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Das Siegel der Tage

Das Siegel der Tage

Titel: Das Siegel der Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Genauigkeit und Finesse entgegen. In der Mittagspause ißt er Peperoniwürstchen, die einem Rhinozeros Löcher in die Darmwand ätzen könnten und im Haus eine Knoblauchduftspur hinterlassen, und Lori pickt Rohkostsalat mit Tofu. Er kommt mit schlammverschmierten Bergarbeiterstiefeln in die Kanzlei, weil er mit dem Hund draußen war, und sie wischt freundlich die Treppe, damit seine Mandanten nicht auf den Erdklumpen ausrutschen und sich den Hals brechen. Willie häuft auf seinem Schreibtisch Papier an, von juristischen Unterlagen bis hin zu gebrauchten Einwegservietten, und von Zeit zu Zeit geht Lori die Stapel durch und wirft fast alles weg; er merkt es gar nicht, oder vielleicht merkt er es doch, zuckt aber nicht mit der Wimper. Beide teilen die Leidenschaft fürs Fotografieren und Reisen. Sie besprechen alles und freuen sich aneinander, ohne je rührselig zu sein: sie immer effizient und gelassen, er immer in Eile und brummig. Sie bringt seinen Computer in Ordnung, pflegt seine Internetseite und kocht ihm Fleischbällchen nach dem Rezept ihrer Großmutter; er teilt mit ihr, was er in Großmarktportionen kauft, ob Toilettenpapier oder Papayas, und liebt sie mehr als alle anderen in der Familie, außer mich … vielleicht.
    Willie nimmt Lori natürlich manchmal auf den Arm, läßt sich aber auch ihre Scherze gefallen. Einmal stellte sie mit viel Sorgfalt einen Aufkleber her, den sie auf der hinteren Stoßstange seines Wagen anbrachte: SEHE AUS WIEEIN KERL, TRAGE ABER DAMENSLIP. Willie fuhr zwei Wochen damit herum, ohne zu begreifen, warum so viele Männer in anderen Autos ihm Zeichen machten. Weiter kein Wunder, leben wir doch in der Gegend mit der angeblich höchsten Schwulendichte der Welt. Willie hätte um ein Haar der Schlag getroffen, als er den Aufkleber bemerkte.
    Ab und an geht im Bordell von selbst und aus unerfindlichen Gründen die Alarmanlage los, was zumeist ärgerliche Folgen hat, etwa das eine Mal, als Willie eben rechtzeitig kam, um den ohrenbetäubenden Lärm zu hören, und rasch durch die Küche im Souterrain hineinging, um die Anlage auszuschalten. Es war nachmittags, Winter und schon fast dunkel. Im nächsten Moment kam ein Polizist, der sich mit Fußtritten Zugang durch die Vordertür verschafft hatte, die Treppe hinunter – Sonnenbrille auf der Nase, in einer Hand sein Schießeisen – und brüllte Willie an, die Hände hochzunehmen. »Nur die Ruhe, Mann, ich bin der Besitzer«, versuchte der zu erklären, aber der andere herrschte ihn an, er solle den Mund halten. Er war jung und unerfahren, schrie sichtlich nervös weiter herum und forderte über Funk Verstärkung an, während der weißhaarige Hausherr, das Gesicht gegen die Wand gedrückt, vor Zorn kochte. Alles löste sich in Wohlgefallen auf, als weitere, bis an die Zähne bewaffnete Einsatzkräfte anrückten, die Willie, nachdem sie ihn nach Waffen abgesucht hatten, endlich ausreden ließen. Der Vorfall löste bei Willie eine schier endlose Litanei von Verwünschungen, bei Lori dagegen wahre Anfälle von Heiterkeit aus, obwohl sie bestimmt weniger gelacht hätte, wäre sie das Opfer gewesen. Eine Woche später, wir waren alle im Büro, schauten ein paar von Loris Freunden vorbei, mit denen auch Willie und ich gut befreundet sind. Ich wunderte mich ein bißchen, hatte aber gerade einen griechischen Journalisten am Telefon und nickte ihnen nur durch die offene Tür zu. Als ich das Gespräch eben beendet hatte, trat ein Polizist ins Haus, groß, jung, blond und sehrgutaussehend, mit Sonnenbrille auf der Nase und Pistole am Gürtel, und fragte nach Mr. Gordon. Lori rief nach Willie, der die Treppe aus dem Obergeschoß herunterpolterte und diesem Uniformierten schon die Meinung geigen wollte, von wegen, wenn sie ihn nicht in Ruhe ließen, würde er das Police Department verklagen. Unsere Freunde beobachteten die Vorstellung von der Treppe aus.
    Der hübsche Polizist wedelte mit einem Packen Papier und forderte Willie auf, Platz zu nehmen, um einige Formulare auszufüllen. Widerstrebend setzte Willie sich hin. Da erklang arabische Musik, der Uniformierte schwang wie eine übergroße Odaliske die Hüften, entledigte sich erst der Mütze, dann der Stiefel, gleich darauf der Pistole, der Jacke und der Hose, das alles unter Willies entsetzten Blicken, der rot wie eine abgekochte Krabbe zurückwich, weil er glaubte, einen entlaufenen Irren vor sich zu haben. Durch das Gelächter des auf der Treppe versammelten Publikums ging ihm endlich ein Licht

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