Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
verstummte immer mehr in ihren
Gedanken, die sie von außen abschirmten und sie in einen tranceartigen Zustand
versetzten. Nur hin und wieder lächelte sie den Umstehenden zu und nickte, um
den Eindruck zu erwecken, sie sei mit vollem Bewusstsein da, doch längst war
sie wieder bei den vergangenen Ereignissen, die sie noch immer unruhig stimmten.
Ihre Alpträume schienen immer schlimmer zu werden und raubten ihr die
nächtliche Ruhe. Sie fürchtete sich sogar mittlerweile, sich nachts nieder zu betten,
weil sie wusste, dass ihre Vergangenheit sie nicht loslassen würde, doch auch
vor dem Moment, in dem sie in ihrem leeren Gemach aufwachen und realisieren
würde, dass alles nur ein Traum war. Selbst dann, wenn sie sich den starren
toten Augen ihrer Eltern entreißen und die krächzende Stimme aus ihrem Kopf
verdrängen konnte, fürchtete sie sich, da sie dennoch ahnte, dass sie nicht alleine
war. Wie ein schwarzer Schatten erschien die seltsame Gestalt am Fenster wenn
sie aufwachte und verschwand, noch ehe sie das Licht entfachen konnte. Den
Verdacht, dass es sich bei dem mysteriösen Eindringling um Thanatos handeln könnte,
der sie aufsuchte, hatte sie längst wieder verdrängt. Sein kaltes Wesen hätte
sie oder die anderen Götter spüren müssen, doch nichts. Blieb noch immer die
Vermutung, dass vielleicht doch der Sonnengott oder gar Poseidon dahinter steckten.
„…
Seht sie euch doch an! Sie ist eine Augenweide für jeden Vater. Ein Abbild der
perfekten Schönheit. Ihr leuchtendes Haar und ihre samtweiche makellose Haut,
ganz klar ein Geschenk des Himmels!“, durchbrach Zeus‘ polternde Stimme ihre
Gedankengänge und riss sie in die Realität zurück. Er schwärmte geradezu von
ihr und bekam dabei nicht einmal mit, dass Serena versuchte, sich peinlich
berührt abzuwenden, doch er ließ ihr keinen Ausweg und so schaute sie beschämt
zu Boden. Ohne Zweifel, Zeus hatte bereits mehr als einen über den Durst getrunken.
„Vergiss
nicht von ihren Augen zu erzählen, die strahlen, als könnten sie selbst
die Welt erhellen und meine Wenigkeit überflüssig werden lassen!“, zerriss eine
helle Stimme das Gelächter der Umstehenden. Eine ihr sehr bekannte Stimme, wie
Serena meinte.
„Helios,
da bist du ja endlich. Ich dachte schon, du würdest uns heute nicht mehr
beehren!“, schrie Zeus mit fuchtelnden Armen und stürmte auf den Sonnengott zu,
der sich unbemerkt seinen Weg zwischen der Göttermasse hindurch gebahnt hatte.
Während der vergleichsweise junge Gott von Zeus in den Schwitzkasten genommen
wurde und er realisierte, dass der Herrscher angetrunken war, war es Serena,
die ihn aufs Genauste musterte.
Er
trug ein weißes Gewand mit rotem Umhang, dessen Schnüre vorne an der
stattlichen Brust durch ein Sonnenemblem versiegelt wurden. Sie wusste nicht
warum, doch ihr fiel gleich auf, dass er, anders als die anderen Götter, kein
protziges Geschenk mit sich trug. Vielleicht wusste er nicht einmal, dass sie
heute Geburtstag hatte, doch wen kümmerte dies.
Alle
zogen an ihr vorbei und wanden sich Helios und Zeus zu. Wieso sollten sie sich
auch mit ihr beschäftigen? Sie war neu. Keiner kannte sie wirklich und einige
hatten noch immer das Bild der durchgeknallten Bediensteten im Festsaal vor
Augen.
Sie
starrte Helios an, der ihr ein kurzes Lächeln schenkte und dann von Zeus wieder
eingenommen wurde. Es war ungewohnt. Es war eigentlich sogar das erste Mal, dass
sie ihn wirklich ungezwungen lächeln sah. Auch in seiner Gegenwart zu sein,
bereitete ihr ein seltsames Gefühl im Bauch, was sie als Unbehagen definierte.
Ein
warmes Kribbeln auf ihrer Schulter ließ sie zur Seite schauen. Es war die braungebrannte
Hand ihres Onkels Poseidon, der sich zu ihr gesellt hatte und ebenso wie sie es
zuvor tat, die Götter vor sich beobachtete.
Im
Laufe der letzten Monate auf dem Olymp hatte sich ihre Hautfarbe verändert und
sie wirkte nicht mehr so bleich und kränklich wie zuvor. Zwar hob sie sich noch
immer von den übrigen Göttern ab, nicht zu Letzt wegen ihres oftmals sehr
eigenwilligen Verhaltens, doch sie glich Äußerlich immer mehr dem olympischen
Adel.
„Mein
jüngerer Bruder scheint dich sehr ins Herz geschlossen zu haben. Er schwärmt geradezu
von dir. Er hat sich in den letzten Monaten sehr verändert. Seine
Stimmungsschwankungen waren schlimmer als die meiner Gattin, als sie unseren
Sohn bekam. Auch du dürftest die Auswirkungen in Athen bemerkt haben …“
Nachdenklich legte der Gott der Meere
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