dringende Nachrichten für ihn.«
Der Gefragte zeigte auf die Treppe, die zum Sancta Sanctorum führte. Gerbert und Alexius postierten das bewaffnete Gefolge im unteren Stock und stiegen allein die heilige Treppe zur Papstkapelle empor.
Papst Gregor lag vor der verblassten Ikone auf dem Boden. Versunken ins Gebet. Herr, es ist anders gekommen, flehte er ohne Worte. Herr, weise mir den Weg.
Unsanft ergriff der kräftige Erzbischof Gregors Arm und zog ihn in die Höhe. Der Papst sprang auf, schaute sich unruhig um. Im unteren Stock vor der Treppe sah er Bewaffnete hin- und hergehen.
»Melchisedek.« Gerbert betonte jede Silbe einzeln, seine sonst sanfte Stimme klang schneidend. »Der Priester-König aus dem Hebräerbrief. Endlich habe ich Euer mysteriöses Zeichen verstanden.«
Der Papst zuckte zusammen. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Mit dem Zeichen für Melchisedek habt Ihr Eure geheimen Briefe versiegelt, Klöster markiert, Wanderpriester als Aufrührer unter das Volk geschickt.« Gerbert wurde lauter, seine schmalen Augen weiteten sich dramatisch. Anklagend zeigte er auf den erschrockenen Gregor. »Ihr selbst wollt Melchisedek sein! Papst und Kaiser in einer Person. Wer hat Euch diese Wahnsinnsidee eingeredet?«
Lauernd starrte Gregor auf den Gelehrten. Kein Wort kam über seine Lippen.
»Genügt es Euch nicht, Papst zu sein?«, fuhr Gerbert fort. »Wollt Ihr gleichzeitig auf dem Papst- und dem Kaiserthron sitzen?«
»Ich habe nur den Frieden gewollt«, flüsterte Gregor.
»Frieden nennt Ihr das? Die absolute Macht für Euch selbst habt Ihr angestrebt. Ein ganzes Heer von Äbten, Mönchen und Priestern musste bei der Verwirklichung Eurer ehrgeizigen Pläne helfen. Wenn es Euch gelungen wäre, Papst-Kaiser zu werden …«
»… dann hätte ich den Menschen endlich Frieden gebracht«, fiel Gregor dem Gelehrten ins Wort. »Versteht Ihr nicht, Gerbert? Solange Papsttum und kaiserliche Gewalt getrennt sind, gibt es keine Harmonie. Nur wenn eine einzige Person die Herrschaft ausübt, kann ein dauerhaftes Friedensreich auf Erden entstehen.«
Gerbert ging nicht auf Gregors Worte ein. »Das Streben nach unheilvoller Macht ist nicht Eure einzige Schuld.«
Gespannt hing Alexius an den Lippen des Erzbischofs. Als Gerbert weitersprach, hielt der Missus den Atem an.
»Ja, Heiliger
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