Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
Vom Netzwerk:
Kräutergarten. »Darf ich Euch eine Frage stellen?«, begann er vorsichtig und überlegte fieberhaft. Wie sehr kann ich mich Gerberts Studienfreund anvertrauen?
    »Nur zu, mein junger Freund. Was habt Ihr auf dem Herzen?«, erwiderte Benedikt freundlich.
    »Seid Ihr tief in der … in der Tradition von Cluny verwurzelt?«
    »Reformierte Klöster funktionieren in der Regel besser als andere.« Der Mönch zuckte mit den Achseln. »Heraus mit der Sprache! Was wollt Ihr wirklich von mir erfahren?«
    »Seid Ihr auch Priester?«
    »Ja, ich bin geweiht.«
    »Dann bitte ich Euch, für kurze Zeit mein Beichtvater zu sein! Gebt mir Antwort, ohne meine Worte irgendjemandem zu verraten.«
    »Welche Geheimnistuerei! Gut, ich werde vor keiner Menschenseele unser Gespräch erwähnen.«
    »Wart Ihr im Herbst des Jahres 995 auf der Reichenau und in Peterlingen?«
    »Nicht auf der Reichenau, aber in Peterlingen. Die dortige Bibliothek ist schlecht bestückt. Ich war dort, um einige Bücher als Geschenk Abt Hugos abzuliefern.«
    Alexius fühlte Enttäuschung. Wieder in einer Sackgasse angelangt! Weder Paulus aus Pavia noch Benedikt von Farfa hatten vor ihrem Aufenthalt in Peterlingen die Reichenau besucht. Gab es folglich damals in Peterlingen noch eine dritte italienische Besuchergruppe, jene, die vorher auf der Reichenau war? Oder gelangte die Alexius so wichtige italienische Delegation nach dem Gespräch mit Abt Witigowo und Abbo von Fleury doch nicht nach Peterlingen? Trat sie auf einem anderen Weg von der Reichenau aus die Reise in den Süden an?
    Ohne viel Hoffnung fragte Alexius weiter: »Weilten damals auch andere Fremde in Peterlingen?«
    »Ich kann mich gut erinnern, dass weitere Gäste dort waren.« Benedikt zog seine Kukulle enger über die Schultern und versteckte die Hände in den Falten des schwarzen Stoffs. Er glaubte das Gespräch beendet und steuerte auf die Pforte zu.
    Alexius hielt ihn zurück. »Ja, aber nur Ihr und Bruder Paulus von Sankt Peter in Pavia seid aus Italien gekommen. Die restlichen Besucher gehörten zum Gefolge eines Grafen aus Niederburgund und zum Hof eines deutschen Herrn. Mich interessieren aus einem persönlichen Grund nur Gäste mit italienischen Gefolgsmännern.«
    Benedikt erwiderte nichts. Angestrengt dachte er nach. Plötzlich rief er aus: »Wie hieß er doch, der Gesandte aus dem deutschen Reich? Er hatte ein so prächtiges Gefolge bei sich, dass ich es nie vergessen werde.«
    »Keine Ahnung.« Alexius bemühte sich nicht, seine Ungeduld zu verbergen. »Es ist mir auch gleichgültig. Ich suche nicht nach deutschen Rittern.«
    »Die Italiener gehörten aber zum Gefolge des deutschen Herrenhauses!«
    »Welches Herrenhaus?«, flüsterte Alexius.
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ein Herzog, Graf oder Markgraf, was weiß ich. Der Herr selbst war nicht dabei, nur sein Botschafter. Erkundigt Euch nochmals in Peterlingen. Dort werdet Ihr seinen Namen erfahren.«

21
    Rom erzitterte unter den Hufschlägen des kaiserlichen Heeres. Noch war das Fußvolk in der Ferne, einzelne Panzerreiter aber konnten von den Türmen der Porta San Peregrini aus gesichtet werden. Die ersten Stimmen flüsterten, das Echo schwoll an, Schreie hallten durch die Gassen und Marmortrümmer. Die Stadt stand plötzlich still. Alle drängten heim, verkrochen sich in den eigenen Behausungen und warteten. Niemand wollte sich für oder gegen den Kaiser oder Crescentius Nomentanus erklären. Macht war die Sache der Großen.
    Lucilla benutzte die Panik vor der Stille, um unbemerkt von ihrer Hütte bei der Porta Appia zur leoninischen Vorstadt zu gelangen. Mühelos brachte ihr Esel die erste Strecke bis zum Pantheon hinter sich. Den Marktplatz sah sie zu spät und konnte ihn nicht mehr umfahren. Männer und Frauen gestikulierten wild durcheinander. Eilig räumten einige Händler ihre Verkaufstische und luden die Waren auf Packesel. Ein Knabe nutzte den Augenblick und ließ ein Stück Käse unter dem Hemd verschwinden. Der Krämer rannte ihm nach, packte den Dieb an den Ohren, schob ihn schimpfend vor sich her. Fast hätte er den Burschen unter die Räder von Lucillas Karren gestoßen.
    Als die Engelsburg in Sicht kam, blieb das Fahrzeug stecken. Solange die Tore der befestigten Brücke noch offen standen, drängten verängstige Menschen auf der Flucht vor dem kaiserlichen Heer über den Tiber. Nur weg von der leoninischen Vorstadt, wo die Kämpfe am heftigsten wüten würden! Sie liefen in Lucillas Richtung, wuchteten blind

Weitere Kostenlose Bücher