Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
abrupt ihre Hand zurück.
In
ihren Augen spiegelte sich das bläuliche Glitzern wieder. Das gleiche Glitzern,
das alle sahen, kurz bevor sie völlig die Kontrolle über sich verlor, jemanden
überfiel und zu Boden stieß ...
Sie
spürte die Furcht in ihr hochkriechen, wie sie ihren Körper lähmte und sie
bewegungsunfähig machte. Und als sie nur für einen Moment die Augen schloss und
sich in der endlosweiten Dunkelheit wiederfand, ließ sie das beklemmende
Gefühl, dem sie nicht mehr standhalten konnte, zu und wurde von der eisigen
Kälte übermannt.
Als
sie ihre Augen wieder öffnete, blickte sie in die ihres Gegenübers. Ihr
Spiegelbild, wie sie trotz des blassen Lichtes schnell erkannte. Ihre Haut
erschien kreidebleich, ihre Arme knochig und ihre Augen erstrahlten in einem
saphirfarbenen Blau. Wie ein tobendes Feuer wütete es in ihnen, doch schnell
merkte die junge Halbgöttin, dass sie zwar ihr Ebenbild vor sich hatte, dass es
dennoch nicht ihr Spiegelbild war. Es war sie selbst, ein anderes Ich. In ihren
offenhaltenden Händen hielt sie die blaue Flamme, die ihr ein laszives aber
dennoch unheimliches Lächeln auf die Lippen zauberte. Nur für den Moment eines
Wimpernschlages, denn dann schlug sie ihre Hände zusammen, das Feuer erlosch
und das unheimliche Gesicht ihres anderen Ichs wurde von der Dunkelheit
verschlungen und verschwand schließlich darin.
Sie
riss ihre Augen auf und erwachte somit aus diesem seltsamen Traum. Und obwohl
sie wusste, dass sie sich längst aus den Fängen des Traumgottes befreit hatte,
fühlte sie sich noch immer, als wäre sie mittendrin, denn sie war es auch.
Wie
versteinert lag sie auf dem Bett und starrte zur Decke hinauf, während der Mond
an ihrem Fenster vorbeizog und sein silberblaues Licht an ihre Decke warf.
Langsam
kam die Gewissheit in ihr auf, dass sie zwar nicht mehr in Hypnos‘ Fängen war,
dass sie jedoch noch immer in diesem Traum festsaß und nicht mehr hinaus finden
würde, dass er zu ihrer Realität geworden war und schließlich verfasste sie
diese Gewissheit auch in Worte, die kaum hörbar über ihre Lippen kamen, ehe sie
in der Geräuschkulisse der Nacht untergingen.
„… Das Siegel ist in mir…“
Die geheimnisvolle Sonnenkugel
Unruhig
lief er auf und ab. Den ganzen Tag hatte er nichts anderes getan als völlig geistesabwesend
von einer Ecke des Zimmers zur anderen zu laufen. Er sagte nichts, weder zu
Serena, die zusammengekauert auf einem Stuhl saß, als würde sie sich für etwas
schämen, noch zu seiner Schwester, die am Fenster stand und in die Ferne
blickte. Die unheimliche Stille machte die Halbgöttin wahnsinnig, doch sie
befürchtete, dass nur ein Wort mehr aus ihrem Mund die Götter durchdrehen
ließe.
Die
ganze Nacht hatte sie wachgelegen und sich gefragt: „Warum ich?“
Eine
Antwort hatte sie selbstverständlich nicht gefunden. Und als hatte sie gehofft,
ein Wesen, das weitaus mächtiger war als sie selbst, könne ihr erklären, warum
es sie getroffen hatte und was sie tun konnte, richtete sie sich an die Götter,
doch zum ersten Mal glaubte Serena, dass selbst Helios an seine Grenzen geraten
war und nicht mehr weiter wusste.
Sie
hatte sich aus ihrem Zimmer geschlichen und seine Gemächer aufgesucht, noch ehe
die Sonne aufging. Völlig verwirrt über ihren Besuch, zog er sie mit sich in
den Sitzungssaal und sie berichtete ihm über ihren seltsamen Traum. Ruhig hörte
er ihr zu. Von Zeit zu Zeit hatte sie seine Gedanken von seinen Augen ablesen
können – Er glaubte ihr nicht, er wollte es nicht. Wie sollte er auch … Er
hatte nicht gespürt, was sie gespürt hatte und hatte nicht gesehen, was sie
gesehen hatte, doch wenn er ihr nicht glauben würde, wer dann?
„Dann
würde das alles zusammenpassen, dann würde es Sinn ergeben …“, flüsterte er
leise und blieb abrupt stehen. Seine Blicke auf Serena hinab gerichtet,
verschränkte er gedankenversunken seine Arme vor seiner Brust und geriet aus
seinem tranceartigen Marsch.
„Dann
würde das alles einen Sinn ergeben, natürlich!“, zischte Helios, als wäre er
wütend darüber, dass ihm die Erleuchtung erst jetzt kam. Bei Eos und Serena
schien diese jedoch noch auszubleiben. Verwirrt und verzweifelt zugleich sahen
sie zu ihm auf und hofften auf eine Erklärung.
„Was
meinst du damit Bruder?“, fragte die Göttin der Morgenröte auffordernd, als sie
zu ihnen herüber kam.
„Ich
habe mich immer gewundert, wie eine einfache Halbgöttin eine
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