Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
seinen Kopf zur Seite und verschränkte
seine Arme.
Serena
wandte sich wieder schweigend von ihm ab und musterte ihren Vater, der die
Umstehenden mit seinen Geschichten verzauberte. Jetzt, da ihr Onkel es erwähnt
hatte, überkamen sie wieder die vergangenen Ereignisse.
„Die
plötzlichen Gewitter … Sie haben verheerende Schäden hinterlassen …“, erwiderte
sie leise und verschränkte nun ebenfalls nachdenklich ihre Arme. Sie wusste,
dass der Ursprung der tobenden Stürme nicht gewöhnlicher Natur war, doch
Poseidon schien ihr nun weismachen zu wollen, Zeus habe seine Emotionen wegen ihr
nicht unter Kontrolle gehabt. Die Bewohner der Polis mussten also nur wegen ihr
so viel Leid ertragen.
„Er
hat dich gesucht. Er hat Jahre damit verbracht dich zu finden und dennoch war
er als Herrscher des Olymps nicht in der Lage, eine einfache Halbgöttin
aufzuspüren …“
Serena
blieb der Sarkasmus in seinen Worten nicht verborgen. Vor einigen Wochen hätte
sie ihm sicherlich noch eine scharfe Antwort gegeben, die eine
Auseinandersetzung heraufbeschworen hätte, doch es hatte sich so viel verändert
- Sie hatte sich verändert.
Gekonnt
ignorierte Serena ihn und widmete ihre Aufmerksamkeit dem wilden Getümmel vor sich.
Athene
und Hermes wohnten der Unterhaltung bei und lachten lautstark mit Zeus und
Helios.
Konnte
er wirklich der schwarze Schatten sein?
Die
junge Halbgöttin begann an sich selbst zu zweifeln. Sie konnte nicht mehr
deuten, was richtig und was falsch war. Ihre Menschenkenntnis schien sie
verloren zu haben oder wirkte diese bei Göttern vielleicht auch nicht? All das,
was sie in Athen ausgezeichnet hatte: Geschick, Schnelligkeit und Mut, schien
sie mit jedem Tag, den sie auf dem Olymp verbrachte, immer mehr zu verlieren.
Abrupt
hielt sie inne. Für einen Moment dachte sie wieder, sie hätte sich verhört.
Den
Kopf zu Boden gerichtet, sah sie aus dem Seitenwinkel nach hinten. Poseidon
hatte sich von ihr abgewandt und unterhielt sich verdächtig umherschauend mit
ihrer unliebsamen Stiefmutter, die sie seit dem Morgen auch nicht mehr zu
Gesicht bekommen hatte. Die beiden wollten nicht, dass jemand etwas mitbekam,
das wurde Serena sofort klar und schnell wurde ihre Neugierde geweckt.
Konzentriert
versuchte sie die einzelnen Wortfetzen der Götter zusammenzufügen, doch
gelingen wollte es ihr nicht. Es machte sie wütend, denn offensichtlich gab es
ein Geheimnis, von dem sie wirklich nichts wissen sollte und von dem man sie
fern halten wollte, obwohl es sicherlich um sie ging. Vielleicht versuchte
Poseidon nun Hera zu überreden, ihre uneheliche Stieftochter ihm anzuvertrauen.
Diese Chance würde sie sich sicherlich nicht entgehen lassen, doch dann vernahm
Serena die Worte, die sie bereits seit einigen Tagen nicht mehr gehört hatte,
erneut.
„…
Siegel darf nicht zerstört werden …“, zischte Hera den Gott der Meere gereizt
an, verstummte jedoch gleich wieder, als sie merkte, dass sie lauter geworden
war.
Serenas
Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Das Siegel des Olymps sollte nicht gebrochen
werden. Sie hatte diese Worte auch in Gesprächen zwischen Zeus, Athene und
Helios vernommen. Nicht bewusst, doch tief in ihrem Unterbewusstsein hatten sie
sich verankert, als würden sie darauf warten, dass Serena ihnen auf den Grund
ginge. Da Helios in dieses Geheimnis eingeweiht war, konnte sie davon ausgehen,
dass auch weitere Götter außerhalb der olympischen Stätte von diesem geheimnisvollen
Siegel Bescheid wussten, doch was war das Siegel und warum wollten die Götter
dieses Geheimnis um jeden Preis schützen? Stand es möglicherweise davor
gebrochen zu werden?
Es
war nicht so, dass Serena nicht versucht hätte herauszufinden, worum es sich
bei diesem Geheimnis handelte. Sie hatte sich in Zeus’ Arbeitszimmer und sogar
in die große Bibliothek des Olymps geschlichen, in der jedes einzelne Dokument
archiviert wurde, das jemals von einem Gott oder einem Sterblichen verfasst
wurde. In einigen uralten Schriften wurde das Siegel auch beiläufig kurz
erwähnt, doch einen entscheidenden Artikel darüber fand sie in keinem einzigen
Buch, denn sämtliche Seiten, auf denen etwas über ein Siegel aufgeführt wurde,
hatte man mutwillig herausgerissen. Einige Bücher wiesen noch immer Seitenreste
auf.
Serenas
Misstrauen wurde damit umso mehr geweckt. Die Götter versuchten etwas zu
verheimlichen, doch ihr stellte sich die Frage: Wieso?
Nachdenklich
sah sie in die Gesichter der ausgelassen feiernden
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