Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
Hände vor sich und sah auf. Zu sehr war sie in
Gedanken versunken, dass sie erst jetzt bemerkt hatte, dass sie mitten im
Geschehen stand und sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, dass sie
durch die Tür hinter sich gekommen war. Ihre Unsicherheit konnte man ihr
sicherlich von den Augen ablesen, das Unbehagen wahrnehmen, das eine junge
Halbgöttin aussendete, die nicht an diesem Ort sein sollte.
Serena
stand eng bei Athene, die sich mit Hermes unterhielt, und sah sich dann zögernd
im Saal um. Noch nie war sie hier gewesen, in all der Zeit, die sie bereits am
Olymp verbracht hatte.
Der
Raum war fast so riesig wie der Festsaal neben an, zeichnete sich aber vor
allem durch die großen geschwungenen Marmorsäulen aus, die sich teilweise mitten
im Raum aus dem Boden emporhoben und so das weitläufige Bild trogen.
Auf
einer großen freien Fläche, direkt unter einer großen goldenen Glaskuppel, über
der der Vollmond stand, streckte sich ein breiter weißer Marmortisch durch den
Raum, an dem mehr als ein Dutzend Stühle standen.
Frische
Trauben, Wein und ein Tonkrug, in dem Serena eindeutig den süßen Geruch von
Nektar vernahm. Alles großzügig über den Tisch verteilt, sodass es den Göttern
bei dieser wichtigen Sitzung an nichts fehlen würde.
Nach
und nach löste die Halbgöttin sich von ihrer Schwester, verließ den Schutz der
Göttin und sah sich genauer um, blickte zu all den Göttern, die sich hier
versammelt hatten und sah sich das gewaltige Deckenbild an, das all die olympischen
Gottheiten darstellte. Glücklich und zufrieden wirkten sie darauf. Niemals
könnte man auch nur erahnen, dass ein solcher Konkurrenzkampf unter den mächtigen
Geschwistern herrschte.
„Du bist auch hier?!“, hörte Serena
plötzlich eine ihr sehr bekannte Stimme hinter sich und wandte sich schleunigst
um.
Als
hätte sie es nicht schon geahnt, stand der Gott der Meere vor ihr. Ein
schlichtes blaues Gewand mit Umhang zierte seinen muskulösen Körper, wie
üblich. Von Athene hatte sie gehört, dass Poseidon nur blaue Kleidung trug,
sein Markenzeichen, die Farbe der Meere und seines Palastes, wahrscheinlich
auch eine Provokation an Zeus, der, als er bemerkte, wie sein Bruder die junge
Halbgöttin umgarnte, sichtlich nervös wurde.
Serena
war allerdings nicht auf die Hilfe ihres Vaters oder ihrer Schwester
angewiesen, nicht jetzt. Poseidon mochte einer der höchsten Götter sein, doch
er sollte wissen, dass sie all die Jahre in Athen zu einer starken
Persönlichkeit gemacht hatten und das sie ihre Hand nicht an einen anderen Gott
verschenken wollte. Aus diesem Grund trat sie ihm mit einem gesunden
Selbstbewusstsein entgegen, das sie sich vor einigen Wochen sicherlich noch
nicht zugetraut hätte.
Sie
begrüßte ihn höflich und versuchte sich dabei an die Anweisungen zu erinnern,
die Athene ihr vor einigen Tagen gegeben hatte, um ihr das richtige Verhalten
einer olympischen Göttin einzuprägen, doch es fiel ihr nicht leicht. Die Wende
von einer gewöhnlichen Bediensteten zu einer olympischen Göttin war genauso
ungewohnt wie surreal.
Sie
verbeugte sich kurz, denn selbst als olympische Göttin, war sie dennoch einem
der drei großen Götter untergeordnet und zeigte somit ihren Respekt, doch als
sie sich wieder erhob und in sein starres Gesicht sah, wich sie seinen musternden
Blicken sofort aus.
Sie hasste es so sehr.
„Ihr
habt euch wirklich gemacht. Ein wunderschöner Schwan, ohne Zweifel“, flüsterte
er perplex und umkreiste sie wie ein Wolf seine Beute. Serena schmeichelte es
sehr, dass ein hoher Gott wie Poseidon sie schön nannte, doch all seine
bezaubernden Worte würden angesichts seines Vorhabens gegen eine eiserne Mauer prallen
und ihr Herz niemals erweichen. Sie wollte ihm keinesfalls das Gefühl geben, dass
seine Worte bei ihr etwas anderes als Dessinteresse bewirken könnten und wandte
sich aus diesem Grund wieder von ihm ab.
Athene
unterhielt sich mit einem Mann in einer silbernen Rüstung mit einem roten
Umhang. Auf seinem Brustpanzer prunkte das Wappen von Athen und Serena dachte
für einen Augenblick, es sei ihr verhasster Erzfeind, doch als der Mann seinen
Kopf kurz zur Seite drehte, erkannte sie, dass er viel älter war als Arkios.
Athene
holte oft Hauptmänner und Mitglieder des Athener Königshauses an den Olymp, um
über die neusten Ereignisse in der Polis benachrichtigt zu werden, wenn sie
nicht selbst zu den Sterblichen reiste, was sie auf Grund der Gefahr, enttarnt
zu werden, eher selten
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